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Mechanische Schnittgeräte , 09.02.2013

IST THERMISCHE REBHOLZ­VERWERTUNG WIRTSCHAFTLICH?

Rebholzhackschnitzel und Kostenkalkulation, Teil 2
Als Ersatz für fossile Energieträger könnte Wärmeerzeugung auf Basis nachwachsender Rohstoffe dienen. Im Weinbau bietet sich Brennstoff aus Eigenproduktion – das Rebholz – zum Heizen an. Zahlt sich die Nutzung dieser energetischen Ressource aus?
 
Wirtschaftlich gesehen sowie hinsichtlich der Klimabelastung erweist sich Heizwärme aus fossilen Energieträgern zusehens als nicht mehr zukunftsfähig. Die Entscheidung, Brennstoff zu kaufen oder aber Brennstoff selbst zu erzeugen bzw. anfallendes Rebholz aufzubereiten, hängt im Wesentlichen von den Brennstoffpreisen und den Anlagekosten ab.
 

Kosten der Rebholzbergung

Eine Kostenkalkulation für das Häckseln und Bergen von Rebholz zeigt Tab. 1. Unterstellt man für die Anschaffung eines Hackschnitzelhäckslers einen Preis von 15.000 € und einen Zinssatz von 4% sowie jährliche Unterbringungskosten von 75 €, so belaufen sich die jährlichen Festkosten bei einer Abschreibung über 10 Jahre auf 1.875 €. Bei einer jährlichen Flächenleistung von 15 ha errechnen sich jährliche Festkosten von 125 €/ha; bei 30 ha rund 63 €/ha.

Weiters sind feste Kosten für die Anschaffung einer Ladeschaufel oder eines Gebläses zu berücksichtigen, da das Häckselgut in ein Silo verfrachtet werden muss.

Bei den variablen Kosten sind nur die Mehrkosten gegenüber dem Rebholzhäckseln mit Schlegelmulchern zu berücksichtigen. Es fallen Mehrkosten durch die etwas geringere Fahrgeschwindigkeit (ca. 4 km/h), das Aufladen, den Transport und das Abladen des Häckselgutes sowie den etwas höheren Kraftstoffverbrauch sowie Reparatur- und Wartungskosten an. Ausreichender Lagerraum wird vorausgesetzt.
 

Arbeitskosten 

Weiters müssen Arbeitskosten und variable Schlepperkosten für die Befüllung des Silos berücksichtigt werden. Auch die Entleerung und Ent­sorgung der Asche erfordert einen gewissen Zeitaufwand. Im Winter muss der Aschekasten alle 3 bis 4 Tage geleert werden. Empfehlenswert ist, die Asche auf einem Kompoststreuer zu entleeren (sofern vorhanden), um sie wieder zurück in den Weinberg zu bringen.

Pro Hektar werden für das Häckseln und Aufladen der Holzhäcksel 1,5 Akh veranschlagt, dies sind etwa 0,5 Akh mehr als beim Rebholzhäckseln mit dem Schlegelmulcher. Die Mehrkosten werden mit 16 €/ha bilanziert. Sie setzen sich zusammen aus 2,50 € für Reparatur und Wartung des Häckslers, 6 € für variable Schlepperkosten und 7,50 € Arbeitskosten für den Schlepperfahrer.

Weitere Kosten entstehen für den Transport, das Abladen, das Befüllen des Silos sowie die Entsorgung der Asche. Die Gesamtkosten sind ab­hängig von der Flächenleistung [siehe Tab. 2].
 

Lohnverfahren? 

Alternativ zur Eigenmechanisierung ist überlegenswert, das Rebholzhäckseln im Lohnverfahren durch­führen zu lassen. Eine entsprechende Kostenkalkulation zeigt [siehe Tab. 3]. Die bislang noch geringe Verfügbarkeit von Rebholzhäckslern für die Rebholzbergung kann u. U. dazu führen, dass die Lohnunternehmer recht weite Anfahrstrecken haben, was sich in entsprechenden Fahrtkosten niederschlagen kann.

Im vorliegenden Rechenbeispiel, das auf Angaben eines Lohnunternehmers basiert, betragen die Gesamtkosten/ha (ohne Berücksichtigung des Humus- und Nährstoffwertes) 195 €. Im Vergleich dazu würde eine Eigenmechanisierung [siehe Tab. 2] bei 10 ha Einsatzumfang 286 €/ha kosten. Erst ab 18 ha Häckselfläche würde sich unter den getroffenen Annahmen eine Eigenmechanisierung lohnen.
 

Energiekosten 

Unterstellt man einen durchschnittlichen Heizwert des Rebholzes von 7.600 kWh/ha, errechnet sich in Abhängigkeit von der Fläche, ohne Berücksichtigung des Humus- und Nährstoffwertes, ein Energiepreis von 2,0 bis 3,8 ct/kWh (Tab. 4). Dies entspricht einem vergleichbaren Heiz­ölpreis von 20 bis 38 ct/l. Unter Ein­beziehung des Humus- und Nährstoffwertes steigen die Energiepreise auf 3,2 bis 4,9 ct/kWh. Dies entspricht einem vergleichbaren Heizölpreis von 32 bis 49 ct/l.

Diese Zahlen zeigen, dass eine thermische Rebholzverwertung für Weinbaubetriebe durchaus eine sinnvolle und lohnenswerte Alternative zu Heizöl sein kann.
 

Vergleich mit Waldhackschnitzel

Interessanter als der Vergleich zu Heizöl ist jedoch ein Vergleich mit Waldhackschnitzel, die man alter­nativ in einer Hackschnitzelheizung einsetzen kann. Unterstellt man einen Rebholzertrag von 2 t/ha lufttrockenen Holzes mit einem vergleichbaren Heizwert wie Waldhackschnitzel, errechnen sich, ohne Berücksichtigung des Humus- und Nährstoffwertes, Kosten von 76 bis 143 €/t [siehe Tab. 5]. Bei diesem Niveau ist bei einer Eigenmechanisierung bereits ab 10 ha eine Wirtschaftlichkeit gegenüber Waldhackschnitzel gegeben (Abb. 1). Das Lohnverfahren liegt 38 €/t unter dem Preis von Waldhackschnitzel.

Bezieht man jedoch den Humus- und Nährstoffwert mit ein, so sieht die Rechnung ungünstiger aus. Die Kosten/t steigen in Abhängigkeit von der Flächenleistung [siehe Tab. 5] und sind höher als beim Zukauf von Waldhackschnitzel. Erst ab ca. 20 ha Flächenleistung ist bei der Eigenmechanisierung eine Wirtschaftlichkeit gegenüber dem Zukauf von Waldhackschnitzel gegeben.

Aufgrund der steigenden Nachfrage ist aber mit einer kontinuierlichen Preissteigerung zu rechnen, weshalb das Häckseln von Rebholz zukünftig bei entsprechend großer Flächenleistung wirtschaftlicher sein wird als ein Zukauf von Hackschnitzeln. Allerdings sind Waldhackschnitzel aufgrund ihrer besseren Homogenität, ihres geringeren Faseranteils und ihrer gröberen Struktur unproblematischer in der Lagerung und weniger störanfällig im Heizbetrieb.
 

Kostenvergleich verschiedener Heizsysteme

Für eine umfassende betriebswirtschaftliche Bewertung einer thermischen Rebholznutzung ist ein Vergleich sämtlicher Kosten mit denen anderer Heizsysteme erforderlich. Eine genaue Bilanzierung ist jedoch aus verschiedenen Gründen (Preisunterschiede bei Herstellern von Heizsystemen, regionale Preisunterschiede und Preisentwicklung der Brennstoffe, unterschiedliche Vorort-Situation) nicht möglich.

Deshalb kann der durchgeführte Kostenvergleich zu den Gesamtkosten von Heizsystemen nur als Orientierung gewertet werden. Allerdings liefert der Vergleich schon recht klare Aussagen über die Kostenbelastung der einzelnen Heizsysteme.

Die Ausgangsdaten für die Kalkulation zeigt [Tab. 6]. Es wird von einer beheizbaren Fläche von 500 m² und einem spezifischen Wärmebedarf von 150 kWhth/m2a ausgegangen (Wärmebedarf von 75.000 kWhth/Jahr). Für den Heizkessel wird eine Wärmeleistung von 50 kWth angesetzt. Diese Werte dürften in etwa dem Bedarf ­vieler Weinbaubetriebe entsprechen. Über den Preis und den Heizwert der einzelnen Brennstoffe lassen sich die Brennstoffkosten/Jahr errechnen [siehe Tab. 7].

Die Berechnung zeigt, dass die regenerativen „Holz-Brennstoffe“ eindeutig kostengünstiger sind als die fossilen Brennstoffe Heizöl und Erdgas. Waldhackschnitzel sind bei dem zugrunde gelegten Wärmebedarf zur Zeit (Stand 2012) noch etwas preiswerter als Rebholzhackschnitzel.
 

Preisveränderungen

Für eine wirtschaftliche Gesamtbeurteilung der verschiedenen Heizsysteme ist ein aktueller Vergleich der Brennstoffkosten nicht ausreichend. Es muss die Preisentwicklung (soweit abschätzbar) während der Nutzungsdauer der Anlagen einkalkuliert werden, sowie die jährlichen Festkosten und die jährlichen betriebsgebundenen Kosten, bestehend aus Wartung, Instandhaltung etc. [siehe Tab. 8]. Für Hackschnitzelanlagen sind höhere Kosten anzusetzen, da die Wartung intensiver ist und für den Betrieb mehr elektrische Energie benötigt wird.

Für Heizöl und Erdgas wurde eine jährliche Preissteigerung von 5%, für Pellets und Waldhackschnitzel von 3,5% zugrunde gelegt. Allerdings zeigen die Preisentwicklungen der letzten Jahre [siehe Abbildung 3], dass die Preissteigerung bei Heizöl deutlich über dem kalkulierten Wert von 5% lag.

Für Rebholz sind nur minimale Preissteigerungen zu erwarten, die im Wesentlichen auf Erhöhungen bei den Betriebsstoffen und dem Ansatz für Lohnkosten beruhen. Legt man die momentanen Kosten zugrunde, erweisen sich die mit Pellets oder Waldhackschnitzel beschickten Heizungen am kostengünstigsten. Die Ölheizung verursacht mit Abstand die höchsten Kosten.

Realistischer ist jedoch der Vergleich mit jährlich steigenden Brennstoffkosten. Bei dieser Kalkulation schneiden am Ende einer 15-jährigen Nutzungsdauer die Rebholzhackschnitzel am günstigsten ab. Waldhackschnitzel und Pellets liegen in den jährlichen Kosten aufgrund der angesetzten Preissteigerungsrate um ca. 400 bis 500 € höher als Rebholz. Heizöl ist etwa doppelt so teuer wie Rebholz. Erdgas schneidet in der Kalkulation zwar deutlich günstiger ab als Heizöl ist jedoch gegenüber den Holz-Brennstoffen eindeutig teurer. Bei einer längeren Nutzung der Heizanlagen (z. B. 20 Jahre) oder bei einem höheren Brennstoffbedarf erhöht sich die Ersparnis bei Rebholz aufgrund der niedrigeren Brennstoffkosten noch weiter.

Der große Vorteil von Rebholzhackschnitzel besteht in der Unabhängigkeit des Brennstoffs von den Energiemärkten.
 

Hackschnitzelheizungen – Verfahren und Technik

Bei Hackschnitzelheizungen wird der Brennstoff Holz, ähnlich wie bei Pelletheizungen, periodisch angeliefert und über eine Zuführeinrichtung, bestehend aus einem Rührrad und einer Schneckenförderung [siehe Abbildung 4], automatisch und bedarfsgerecht der Feuerung zugeführt. Wie bei konventionellen Holzheizungen kommen Festbettfeuerungen zum Einsatz. Je nach Feuerungsprinzip wird der Brennstoff entweder von unten (Unterschubfeuerung) oder seitlich (Quereinschubfeuerung) in den Brennraum geführt. Unterschubfeuerungen stellen höhere Ansprüche an das Brennmaterial (feinkörnig, gleichmäßig und aschearm). Deshalb ist diese Technik für Rebholzhackschnitzel weniger geeignet als die Quereinschubfeuerung. Diese wird i. d. R. als Rostfeuerung betrieben. Bei Anlagen mit kleinerer Leistung überwiegen starre Rostsysteme. Bei größeren Anlagen kommen bewegte Roste (z. B. Vorschubroste) zum Einsatz.

Über die Steuerungs- und Regeltechnik wird dem Brennraum das Brennmaterial dosiert zugeführt. Bei Rebholzhackschnitzeln ist, im Vergleich zu Waldhackschnitzeln, von einem höheren Aschegehalt auszugehen, was eine häufigere Leerung des Aschebehälters notwendig macht. Wie bei anderen Heizsystemen wird mit der erzeugten Wärme das Wasser im Kessel erhitzt, welches als Wärmeüberträger für das Heiz- und Warmwassersystem dient.

Hackschnitzelanlagen arbeiten weitgehend vollautomatisch. Für einen störungsfreien Betrieb sind aller­dings die vom Hersteller defi­nierten Ansprüche an den Brennstoff einzu­halten. Übermäßige Langholzanteile oder Faserstränge sowie Fremdstoffanteile wie Erde oder Steine beeinträchtigen den Betrieb.

Hackschnitzelanlagen können auch problemlos mit Holzpellets betrieben werden, umgekehrt ist dies nicht möglich. In Abhängigkeit von der Anlagetechnik sind auch andere biogene Brennstoffe, wie Miscanthus, Stroh oder Igniscum (Knöterich-Züchtung) einsetzbar.
 

Hackschnitzellagerung

Die Anforderungen an die Lagerung von Hackschnitzeln sind recht gering. Sind die Schnitzel bereits vorgetrocknet, was bei Rebholz bei einem mehrwöchigen Liegenlassen in der Gasse und einem Häckseln und Bergen ab Ende März der Fall ist, ist eine Lagerung recht unproblematisch. Unter diesen Bedingungen ist der Wassergehalt auf etwa 30% zurückgegangen, und es ist mit keinem wesentlichen mikrobiellen Abbau der Schnitzel mehr zu rechnen.

Die Schnitzel können im Freien gelagert werden, sie müssen lediglich vor Nässe geschützt werden. Eine Überdachung oder eine Abdeckung mit einem Vlies ist ausreichend. Lager mit guter Luftzirkulation sind vollständig geschlossenen Räumen vorzuziehen. Bei Wassergehalten über 30% neigen die Schnitzel stärker zur Erwärmung und Schimmelbildung, weshalb bei feuchtem Material und höherem Lager ein Belüften zu empfehlen ist. Da sich feuchte Hackschnitzel im Lager von selbst erwärmen (bis 60°C), führt schon die natürliche Umgebungsluft zu einem Trocknungseffekt.

Der benötigte Lagerraum für Hackschnitzel ist recht groß. Im Vergleich zu Heizöl benötigen Hackschnitzel etwa das zehn- bis zwölffache Lagervolumen.
 

Nachhaltigkeit

Im Vergleich zu Heiz­anlagen für fossile ­Brennstoffe werden Hackschnitzelanlagen als klimafreundlich eingestuft. Die CO2-Menge, die bei der Verbrennung von Hackschnitzeln freigesetzt wird, entspricht der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre, die für das Wachstum des Holzes aufgenommen wurde.

Die Entnahme des Rebholzes im Hinblick auf Humus- und Nährstoffverluste stellt im Sinne der Nachhaltigkeit kein Problem dar, sofern die Verluste ausgeglichen werden (auf ­Basis einer vorhergehenden Bodenuntersuchung – eine überzogene organische Düngung ist aus ökologischer Sicht nicht vertretbar).

Mit dem Schnittholz aus den Weinbergen und evtl. noch anfallenden Rebstämmen aus der Rodung von ­Altanlagen können Weinbaubetriebe i. d. R. ihren Energiebedarf an Wärme für Heizung und Warmwasser decken und sich somit autark von anderen Brennstoffen machen.
 

Ausblick

Die Technik der Rebholzsammler muss noch optimiert werden. In ­dieser Hinsicht könnten in abseh­barer Zukunft Scheibenradhäcksler zu einer Verbesserung der Häckselgut­beschaffenheit und damit auch der Brennstoffqualität beitragen. Dies wird ein wichtiger Schritt zu einer ratio­nellen Nutzung von Rebholz als Brennstoff sein. Neben der Selbstversorgung einzelner Winzer gibt es auch die Option von lokalen Gemeinschaftsprojekten – Stichwort Winzer-Energiegenossenschaft. Dabei geht es dann um den Ersatz von mehreren hunderttausend Liter/Jahr Heizöläquivalent.

In Blockheizkraftwerken (BHKW) würde neben Wärme gleichzeitig auch Strom erzeugt (Kraft-Wärme-Kopplung). Ein Standort mit einem Rebholz-BHKW könnte als zentrale Stelle für die Einlagerung, Trocknung und Aufbereitung zum hochwertigen Brennstoff dienen. Für den Betrieb eines Rebholz-BHKW sollten mind. 200ha Ertragsrebfläche veranschlagt werden.

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