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Mechanische Schnittgeräte , 06.08.2012

MASCHINELLER SCHNITT VON OBSTANLAGEN GEWUSST, WIE!

Die Betriebe werden immer größer, der Mangel an Personal nimmt zu. Speziell für den Schnitt bedarf es qualifizierten Personals, das nicht so leicht zu bekommen ist.

AUF DEM VERSUCHSBETRIEB IN SINT TRUIDEN MACHEN SIE BEREITS SEIT DEM JAHR 2005 VERSUCHE ZUM MASCHINELLEN SCHNITT. WIE KAM ES DAZU?

Die Betriebe werden immer größer, der Mangel an Personal nimmt zu. Speziell für den Schnitt bedarf es qualifizierten Personals, das nicht so leicht zu bekommen ist. Gleichzeitig suchen die Betriebe nach Möglichkeiten, Kosten zu sparen. In der Mechanisierung von Arbeitsschritten liegt dafür ein großes Potenzial. Dazu passt der maschinelle Schnitt bestens. An der Ernte mit dem Pflückroboter wird auch bereits getüftelt.
Natürlich wurden wir bei unseren Versuchen von den Ergebnissen aus Frankreich (CTIFL) inspiriert.
 

WAS VERSPRECHEN DIE ERGEBNISSE AUS FRANKREICH?

In Frankreich erreichen sie mit dem maschinellen Schnitt eine homogenere Qualität, sowohl was die Reife angeht als auch hinsichtlich der Fruchtgröße und der Ausfärbung. Die Reife selbst ist um etwa sechs Tage verzögert. Der Ertrag bleibt weitgehend gleich, bei einem höheren Anteil Früchte Klasse I, weniger Sonnenbrand und weniger Schalenbeschädigungen. An Arbeitszeit werden zwei bis drei Arbeitskraftstunden pro Hektar (Akh/ha) für den maschinellen Schnitt gerechnet. Dazu kommen maximal 40 Akh/ha für Korrekturschnittmaßnahmen. Das heißt, dass die Schnittkosten deutlich reduziert werden können. Die Ernteleistung ist aufgrund der eindimensionalen Erntefläche um etwa 17 % höher als bei konventionellen Baumformen.
 

WIE SIEHT EIN MASCHINELLER SCHNITT AUS?

Mit Hilfe eines Schnittbalkens werden die Bäume in der Breite und z. T. auch in der Höhe geschnitten. Es entsteht die sogenannte „mur fruitier", die Fruchtwand; praktisch gesehen eine Hecke mit einer Breite von etwa 0,8 Metern. Der Schnitt erfolgt in Frankreich Ende Mai, Anfang Juni, etwa sechs bis sieben Wochen nach Vollblüte, wenn der Neuaustrieb 12-16 Blätter gebildet hat. Der Schnitt induziert die Bildung von Blütenknospen im Bereich hinter der Schnittstelle. Mit den Jahren bildet sich auf diese Weise eine fruchtende Zone an der Außenseite des Baumes, die etwa 25 cm breit ist.
Von Zeit zu Zeit sollte dann ein Korrekturschnitt mit Hand durchgeführt werden. Dabei werden lang abhängende Äste und Konkurrenztriebe entfernt. Zusätzlich erfolgt ein Belichtungsschnitt und es werden die Astpartien zu den Seiten des Baumes hin geschnitten, die die Maschine nicht erfasst.
 

BERICHTEN SIE VON DEN ERFAHRUNGEN, DIE SIE AUF DEM VERSUCHSBETRIEB IN SINT TRUIDEN GEMACHT HABEN!

Unsere ersten Versuche haben wir natürlich mit der Sorte 'Jonagold' gemacht. Wir
haben eine 12-jährige Anlage im April 2005 mit dem Schnittbalken zu einer Hecke geformt und dann am 17. Juni, als die Bäume ungefähr 12 Blätter gebildet hatten, vorschriftsmäßig den jährlichen maschinellen Schnitt durchgeführt. Der maschinelle Schnitt ist gut gelaufen. Bei der Ernte haben wir dann festgestellt, dass ein Abstand von 40 cm besser war als 20 cm. Bei 20 cm hatten wir eine stärkere Wuchshemmung als beim 40 cm, einen im Umstellungsjahr zu erwartenden niedrigeren Ertrag, größere Früchte, eine schlechte Ausfärbung und eine spätere Reife. Im Kopfbereich, der ebenfalls maschinell eingekürzt worden war, fand in beiden Varianten ein starkes Wachstum statt - mit vielen Konkurrenztrieben. Insgesamt war es nicht das, was wir uns vorgestellt hatten.
WELCHE KONSEQUENZEN HABEN SIE DARAUS GEZOGEN?
Im März 2006 haben wir eine, zuvor bereits handgeschnittene, achtjährige Anlage mit verschiedenen 'Jonagold'-Mutanten auf mechanischen Schnitt umgestellt. Im Juni 2006 wurde dann im 10-Blatt-Stadium geschnitten, im Juni 2007 im 12-Blatt-Stadium. Die Köpfe wurden dieses Mal beim Schnitt nicht berücksichtigt. Zwar waren auch hier im ersten Jahr die Erträge etwas niedriger als in der nicht maschinell geschnittenen Kontrolle, das regulierte sich aber im zweiten Jahr. Die Unterschiede in der Fruchtgröße waren ebenso gering wie der Einfluss des maschinellen Schnitts auf die Ausfärbung. Der maschinelle Schnitt hatte auch wenig bis gar keinen Einfluss auf die Reife. Parallel dazu haben wir Versuche zum Schnittzeitpunkt und zum Schnittabstand zum Stamm in einer achtjährigen 'Novajo'-Anlage durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass ein kürzerer Schnitt (35 cm) zu niedrigeren Erträgen, aber größeren Früchten und einer besseren Ausfärbung führt als ein Schnitt im Abstand von 50 cm. Der Schnitt im Acht- bis Zehnblattstadium führte zu einer besseren Ausfärbung als der Schnitt im 12-Blatt-Stadium. Auch hier hatte der Schnitt wenig bis gar keine Auswirkungen auf den Reifetermin.
 

WIE STEHT ES MIT ERFAHRUNGEN BEI ANDEREN SORTEN?

In einer zehnjährigen 'Golden' Reinders-Anlage haben wir im Jahr 2005 Versuche mit dem ein- und beidseitigen Schnitt gemacht. Der Versuch gestaltet sich schwierig, weil bei der Umstellung starke Gerüstäste herausgerissen wurden. Fazit des Umstellungsjahres: Bei den mechanisch geschnittenen Varianten begann die Ernte im Vergleich zur handgeschnittenen Kontrolle etwa eine Woche später, der Zuckergehalt war deutlich reduziert. Die Früchte waren kleiner, der Ertrag aber in etwa gleich. Der Schnitt zur Höhenbegrenzung führte auch hier zu deutlich kopflastigen Bäumen.
Im Winter haben wir dann den Korrekturschnitt in dieser Anlage variiert: Starke Korrekturen im gesamte Baumbereich, Starke Korrekturschnitte im oberen Kronenbereich und schwache im unteren und umgekehrt. Es zeigte sich, dass wir mit der Stärke des Korrekturschnittes das Ertragsverhalten beeinflussen: Ein starker Schnitt bewirkt niedrigere Erträge, aber bessere Fruchtgrößen. Der Korrekturschnitt hatte aber keinen Einfluss darauf, dass die Ernte durch den maschinellen Schnitt eine Woche verzögert begann. Auch mit dem Korrekturschnitt war der Arbeitsaufwand für Schnittmaßnahmen in den maschinell geschnittenen Varianten immer noch deutlich geringer als in der handgeschnittenen Kontrolle. Im dritten und fünften Jahr mach der Umstellung hatten wir in der handgeschnittenen Kontrolle Alternanz, nicht aber in den maschinell geschnittenen Varianten. Mit den Jahren stellte sich heraus, das bei 'Golden' ein regelmäßiger leichter Korrekturschnitt wichtig ist, um eine gute Fruchtgröße zu erhalten und um genügend Licht in den Baum zu bekommen. Die Fruchtqualitäten waren gut, wenn auch der Zuckergehalt etwas niedriger war.
 

HABEN SIE AUCH ERFAHRUNGEN MIT 'BRAEBURN'?

Ja, mit 'Braeburn' haben wir im Jahr 2006 begonnen, seinerzeit mit den Mutanten Schneider und Hillwell. Hier haben wir von Anfang an darauf verzichtet, den Kopfbereich maschinell zu begrenzen. Der Schnitt ist gut gelaufen, wir hatten bei Hillwell aber tendenziell kleinere Früchte, eine geringere erste Ernte mit schlechterer Ausfärbung und weniger Zucker. Auch bei 'Braeburn' haben wir eine spätere Reife bei den maschinell geschnittenen Bäumen beobachtet. Allerdings haben diese Unterschiede in den folgenden Jahren abgenommen.
 

NUN SIND ALL DIESE ANLAGEN SCHON ETWAS ÄLTER GEWESEN, ALS SIE AUF MECHANISCHEN SCHNITT UMGESTELLT WURDEN. WIE REAGIEREN ABER NEUANLAGEN?

In einer im Winter 2004/05 gepflanzten Anlage von 'Jonagored' Supra sind wir im März 2006 das erste Mal mit der Maschine durchgefahren, es folgte der jährliche Sommerschnitt im Zehnblattstadium, unterstützt von einem Wurzelschnitt. Die Köpfe wurden nicht mechanisch geschnitten. Die Pflanzabstände waren 3,25 x 1,25 bzw. 3,25 x 0,75 Meter. Es hat sich gezeigt, dass ein jährlicher Korrekturschnitt notwendig ist, vor allem im oberen Kronenbereich. Wir haben seit 2006 keine Alternanz beobachtet. Bei den enger gepflanzten Varianten haben wir schneller höhere Erträge gehabt: der Unterschied lag bei 40 t/ha mehr in der Dichtpflanzung. Im Vergleich zur handgeschnittenen Kontrolle konnten wir in allen Jahren keinen relevanten Unterschied in der Ausfärbung und der Fruchtqualität feststellen.
 

WIE SIEHT IHR GENERELLES FAZIT NACH SECHS JAHREN MECHANISCHEM SCHNITT AUS?

Die Ergebnisse sind besser, als wir es erwartet hatten. Natürlich sind sie stark Sortenabhängig. Bei uns hat sich der Schnitt im Zehnblatt-Stadium als effektiver herausgestellt als der Schnitt im 12-Blatt-Stadium. Manchmal kommt es in maschinell geschnittenen Anlagen zu einer verzögerten Reife und manchmal zu einer späteren (und schlechteren) Ausfärbung der Früchte. Daher ist es wichtig, Mutanten mit einer guten Ausfärbung zu wählen. Einen regelmäßigen Korrekturschnitt halten wir für generell sinnvoll, insbesondere im oberen Kronenbereich.
Von Ausdünnung haben wir noch gar nicht gesprochen, da wir sie auch in der handgeschnittenen Kontrolle durchgeführt haben. Aber sie ist natürlich in den stark generativ geprägten maschinell geschnittenen Anlagen von elementarer Bedeutung für die Fruchtqualität.
Richtig effektiv wird der maschinelle Schnitt natürlich, wenn er mit einer mechanischen Ausdünnung kombiniert wird. Und die logische Konsequenz wäre nun noch die Ernte mit einem Pflückroboter... •

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1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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