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Scheren & Sägen, 26.07.2012

REBSCHEREN IM VERGLEICH

Durch Scherschneiden wird im Weinbau das Holz der Reben rückgeschnitten. Dabei unterscheidet man das Schneiden mit Hand-, Elektro- und Pneumatikscheren.

Mechanisierung des Rebschnittes

 
Durch Scherschneiden wird im Weinbau das Holz der Reben rückgeschnitten. Dabei unterscheidet man das Schneiden mit Hand-, Elektro- und Pneumatikscheren. Bei der Auswahl aus der großen Angebotspalette an Rebscheren stehen Leistung, Ergonomie und Betriebssicherheit des Schneid­werkzeuges im Vordergrund.
Der Rebschnitt stellt eine der wichtigsten und arbeitsintensivsten Kulturmaßnahmen im Weingarten dar. Er bezeichnet den einmal im Jahr während der Vegetationsruhe (Winterrebschnitt) durchgeführten Rückschnitt des einjährigen Holzes sowie die Korrekturen des Altholzes. Aus pflanzenphysiologischer Sicht ist der jährliche Rückschnitt nicht zwingend notwendig; allerdings machen ihn die meisten weinbaulichen Erziehungssysteme mittlerweile erforderlich.

Mit dem Rebschnitt wird das Trieb-, Laub-, Trauben- und Wurzelwachstum beeinflusst – Letzteres verringert sich beispielsweise, wenn die Rebe weniger Triebe entwickelt. Auf diese Weise kann sowohl die Menge der Trauben als auch deren Ertragsqualität reguliert werden. Die Durchführung des Rebschnittes sollte nur durch geschultes Fachpersonal erfolgen. Je nach Erziehungssystem müssen beim manuellen Schneiden 20 bis 25 Schnitte pro Rebstock (80.000–120.000 Schnitte pro ha) gesetzt werden, wobei ca. 90 % des alten Holzes abgetrennt werden. Da eine Arbeitskraft zwischen 30 und 40 Scherenschnitte in einer Minute leisten kann, wären z. B. bei der Spaliererziehung 60 bis 110 Arbeitskraftstunden pro ha (Akh/ha) notwendig.

Als Schneidwerkzeuge können im Weinbaubetrieb einerseits die einfach gebauten Handscheren bzw. -sägen und andererseits die zur Mechanisierung des Rebschnittes beitragenden Elektro- und Pneumatikscheren eingesetzt werden.
 

Handscheren

Die immer noch häufig im Weinbau verwendeten Handscheren stellen in einem Arbeitshub glatte, ­saubere Schnittflächen her. Bautechnisch können zwei Scherentypen unterschieden werden, nämlich einschneidige Rebscheren mit scharfer Gegenklinge oder solche mit flacher Gegenauflage (sogenannte Ambossscheren). Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Ausführungen besteht darin, dass bei der ersten Bauweise ein vorwiegend ziehender Schnitt (die Oberklinge und Gegenklinge gleiten aneinander vorbei), bei der zweiten hingegen hauptsächlich ein drückender Schnitt (der Amboss stützt die Holzfläche) mit zusätzlicher Quetschung für die Durchtrennung des Holzes verantwortlich ist.

Hinsichtlich der Leistung zeichnen sich Handscheren positiv durch eine geringe Masse und einen niedrigen Anschaffungspreis, negativ jedoch durch den großen Kraftbedarf beim Schnittvorgang aus, wodurch die Handgelenke des Winzers belastet werden. Deshalb werden seitens der Hersteller verschiedene ergonomische Anpassungen an den Scheren vorgenommen, um Muskeln und ­Gelenke zu ent­lasten. Das Angebot reicht dabei von Handscheren unterschiedlicher Größe sowohl für Rechts- als auch für Linkshänder über Ausführungen mit Rollgriff und Griffabstandsveränderung bis hin zum Einbau eines Stoßdämpfers oder Puffers. Damit eine entsprechende Betriebssicherheit bei den Scheren gegeben ist, müssen diese richtig gewartet werden. Zu den notwendigen Wartungsmaßnahmen zählen das Reinigen und Schärfen der Klingen, das Einstellen des Klingenspiels sowie das Ölen der Federn und Rollgriffachsen.
 

Astscheren (Zweihandscheren) und Handsägen

Altes Holz mit größerem Durchmesser kann vom Rebstock mit ­Astscheren (Zweihandscheren) oder Handsägen abgetrennt werden. Mit leistungsfähigen Astscheren, welche in unterschiedlichen Bauformen erhältlich sind, lässt sich ein scharfer Schnitt erzielen. Betreffend Ergonomie sollen sie leicht, handlich und gut tragbar sein. Kurzstielige Astscheren dienen auch zum Vorschneiden für das alte Zweijahresholz.

Um die Scheren gezielt zum Altholz führen zu können, sind diese mit einer runden Vorwölbung an der Gegenklinge ausgestattet. Ebenfalls eine glatte Schnittfläche ergeben die für verschiedene Sägearbeiten eingesetzten Astsägen; es gibt sie in den beiden Konstruktionsvarianten Starrsägen und Klappsägen. Die Sägeblätter, gefertigt aus zähem, flexiblem Stahl, sollen mit gehärteten Zähnen und feinem Schliff (verhindert ein Reißen) versehen sein. Da die Leistung bei der Zugbewegung erbracht wird, können die Blätter sehr dünn ausgeführt sein. Für lange Starrsägen mit Blattlängen bis 33 cm ist eine zusätzliche Haltevorrichtung empfehlenswert.
 

Elektroscheren

 
Eine große Arbeitserleichterung im Rebschnitt brachte die Erfindung der elektrischen Schere im Jahre 1984. Der zweiteilige Aufbau der Elektroscheren gliedert diese in eine Scheren- bzw. Energiekomponente, wobei der Energieteil (Akkumulator) in einer Tasche (Koffer) untergebracht wird. Über eine Kabelverbindung wird der für den Antrieb verantwortliche Elektromotor mit Strom versorgt. Als Akkumulatoren werden die Zellenarten Nickel-Cadmium, Nickel-Metallhydrid oder Lithium-Ionen verwendet. Besondere mechanische und elektronische Sicherheitselemente (z. B. eine Sicherheits-Ausblasöffnung) sowie eine sachgerechte Aufladung ermöglichen eine effektive Nutzung dieser modernen Akkumulatoren (siehe Infokasten).

Die meisten Elektroscheren sind auch mit einem Schnittunterbrechungselement (Impulssteuerung) ausgestattet, wodurch der Schneidevorgang jederzeit gestoppt werden kann. Leistungsmäßig zeichnet sich dieser Rebscherentypus durch die ­folgenden Vorteile aus: hohe Schnittkraft bei einer maximalen Schnittstärke von 3 bis 4 cm, kurze Rüst­zeiten, geringer Transportaufwand, niedrige Betriebskosten sowie keine Emissionen von Lärm und Abgasen. Als Nachteile müssen das relativ hohe Scherengewicht, das regelmäßig notwendige Aufladen bzw. die begrenzte Lebensdauer des Akkumulators und die im Vergleich zu anderen Rebscheren geringere Schnittfrequenz erwähnt werden. Vom ergonomischen Standpunkt aus sind bei dieser Arbeitstechnik auf der einen Seite die Schonung der Handmuskeln und -gelenke und die damit verbundene Arbeitserleichterung und auf der anderen Seite das geringe Verletzungsrisiko (Schnittstopp) zu erwähnen. Aufgrund der angeführten Leistungs- und Ergonomiemerkmale eignen sich elektrische Scheren primär für das Anschneiden der Rebstöcke; ein Fertigschneiden des Stockes ist jedoch nicht ausgeschlossen.
 

Pneumatikscheren

 
Wegen der Rationalisierungs­maßnahmen – Anschnitt des Reb­stockes durch eine Fachkraft, Herausziehen des Rebholzes durch eine Hilfskraft – werden in den österreichischen Weinbaubetrieben zunehmend pneumatische Scheren verwendet. Bei den Pneumatikscheren wird Druckluft zu deren Antrieb und Steuerung eingesetzt. Eine pneumatische Rebschneideanlage lässt sich in vier Baugruppen gliedern: die Drucklufterzeugung mit Kompressor und Druckluftbehälter, die Druckluftaufbereitung, bestehend aus Filter, Öler und Druckregelventil, die Druckluftverteilung mit Schlauchtrommel und Schlauch sowie die Rebschere mit pneumatischer Steuerung. Die Druckluft wird in Kompressoren – angetrieben vom Traktormotor oder eigenen Motor – erzeugt und in ausreichender Menge in einem Druckluftbehälter (Windkessel) gespeichert.

Leistungsstarke Kolben- oder Membranverdichter saugen 100 bis 750 Liter Luft je Minute durch den Ansaugfilter an, verdichten sie und drücken sie mit 10 bis 20 bar in den Druckluftbehälter, der einen Inhalt von 5 bis 20 Liter aufweist. Wenn der maximale Druck im Druckluftbehälter erreicht ist, wird die Zufuhr weiterer Druckluft entweder über eine Aussetzregelung (Antriebsmotor wird abgeschaltet) oder eine Entlastungsregelung (Ansaugventile werden offen gehalten) gestoppt. Von der Leistung her können mit diesen Rebschnittsystemen in Abhängigkeit von der Antriebsart mit Traktormotor bis zu 12 Rebscheren, bei eigenem Motor (3–4 kW) bis zu 6 Rebscheren gleichzeitig betrieben werden.

Für die Verteilung der Druckluft gibt es manuelle bzw. automatische Schlauchtrommelsysteme (Rückholmechanismus: Federzug oder Magnetfeld). Dabei wird die Druckluft vom Druckluftbehälter über einen Schlauch der Entnahmestelle an der Schere zugeführt. Beim Durchströmen der Druckluftaufbereitungseinheit wird die Druckluft gereinigt und ein feiner Ölnebel beigemischt. Das vom Öler zerstäubte Öl dient dazu, um einerseits die pneumatischen Scheren zu schmieren und andererseits um Korrosion zu verhindern.

Als wesentliche Arbeitselemente der Pneumatikscheren sind ein einfachwirkender oder doppeltwirkender Zylinder mit Kolben, ein Steuerventil mit Hebel, Stoßdämpfer, Führungsbuchsen, Rückholfeder sowie Ober- und Gegenklinge anzuführen. Um ein ergonomisches Arbeiten zu gewährleisten, sind entsprechende Maßnahmen seitens des Winzers zu beachten. Dies beinhaltet das ausschließliche Benutzen von Scheren mit Schutzbügel oder Schiebering, das Trennen der Scheren vom Druckluftbehälter während einer Scherenmanipulation und das Tragen von (Ketten-)Handschuhen. Zur Erhaltung der Betriebssicherheit von Pneumatikscheren und auch zur Wahrung von Gewährleistungsansprüchen sind eine fachkundige Wartung und Instandhaltung notwendig. Den Herstellervorschriften kann entnommen werden, dass hierunter das regelmäßige Kontrollieren von Rohrverschraubungen und Ölständen, das Einhalten der Ölwechselintervalle (Motor und Kompressor), das Zusetzen von Frostschutzmitteln im Öler sowie das Entleeren des Wasserabscheiders verstanden werden.
 

Rebscheren im Preisvergleich

 
Der Preis stellt eine wesentliche Größe für wirtschaftliche Entscheidungen in einem Weinbaubetrieb dar. Im Konkreten geht es darum, aus den verschiedenen Investitionsalterna­tiven betreffend Rebscheren die vorteilhafteste auszuwählen. Dabei ­sollten zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nicht nur die Rebscheren allein, sondern der gesamte Rebschnitt mit den entsprechenden ­Kosten ins Kalkül gezogen werden. Tabelle 1 soll eine Übersicht der ­Preise von Rebscheren geben und den Winzer bei der Realisierung eines diesbezüglichen Kaufes unterstützen.
 

Resümee

 
Sauberkeit des Schnittes, hohe Schnittfrequenz, keine Beanspruchung der Handgelenke, einfacher Wartungsplan – das sind die Themen, mit denen sich ein fortschrittlicher Winzer bei Rebscheren beschäftigt. Und dies hat seinen berechtigten Grund, denn der Rebschnittaufwand und das erzielte Ergebnis sollten auch im kleinsten Weinbaubetrieb geprüft und in eine vernünftige Relation gebracht werden.

Eine Rationalisierung ist auch im Weingarten nur dann zweckmäßig, wenn sie wirtschaftlich begründet ist, das heißt, dass ein möglichst hoher Erfolg mit den geringsten Mitteln erreicht wird. Bei der Auswahl des „richtigen“ Schneidwerkzeuges sind sowohl die Betriebsgröße als auch die Erziehungsform der Reben zu berücksichtigen. Die heute auf dem Markt angebotenen Rebscheren sind in ihrer Bauart sehr vielfältig, sodass eine Kaufentscheidung wohl überlegt sein muss. Aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit setzen sich die Elektro- und Pneumatikscheren gegenüber den Handscheren in der weinbaulichen Praxis immer mehr durch. Daneben bringen diese Konstruktionstypen eine enorme Arbeitserleichterung für den Winzer. Mit dem Einsatz moderner Rebscheren kann der Zeitaufwand für die äußerst aufwändige Pflegemaßnahme „Rebschnitt“ um bis zu einem Fünftel ­reduziert werden.
 

Medium

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