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Verarbeitung, 04.04.2012

DIE PASSENDE TECHNIK ZUR MAISCHEGÄRUNG (1)

Bei der Weinbereitung spielen die verschiedenen Maischegärbehälter eine wichtige Rolle.
Bei der Weinbereitung spielen die verschiedenen Maischegärbehälter eine wichtige Rolle. Grundsätzlich führen dabei meist mehrere Wege zum Ziel. Nachfolgend haben wir einmal über den badischen Tellerrand geschaut und einen Fachmann aus Rheinland-Pfalz um seine Einschätzung gebeten.
 

Unterschiedliche Erwartungen

Etwaige Defizite in der Rotweinbereitung sind heute kaum noch in der technischen Ausstattung zu suchen. Dabei zeigt die internationale Forschung, dass das Potenzial noch lange nicht ausgereizt ist. Für die Weinwirtschaft in Deutschland mit ihrer klimatisch sehr unterschiedlichen Situation bedeutet dies, dass nicht nur eine vernünftige technologische Struktur für die Rotweinbereitung geschaffen wird, sondern dass auch stärker auf eine sensible Handhabung der Rotweinbereitung geachtet werden muss. Manche Erzeuger haben Schwierigkeiten, ihre Rotweine in das optimale Gleichgewicht zwischen den sensorischen Attributen Frucht, Typizität, Komplexität und Nachhaltigkeit zu bringen. Einseitig fruchtige, dünne oder hinsichtlich der Gerbstoffe überextrahierte Weine zeigen, dass hier noch Nachholbedarf besteht.
Die Erwartungen, die an unsere Rotweine gestellt werden, sind recht unterschiedlich. So werden derzeit ungefähr 54 % des Rotweins in Rheinland-Pfalz als halbtrockene oder liebliche Rotweine verkauft, die eine andere Bereitungsmethode verlangen als Spitzenrotweine, die auf eine längere Lagerung ausgerichtet werden und von der Struktur her vollkommen andere Qualitäten aufweisen müssen. Zudem besteht für solche hochpreisigen Qualitäten nur ein kleiner, nicht beliebig erweiterbarer Markt.
Etliche Konsumenten verlangen auch liebliche Rotweine, die gerade nicht über die ausgeprägte Gerbstoffstruktur verfügen sollen, wie wir sie von Spitzen- oder Lagerrotweinen kennen. Sie sollen stärker fruchtige Komponenten in den Vordergrund stellen und dürfen keine ausgeprägt phenolische Art aufweisen.
 

Behälter sinnvoll auslasten

Man wird die Bereitung solcher Weine auf eine kurzzeitige Maischegärung ausrichten und kann die angeschafften Spezialbehälter so mehrmals während der Lese nutzen, was sich auch auf die Wirtschaftlichkeit des Endproduktes auswirkt. Die Frage der passenden Gärtemperatur für die angestrebten Rotweintypen (hoch für Komplexität -niedrig für Frucht ) steht
  • wegen der temperaturbedingt unterschiedlichen Belegungsdauer der Gebinde und
  • wegen der höheren Kosten für zusätzliche Gärbehälter bei temperatur-kontrollierten Maischegärungen bei vielen Betrieben leider nicht zur Diskussion. Gleiches gilt für verlängerte Maischestandzeiten. Entscheidend ist für viele die aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvolle Auslastung der Behälter über die gesamte Lese, wobei sich meist ein Befüllungsrhythmus von drei bis fünf Tagen ergibt.
Die längeren Mazerationszeiten für lagerfähige, komplexe Rotweine, die sich auch für die Lagerung im Barrique eignen, lassen eine oftmalige Befüllung der Behälter nicht zu und erhöhen die Kosten pro Liter deutlich. Hier muss sich der Betrieb entscheiden, welchen Weg er gehen will. Die Möglichkeiten sind vielfältig, deshalb sollen im Folgenden die am meisten gewählten Lösungen gezeigt werden:
  • Erzeugung einfach strukturierter Rotweintypen - leicht bis mittelschwer, Abwirzzeitpunkt zwischen 0 ° bis 10 ° Öchsle, keine Mazerationszeit;
  • Erzeugung unterschiedlicher Typen, zum Beispiel leichtere Rotweine zu Beginn, Ausnutzung der Behälterkapazität und lange Mazerationszeit für die letzten Weine, die als Lagerweine produziert werden;
  • die Kombination von Maischeerhitzung im Lohn für bestimmte Typen und Nutzung des eigenen Gärbehälters zur Erzeugung lagerfähiger Weine; 
  • Rückverschnitte von maischeerhitzten Weinen mit maischevergorenen Weinen, um einen fruchtigen und nachhaltigen Weintyp zu erzeugen.

Maischegärung kommt immer mehr

Wer nicht selbst investieren will, weil sich dies im Hinblick auf die Größe und die betrieblichen Verhältnisse nicht lohnt, kann die Maischeerhitzung eines Lohnunternehmers in Anspruch nehmen. Allerdings sind in diesem Bereich teilweise noch zu wenige Lohnbetriebe und teilweise wenig qualitativ befriedigende Angebote vorhanden.
Die Maischegärung wird jedoch für die meisten Einzelbetriebe wegen des geringeren technischen und finanziellen Aufwands immer das Verfahren der Wahl bleiben. Mit dem Einzug der Technologie bei der Maischegärung wird der Abstand in finanzieller Hinsicht allerdings etwas kleiner.
 

Rotweingärbehälter

In den vergangenen zehn Jahren wurde in der Pfalz bei der Rotweinbereitung die Maischegärung verstärkt mechanisiert und modernisiert, um auch große Mengen oenologisch einwandfrei und ohne großen Aufwand verarbeiten zu können. Man verabschiedete sich quasi von der Büttengärung, die wegen der schlechten Temperaturkontrolle, der großen Oberfläche, schlechteren Farbausbeute und der manuellen Bearbeitung für viele Betriebe zu aufwendig geworden war. Daneben war die rheinland-pfälzische Beratung bemüht, die unvorteilhafte, weil Gerbstoff- und Feintrubanteil steigernde Vergärung in stehenden Maischevorratsbehältern nach und nach zurückzudrängen zugunsten liegender Maischegärtanks.
Diese Phase ist heute in Rheinland-Pfalz weitgehend abgeschlossen, nachdem ein Wandel des Qualitätsverständnisses und die Nachfrage (Stichworte: Selecti-onsweine, Barrique) auch zu einer anderen Sichtweite der Maischegärung geführt haben. Heute sollten folgende Kriterien durch einen Spezialbehälter zur Maischegärung erfüllt sein:
  • aus Edelstahl
  • langsame und schonende Bewegung der Maische
  • geringe Freisetzung von Gerbstoffen durch mechanische Belastung, zum Beispiel aus Kernen
  • möglichst geringe Bildung von Feintrub
  • schneller und schonender Austrag
  • temperaturkontrollierte, programmierbare Steuerung Welchen Behälter ein Betrieb auswählt, hängt in erster Linie von der eigenen Zielsetzung bezüglich Qualität, Erfahrung und Praktika-bilität, den Kosten und den betrieblichen Gegebenheiten (Raumhöhe, Standort der Gärbehälter) ab. Es kommen sowohl liegende Maischegärbehälter mit langsam laufendem T- Flügel-/Plattenrührwerk als auch Rotationstanks oder stehende Behälter mit mechanisch eingreifenden Hubelementen und Überflutungsbehälter in Betracht.
Durch die Orientierung an internationalen Produktionsverfahren wurden im Laufe der letzten Jahre viele Impulse aus anderen Ländern hinsichtlich der Weinbereitung und der Technologie der Rotweinbereitung von den Betrieben aufgegriffen. Diese in südlichen Anbaugebieten seit langem eingesetzten Verfahren der Maischegärung, wie das Überschwallverfahren oder das mechanische Stoßen der Maische, sind inzwischen auch in Deutschland eingeführt. Auslöser ist die Vorstellung einer qualitätsfördernden, schonenden Bewegung der Maische, für deren Umsetzung auch umständliche Entleerungsvorgänge in Kauf genommen werden. 
 
INFOS
Baden setzt aufs Spätburgunder-Mehrwert-Konzept
Die Redaktion weist ausdrücklich darauf hin, dass dieser Beitrag von Bernd Weik auf die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz fokussiert ist. Das heißt, im Vergleich mit den Gegebenheiten in Baden ist er stark auf Rotwein allgemein bezogen mit Rebsorten, die bei uns keine so große Rolle spielen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kellereitechnik und dabei auch auf die Art und die Technik der Gärbehälter.
Nachdrücklich setzt man in Baden auf den Spätburgunder und auf das vom Weinbau- und Genossenschaftsverband angestoßene sogenannte „Spätburgunder-Mehrwert-Konzept" mit zwei Weintypen: dem fruchtigen, weichen Typ (Fruchttyp) und dem gerbstoffbetonten, trockenen Typ (romanischer Typ - siehe „Der Badische Winzer" 8/2010, Seite 32). Der Fruchttyp gelingt am besten mittels Maischeerhitzung, der romanische Typ mittels Maischegärung im Vinotop-Fermenter mit Wende- und Rührtechnik. Ausführlich beschrieben sind die beiden verschiedenen Weinbereitungsverfahren und die dazugehörende Technik mit ihren verschiedenen Gärbehältertypen in der oben erwähnten August Ausgabe 2010 des Badischen Winzers.                                                                           
 
 

Medium


„Der Badische Winzer“ ist die auflagenstärkste Monatsfachzeitschrift in Deutschland und wird vom  Badischen Weinbauverband mit Sitz in Freiburg herausgegeben. Die Leserinnen und Leser erfahren umfassend, praxisnah und kompetent die neuesten Trends in Anbau, Kellertechnik und Vermarktung. Aktuelle Brancheninformationen ergänzen den Fachteil. Ein kostenloses Probeheft oder ein Abonnement (Jahrespreis Deutschland: 40,80 Euro inklusive Porto, EU-Ausland: 66,60 Euro inklusive Porto) können Sie unter Tel. 0049 761 2713351, vertrieb@blv-freiburg.de (Sonja Wahl, Daniela Brandsch) anfordern. Oder online über die Webseite des Badischen Weinbauverbandes: www.badischer-weinbauverband.de
 
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