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Scheren & Sägen, 15.10.2015

AKKUSCHEREN IM OBSTBAUMSCHNITT

Eine Alternative zu pneumatisch angetriebenen Scheren sind die Elektroscheren, die schon seit langem im Rebschnitt eingeführt sind.

 

Sie sind leise, leicht und handlich, jederzeit einsetzbar und sind einfach zu transportieren. Im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz wurde mit sechs Mitarbeitern eine subjektive Bewertung des Einsatzes durchgeführt. Das Ziel ist die Entscheidungshilfe
• welche Scheren für den Obstbaumschnitt empfehlenswert sind,
• was es beim Einsatz zu beachten gilt und
• welche Ergebnisse der Test ergab.
 

Handhabung der Scheren

Grundsätzlich unterscheiden sich die Scheren in ihrer Antriebsart:
• Bei der Impulssteuerung fährt beim kurzen Antippen des Auslösers die ganze Klinge zusammen. Diese Art spart Kraft. Dieser Modus wird für rasche und wiederholte Schnittfolgen eingesetzt.
• Bei der Linearsteuerung (auch Proportionalsteuerung genannt) wird wie mit einer Handschere gearbeitet. In gleicher Weise wie die Hand die Schere zusammendrückt, wird auch die Klinge schrittweise geschlossen. Damit sind Präzisionsschnitte möglich.
 
Meist können die Scheren in der Antriebsart umgestellt werden.
 
Dies wird in der Regel vor Beginn der Schnittarbeit festgelegt und eingestellt.
 
Die übliche Klingenweite im Obstbau liegt bei 30 mm, für dicke Äste ist eine Klingenweite von 45 mm sinnvoll.  Zusätzlich können Akkuscheren die Klingenweite je nach Astdurchmesser auf eine Klingenweite von 50 %/60 %/70 % der Maximalweite umstellen. Der Halböffnungmodus von ca. 30 mm beschleunigt das Schneiden kleiner Holz-Durchmesser. Das Umstellen der Klingenweite sollte einfach sein, der Doppelklick bekommt im Test die beste Bewertung. Wenn die Klingeweite zu klein ist, dann wird bei dicken Ästen der ge-samte Körper als Kraftquelle eingesetzt. Dies belastet dann Ellebogen- und Schultergelenk.
 
An die Handform angepasste Griffe reduzieren die Muskel-Skelett-Belastungen. Wenn die Schere eine Verlängerung des Armes ist, ohne die Hand abknicken zu müssen, liegt sie gut in der Hand. Das Gewicht der Schere sollte vom Schwerpunkt her leicht vorn liegen. Dann wird auch eine etwas schwerere Schere als leichter empfunden und die Hand reagiert nicht mit Gegendruck und das Handgelenk nicht mit Abknicken.
 
Ein Kunststoffummanteltes Gehäuse wird als angenehm empfunden. Fiberglas kann Risse bilden, deshalb wird ein weicheres Kunststoffmaterial mit Wabenmuster als vorteilhafter bewertet. Griff und Schneidkopf sind in der Regel für Rechts- oder Linkshänder anpassbar.
Das Scherenkabel wird erst vor Ort mit dem Akku verbunden. Deshalb sollte es im Sichtbereich des Mitarbeiters eingesteckt werden können. Dies gilt auch für den Ein- und Ausschalter sowie für alle anderen Bedienteile. Die Scherentasche (Schober) wird zum kurzzeitigen Ablegen am Gürtel mitgeführt.
 
Die Scheren können zum Teil auch mit einer ausziehbaren Stange ausgestattet werden. So wird der Schnitt in der Baumkrone ermöglicht, ist aber körperlich sehr anstrengend und erfordert eine gute Koordination. Deshalb wird eine Stange empfohlen, die sich unten in zwei Griffe teilt.
 

Jeder Schnitt verursacht Lärm

Schneidgeräusche sind nicht zu vermeiden. Die Lärmbelastung liegt bei allen Geräten deutlich unter 80 dB. Leise Geräte sind angenehmer. Starke Einzelbelastung und mehrfaches Nachfassen am Ast können laute Spitzenwerte hervorrufen.
 

Bedienung hängt von der Leistung ab

Schnittkraft, Schnittgeschwindigkeit und das Gewicht sind entscheidende Kriterien der Beurteilung. Die Schere sollte so geformt sein, dass ein ziehender Schnitt möglich ist. Dann ist das Durchschneiden von dicken Ästen leichter. Hohe Wattzahlen deuten auf eine gute Motorleistung und damit auf eine hohe Schnittkraft.
 
Die Schnittgeschwindigkeit ist entscheidend abhängig von der Klingenweite. Je weiter geöffnet, desto länger dauert der Schnittvorgang. Deshalb ist ein kurzzeitiges Umstellen der Klingenweite für den Schnitt von dicken und dünnen Ästen besonders positiv. Das Umstellen der Klingenweite durch einen Doppelklick hat sich als angenehmste Form gezeigt. Ein Warten bis sich die Klinge technisch bedingt umstellt, wird als negativ empfunden. Bei der Linearsteuerung öffnet die Klinge immer genauso weit wie der Astdurchmesser es erfordert. Dies erfordert Übung, geht dann aber schneller wie beim Einsatz der Handschere.
 
Ein leicht rund geformter Auslöser wird angenehmer empfunden als ein gerade geformter, da hier der Finger nicht abrutscht. Ist die Impulssteuerung eingestellt, wird die Muskel-Skelettbelastung gegenüber der Handschere minimiert. Die Auslösemulde muss so groß sein, dass auch mit einem Winterhandschuh gearbeitet werden kann. Dies ist bei allen Modellen möglich. Die Griffform sollte zum Auslöser hin etwas dünner, am Ballen etwas dicker sein. Wird die Schere im Arbeitsmodus nicht gebraucht, stellt sie sich aus Sicherheitsgründen automatisch in den Standby-Modus um und schließt dabei den Schneidkopf.
 
Das Gewicht einer Akku-Schere für den Obstbau liegt zwischen 745 und 1.000 g, das von Hand- und Schultermuskulatur getragen wird. Hinzu kommt der Akku-Rucksack von ca. 1.335 bis 2.500 g. Durch das Tragesystem wird dieses Gewicht fast unmerkbar auf den gesamten Körper verteilt. Weil beim Arbeiten in Schulterhöhe das Gewicht schwerer wirkt, sollten diese Arbeiten nicht zusätzlich durch Verdrehen der Hand ausgeführt werden müssen. Besser ist es, für den Schnitt im Kronenbereich eine Arbeitsbühne einzusetzen.
 

Die Schere muss täglich gewartet werden, einmal jährlich seitens der Firma

Das Schmieren und Justieren sollte entsprechend der Herstellerangaben eingehalten werden, in der Regel reicht einmal pro Tag. Beim Justieren wird das Spiel zwischen Klinge und Gegenklinge eingestellt. Die Klinge muss sich über 2/3 ihrer Länge an der Gegenklinge reiben. Ein gutes Justiersystem sorgt dafür, dass die Schere ein Leben lang millimetergenau eingestellt werden kann. Das sorgt für präzisen und sauberen Schnitt.
 
Das Nachschleifen der beweglichen Klinge ist abhängig von der Art des Schnittholzes, sollte aber im Obstbau mit ein mal Schleifen pro Tag erledigt sein. Eine scharfe Klinge schneidet immer präziser als eine stumpfe. Es darf jeweils nur die bewegliche Klinge geschliffen werden, weil sonst der Zwischenraum der Klingenblätter zu groß wird. Denn dann verhaken sich die Scherenklingen ineinander und die Schnitte sind nicht mehr glatt. Das Schleifen der Gegenklinge sollte der Firma überlassen werden.
 
Das mitgelieferte Spezialwerkzeug fällt zum Teil sehr winzig aus und kann dann nicht leicht angewendet werden.
 
Der Akku sollte mindestens eine Tagesarbeit lang betriebsbereit sein. Eine Anzeige der Akkukapazität ist dafür sinnvoll. Ein einfaches Anschließen an das Ladegerät sollte gewährleistet sein. Im Betrieb wird der Akku warm. Er hält so den Rücken im Winter angenehm warm. Im Sommer hingegen ist dies eher lästig. Im monatelangen Ruhemodus ist ein regelmäßiges Anschließen des Akkus erforderlich, sonst kommt es zur Tiefentladung. Eine Bewertung der dauerhaften Akkuleistung kann in diesem Rahmen nicht vorgenommen werden.
 
Einmal pro Jahr sollte sie gründlich seitens der Herstellerfirma gewartet werden. Dabei können komplett neue Schneidköpfe angebracht oder nur die Klingen erneuert werden. Werden die Scheren für weitere Arbeiten im Betrieb eingesetzt, kann die Schere auf einen anderen Schneidkopf umgerüstet werden.
 

Jeder Mitarbeiter braucht seine eigene Schere

Jeder Mitarbeiter, der mit einer Elektroschere schneidet, sollte eine eigene zur Verfügung haben. Denn der Akku-Rucksack sollte mit Schulter-, Brust- und Beckengurt individuell passen. Dann wird die Schere richtig gehalten und jeder Ast kann bequem erreicht werden. Das Verbindungskabel der Schere zum Akku sollte im Sichtbereich verkabelt werden können. Ein Koffer ist aufgrund der vorgeschriebenen Transportsicherung mitzuführen. Mindestens täglich, je nach Gebrauch auch öfters, wird die Klinge geschärft. Ist die Schere ständig im Einsatz, muss die Klinge regelmäßig justiert werden. Das ist die Voraussetzung für einen sauberen und präzisen Schnitt. Das Justieren und Schärfen bedarf eine Einarbeitung und jeder Mitarbeiter sollte für die Wartung eigenverantwortlich sein.
 

Entscheidungskriterien

Grundsätzlich sollten die Punkte, die im allgemeinen Teil erläutert wurden, bei allen Scheren geprüft werden. Im Einzelnen wurden während der Testphase die Kriterien auch mündlich diskutiert. Die auffälligsten Bewertungen werden hier dargestellt. Es handelt sich jeweils nur um einen subjektiven Eindruck der sechs Tester. Deshalb werden keine Aussagen zu den Akkus gemacht. Die Leistungen können jeweils aus der Tabelle entnommen werden. Grundsätzlich wird das Akku-Set als Rucksack oder als Gürtel getragen. So verteilt sich das Gewicht gut auf Schulter und Rumpf.
 

Arvipo PS 100 lithium

Die Schere Arvipo PS 100 lithium (s. Foto 2) ist für Astdurchmesser bis 3 cm geeignet. Außer dem Schleifen ist keine Tageswartung notwendig, erst nach 490.000 Schnitten sollte sie zur Wartung gegeben werden. Beim Ein- und Ausschalten entstehen lange Wartezeiten. Der Einsatz verzögert sich, wenn die Klingenweite auf einen anderen Abstand umgestellt wird. Erst wenn ein Piepton ertönt, kann weiter gearbeitet werden. Diese Schere schlägt stark aus, die Vibration in der Hand ist unangenehm. Dicke Äste werden gequetscht. Zum Transport muss die Schere passgenau in den Behälter eingelegt werden.
 

Electrocoup F3010

Die Schere Electrocoup F3010 (s. Foto 3) zeichnet sich durch einen schlanken Griff aus. Die Griffform wird als ergonomisch empfunden. Der Akku-Betrieb wird angezeigt, ebenso werden die Schnitte mitgezählt. Das Gerät ist sehr leise. Im Einsatz schlägt sie leicht aus. Sie ist bei dünnen Ästen sehr schnell. Die Stufenöffnung der Klingenweite erfolgt direkt am Scherenkopf durch einen Schalter. Dies verzögert den Betrieb geringfügig. Das Spiralkabel sollte besser durch ein gerades Kabel ersetzt werden. Laut Herstelleranleitung soll sie alle zwei Stunden geschmiert und jede Stunde geschliffen werden. Der Akku wird am Rücken schnell warm. Der Transportkoffer beinhaltet weichen Schaumstoff mit Aussparungen, in die die Schere hineingelegt werden muss. Diese Schere kann mit weiteren Schneidköpfen und damit einhergehenden Klingenweiten umgerüstet werden. Schnittkraft wird größer.
 

Felco 820

Die Schere Felco 820 (s. Foto 4) ist sehr leistungsstark. Sie macht sehr glatte Schnitte. Das Umstellen der Klingenweite für große und kleine Astdurchmesser wird mit einem Doppelklick ermöglicht. Die Akku-Kapazität wird angezeigt. Die Schere ist schwer, liegt aber mit ihrem Schwerpunkt vorn und damit gut in der Hand.
Eine Überkopfarbeit stellt sich als sehr schwer heraus. Bei kleinen Astdurchmessern dauert es relativ lang, weil die Kolbenkonstruktion einen relativ weiten Weg zurücklegen muss. Sie muss täglich nachjustiert und geschmiert werden. Am Gehäuse waren im Fiberglas kleine Risse zu sehen. Im großen Transportbehälter ist das Verstauen der Schere mit Zubehör sehr leicht. Dies wird sehr positiv bewertet.
 

Felco 801

Die Schere Felco 801 (s. Foto 5) ist sehr leicht und für Äste bis 3 cm Durchmesser geeignet. Sie arbeitet bei dünnen Ästen schnell. Bei dickeren Ästen wird schnell kräftiger Gegendruck und Körpereinsatz notwendig.
 

Pellenc Treelion M45

Der schmale Griff mit Soft-Touch Beschichtung wird positiv bewertet, der Schwerpunkt liegt vorn, so dass sich das Gewicht gut verteilt. Die Schere hat eine Klingenweite von bis zu 45 mm, rutscht bei Ästen über 4 cm leicht ab und verursacht dann ganzen Körpereinsatz. Der Halböffnungswinkel wird vor der Arbeit programmiert und kann dann durch den orangefarbenen Hebel am Auslöser verwendet werden. Das Umstellen auf große Klingenweite erfolgt durch seitliche Bewegung des Fingers, der sonst bei jedem Schnitt nach vorn tippt. Das erfordert Übung. Der Umstellknopf für Impuls- oder progressiven Modus befindet sich am Akku-Set. Das Zubehör beinhaltet einen guten Schleifstein. Schere und Akku-Set müssen passgenau in den Transportkoffer gelegt werden. Die Firma Pellenc ist ab Juli 2015 auch mit den zwei neuen vergleichbaren Scheren Pru-nion und Vinion am Markt vertreten.
 

Stihl ASA 85

Die Schere Stihl ASA 85 (s. Foto 7) ist baugleich mit Felco 820. Die Akku-Technik unterscheidet sich. Der Brustgurt war zu weit oben angebracht und schnürt an der Kehle ein. Die Firma Stihl arbeitet mit vielen Geräten, so dass der Akku auch für weitere Geräte genutzt werden kann.
 

Ergebnisse im Einzelnen (Zusammenfassung)

Sechs Prüfer konnten im Test der Elektroscheren jeweils eine Note von eins bis vier vergeben. Die Note eins steht für sehr gut, die Note vier für ausreichend. Die zwölf Merkmale sind mit einem Bewertungsfaktor gewichtet. Dabei erhält die Griffform, Bedienung und die Gewichtsverteilung eine stärkere Bedeutung als der Rüstvorgang, die Wartung und die Akku-Handhabung. Die Testergebnisse (s. Tab. 2) zeigen eine Nutzwertanalyse mit subjektiven Kriterien.
 

Arbeitszeitanalyse

In zwei Zeitstudien konnte der subjektive Eindruck der Tester bestätigt werden. Entscheidend ist jeweils wie die Klingenweite eingestellt ist. Sie kann zwischen 30  und 45 mm betragen. Auch beeinflusst das Umstellen auf große oder kleine Klingenweite das Ergebnis. Die Schere von Arvipo, Electrocoup und die kleine Felco sind bei Astdurchmessern bis 3 cm eindeutig schneller als die große Felco und die Trillion von Pellenc. Dafür zeigt die Felco 820 und die Pellenc Treelion Leistungsstärke bei dicken Ästen. Sie eignen sich demnach besser für den Obstbaumschnitt und vor allem bei alten Bäumen. Es musste hier weniger nachgefasst werden (s. Abb. 1)
 

Auf einen Blick

Akku-Scheren können im Obstbaumschnitt eingesetzt werden. Im Test sind alle Scheren mit mindestens gut bewertet worden. Bei dünnen Ästen läuft der Betrieb bei allen Geräten zügig. Dicke Äste erfordern eine leistungsstarke Schere mit einer Klingenweite bis 45mm, die auf den Halböffnungsmodus umgestellt werden kann.
 
Die Scheren erzeugen einen glatten Schnitt. Das Gewicht der Schere ist schwerer einzuschätzen als bei pneumatischen Scheren, weil sich hier der Motor in der Schere befindet und mitgetragen werden muss. Dafür sind die Scheren leise. Sie sind schnell griffbereit und können auch einzeln verwendet werden, ohne einen aufwändigen Rüstvorgang. Das Akku-Set in Form eines Rucksacks wird bequem mitgeführt. Im ständigen Betrieb sollte der Akku täglich aufgeladen werden. Der Akku hält eine Tagesleistung vor. Sie kosten zwischen 1.500 und 1.800 € pro Gerät. (Stand: 02/2015)
 

Dank

Herzlicher Dank an die beteiligten Firmen für die Bereitstellung der Geräte und die weiteren Informationen. Ebenso haben die Prüfer wesentlich in Form der Bewertung, aber auch durch die mündlichen Beiträge zu diesem Artikel beigetragen.
 
1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.

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1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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