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Filtertechnik, 13.02.2012

TECHNIK DER TRAUBENSELEKTION/ERNTESÖNDERUNG

Die Sönderung des Leseguts ist in vielen Weinanbaugebieten zum wichtigen Instrument der Qualitätsstrategie geworden.
Die Sönderung des Leseguts ist in vielen Weinanbaugebieten zum wichtigen Instrument der Qualitätsstrategie geworden. Besonders bei blauen Trauben wird eine Selektion durchgeführt, um grüne und rote und unreife Beeren, Rappenbruchstücke, Blattstiele und -reste vor der Maischegärung zu entfernen. Aber auch die Ausscheidung von faulem Lesegut kann in ungünstigen Jahren nötig werden. Im folgenden Beitrag werden die heute gängigen Sortiersysteme mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt.
 
Frankreich und anderen romanisch orientierten Wein­bauländern wird die Selektion des Leseguts im Kelter­haus nach der Lese bevorzugt. Dies liegt daran, dass meist ungeschulte Kräfte bei der Handlese eingesetzt werden, denen man eine qualitätsorientierte Selektion nicht zutraut. Die Ernte wird dann durch Fachkräfte im Betrieb sortiert. Eine Selektion lohnt sich aber nur, wenn die erzielte Qualität auch einen deutlich höheren Preis löst.
 

Aufwand für Sönderung lohnt sich zunehmend

Seit einigen Jahren wird aus Kostengründen die maschi­nelle Lese ausgeweitet. Das Lesegut wird dann mit einem erfahrenen Team im Kelterhaus selektioniert. Vorausset­zung ist allerdings, dass das Material nicht zu stark gelit­ten hat. Neben roten Trauben werden heute auch weisse Trauben gesöndert, wenn sie ungleichmässig ausgereift sind. In Deutschland, wo die Probleme mit faulen Trau­ben eher zunehmen, wird die Selektion im Kelterhaus erst seit einigen Jahren praktiziert, da die «negative Vor­lese» oder die Selektion bei der Lese zuvor als ausrei­chend angesehen wurden. Dies hat sich aber durch die heutige Produktion von Spitzenweinen mit langen Reife­zeiten und einem demzufolge kurzen Lesezeitfenster ge­wandelt. Ebenso nimmt der Stellenwert einer speditiven Lese in Jahren mit ungünstigen Witterungsbedingungen zu. Aus önologischer Sicht ist es verwunderlich, dass die Selektion so lange so wenig Aufmerksamkeit auf sich zog. Aus ökonomischer Sicht ist dies bei einer eher schlechten Erlössituation verständlich. Mit dem guten Preis, der heute im Topsegment erzielt wird, steigt die Bereitschaft, mehr in die Sönderung zu investieren.
 

Technische Selektionsmöglichkeiten

Die technischen Sortiereinrichtungen haben sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Je nach In­vestitionsbereitschaft gibt es heute Geräte, die von der einfachen Unterstützung der Handselektion bis hin zu Einrichtungen für die automatische, optisch gesteuerte Auslese reichen. Da drastische mechanische Beanspru­chungen vor der Selektion unerwünscht sind, erfolgt der Transport der Trauben zwischen den Stationen der Selektionseinrichtung meist per Förderband oder durch Vibrationseinrichtungen.
 

Vorwärts geschüttelt und separiert

Der Einsatz eines Vibrationstisches ist vor oder nach der Abbeermaschine möglich. Er soll das Lesegut verteilen, und wenn möglich vereinzeln, und es dem folgenden Verarbeitungsschritt kontinuierlich zuführen. Nach dem Abbeeren können je nach Ausführung verbliebene Stiele und Rappenbruchstücke durch Gitter von den Beeren getrennt und entfernt werden. Vibrationstische mit durchgehender Oberfläche dienen nur der Vereinzelung. Rütteltische mit Gittern werden auch zur Abtrennung von Pflanzenresten genutzt.
Der obere Teil des Geräts wird von zwei frequenzglei­chen Motoren in Schwingung versetzt. Die Schwin­gungsamplitude kann durch ein Regelgetriebe einge­stellt und an das Lesegut angepasst werden. Durch die Schwingungen sollen leichtere Bestandteile von den Beeren getrennt werden und dank ihrer Grösse über das schräggestellte Gitter zum Ausgang hüpfen. Die Beeren fallen durch den Gitterrost und werden durch eine Flach­muldenpumpe oder ein Band weggefördert. Die Leis­tung des Geräts liegt bei maximal 30 Tonnen pro Stunde. Am Anfang befindet sich eine Entsaftungszone, damit der Saft den Trennvorgang nicht stört. Das Gerätechassis ist durch Dämpfer abgesetzt und vibriert nicht.
Unsere Versuche mit Chardonnay verliefen beim Vibrationstisch mit Gitter eher enttäuschend. Die Ein­stellung war kaum zu optimieren und eine grössere Zahl kleiner Bruchstücke und Blattstiele fielen durch. Die Anzahl der Blattstiele war bei diesem Versuch zwar ge­ring. Kleinere Stiele wurden aber durch das Gitter nicht zurückgehalten. Auch sehr kleine Rappenstücke fallen durch. Nur grössere Teile werden bis ans Ende des Gitters transportiert.
 

Manuelle Sortierung am Selektionstisch

Die manuelle Sortierung besitzt derzeit noch die grösse­re Bedeutung. In der Regel wird der Selektionstisch nach der Abbeermaschine aufgestellt. Ein Teil der Sortierti­sche ist heute noch lediglich mit einem einfachen um­laufenden PVC-Band bestückt. Es kann perforiert sein, wenn der Saft entfernt werden soll. Bevorzugte Farben des Bands sind pastellgrün, beige oder grau. Es darf nicht reflektieren und muss einen kontrastreichen Hintergrund bieten. Der Tisch hat eine Breite von 0.8 m. Seine Länge hängt von der Personenzahl ab, die zum Sortieren zur Verfügung stehen. Dabei werden die Sor­tierer beidseitig im Abstand von 80 cm versetzt aufge­stellt. Je nach Zustand des Leseguts werden sechs bis zehn Personen pro Band eingesetzt. Zur Berechnung der Sortiertischlänge gilt: Länge = 0.8 m x (Anzahl Perso­nen/2 + 0.5 m)
Man rechnet sechs bis zehn Personen für acht Tonnen Lesegut pro Stunde bei einer Länge von 4 m. Die Sortier­tische besitzen einen Regelantrieb zur Geschwindig­keitssteuerung, eine Höhenverstellung und die Möglich­keit zur Anpassung des Bandwinkels. Die Bandge­schwindigkeit wird auf 8 bis 10 m/min eingestellt. Die Höhe des Tisches sollte 0.85 m betragen. Meist sind die Tische in einem Winkel von 5 bis 10% zum Ende hin an­steigend eingestellt, um Höhe zu gewinnen.
In Betrieben, die rigoros sortieren, wird mit zwei Bändern gearbeitet. Ein Vorleseband mit vier bis sechs Personen und ein Tisch zum Nachsortieren mit zwei bis drei Mitarbeitenden. Wo Mengen über zwölfTonnen verarbeitet werden, müssen zwei Sortiertische parallel angeordnet werden
 

Vibrierende Selektionstische

Moderne Selektionstische werden heute aber meist ebenfalls als Vibrationstische geliefert. Sie haben die gleiche Form und Grösse wie Tische in Bandausführung, werden aber durch die Vibration von zwei Exzentermo­toren in Schwingung versetzt. Das Lesegut bewegt sich auf einer Ebene vorwärts. Die Tische sind zu diesem Zweck gegen das Ende hin leicht geneigt. Je stärker die Neigung, umso höher die Vorwärtsbewegung. Durch eine (optionale) Lochung der Fläche kann der Saft durch­treten. Die Vibration vereinzelt das Lesegut, wenn nicht zu viel aufgegeben wird. Auf der Tischfläche sind beid-seitig Rinnen, durch die das aussortierte Material den Abfallbehältern zugeführt wird.
 

Auswirkungen auf die Qualität

Der Effekt des Sortierens nach Vollernterlese wurde von Vissonneau und Vergnes in Blanquefort in den Jahren 1998 und 1999 an Merlot und Cabernet franc untersucht. Sie fanden im Lesegut 2 bis 4% unerwünschte pflanzliche Anteile. Wenn auch eine gut eingestellte Abbeermaschi­ne nach unseren Resultaten viele solche Pflanzenteile entfernt, gelingt ihre weitgehende Entfernung erst beim Sortieren.
Das Sortieren vor oder nach dem Abbeeren reduzier­te bei Versuchen in Bordeaux 1998 den Gehalt an Pflan­zenresten um 20 bis 30% im Vergleich zum einfachen Abbeervorgang. 1999 konnte das Ergebnis bei schlech­tem Lesegut von Cabernet franc auf 57% gesteigert werden, da die Abbeermaschine in diesem Fall keine befriedigenden Ergebnisse lieferte.
Untersucht man den Anteil der unzerstörten Beeren nach verschiedenen Geräteanordnungen, lassen sich daraus Rückschlüsse aufdie mechanische Belastung des Leseguts beim Sortieren ziehen. So sinkt der Anteil gan­zer Beeren, wenn das Verlesen vor der Abbeermaschine durchgeführt wird. Der Anteil zerstörter Rappen verän­dert sich jedoch nicht. Alle Beobachtungen unter den Versuchsbedingungen in Frankreich mit überwiegend gesundenTrauben sprechen für den Einsatz des Sortier­bands nach der Abbeermaschine oder dann für eine Lösung mit Sortierung vor und nach der Abbeermaschi­ne. In Deutschland könnte sich der Einsatz vor der Ab­beermaschine lohnen, da hier oft edelfaule Trauben und verschiedene Reifegrade verlesen werden müssen. Auch Lesegut aus der mechanischen Lese kann vor der Ab­beermaschine grob vorselektiert werden. Grundsätzlich darf vor der Selektion nicht gepumpt werden.
 

Mengenanteile und Kosten

Die Zusammensetzung der Pflanzenreste variiert in Abhängigkeit vom Sortierpunkt. Vor dem Abbeeren wer­den viele Blätter, Bruchstücke und faule Beeren ausge­schieden. Dabei lassen sich vor allem grüne, faule und edelfaule Trauben gut unterscheiden, bevor sie in der Abbeermaschine teilweise zerschlagen und vermischt werden. Nach der Abbeermaschine wurden nur noch Rappenbruchstücke und Blattstiele aussortiert.
Durch Entfernen des Safts und Verteilung des Lese­guts vor der Abbeermaschine wurde das Ergebnis hin­sichtlich Sauberkeit signifikant verbessert. Eine Hoch­rechnung für blaue Trauben zeigt, dass bei einem Anteil von 1% des Leseguts, der zusätzlich selektioniert wird, immerhin 75 kg Pflanzenreste auf 10 000 kg ausgelesen werden.
Die Kosten der Sortiertische von 7000 bis 15 000 Euro werden zumindest teilweise durch die eingesparten Kosten der maschinellen Lese wettgemacht. Allerdings müssen gegebenenfalls auch die Kosten für den Sortier­raum berücksichtigt werden.
 

Automatische Sortiersysteme: Mistral und Tribaie

Mit dem Selektionssystem «Tribaie», das in Frankreich durch Amos Distribution vertrieben wird, und der klei­neren, weniger aufwendigen «Mistral» von Vaucher-Beguet sind seit einigen Jahren automatische Sortieran­lagen mit unterschiedlicher Arbeitsweise aufdem Markt [siehe Abbildung 2] und [siehe Abbildung 3]. Die «Mistral 100» und «140» mit entspre­chenden Tischbreiten in cm umfassen einen Vibrations­tisch, eine Gebläse-Einheit und ein Förderband zum Ab­transport der sortierten Trauben. Wie der Name Mistral andeutet, handelt es sich dabei um Anlagen, die zur Abtrennung unerwünschter Pflanzenteile einen starken Luftstrahl einsetzen, der durch eine Schlitzdüse gebün­delt wird. Das vorentsaftete und abgebeerte Lesegut wird auf dem Rütteltisch verteilt und durch ein Gitter vorsortiert. Am Tischende fällt das Lesegut durch den ge­bündelten Luftstrahl, der die leichten Gewebeteile weg­bläst, während die schweren gesunden Beeren senkrecht nach unten fallen und durch ein Band abtransportiert werden. Der Wirkungsgrad soll bei 95% liegen. Je nach Einstellung des Luftstrahls ist auch die Ausscheidung fauler Beeren möglich.
 

Most statt Luft

Die deutlich grössere und teurere «Tribaie» ist eine auf­wendige Anlage, die auf mehreren Etagen verschiedene Systeme zur Sönderung unerwünschter Erntebestand­teile vereint. Neu ist, dass auch der zirkulierende Most zur Abtrennung eingesetzt wird. Zunächst werden die groben Pflanzenteile durch vibrierende Gitter und ebe­ne Flächen abgetrennt. Im Anschluss laufen die Beeren über eine Walze, über deren Oberfläche gesunde, feste Beeren hüpfen und der positiven Selektion zugeführt werden. Geplatzte und mit Botrytis befallene Beeren bleiben an der Walze kleben und werden in den Aus­schuss befördert. In der letzten Stufe werden mit dem Most in einer densimetrischen Abscheidung die leichte­ren grünen Beeren von den schwereren reifen Beeren getrennt.
 

Optische Selektion

Nachdem in den vergangenen Jahren bei der optischen Sortierung des Leseguts grosse Fortschritte erzielt wurden, bieten nun fast alle namhaften Hersteller ein sol­ches System an. Die «Vistalys» von BucherVaslin soll laut Firmenangabe die Mehrzahl der weltweit einhundert ver­kauften Anlagen dieses Gerätetyps stellen [siehe Abbildung 4]. Die Sortieranlage «X-TRI» von Defranceschi, aber auch die «Selectiv' Process Vision» von Pellenc arbeiten nach dem gleichen Prinzip: Das Lesegut wir nach dem Abbeeren mittels eines Rütteltisches möglichst vereinzelt und auf ein Band aufgebracht, das die Beeren, Blattstiele und Bruchstückestarkbeschleunigt. DurchKameras wirdder Tisch optisch erfasst, negative Lesegutbestandteile werden aufgenommen und ihre Position am Tischende berechnet. Bei Vaslin-Bucher erfolgt die Erfassung sogar erst am Ende des Tischs. Dort blasen auf einer Leiste montierte Luftdüsen negative Bestandteile wie unreife oder faule Beeren in dem Moment weg, in dem sie das Band verlassen und das Lesegut sich quasi im freien Flug befindet.
 

Eher für die Grossen ...

Die optische Erkennung wird über einen Bildschirm eingestellt. Da der Sortierung immer eine Abbeerma­schine vorangeschaltet ist, funktioniert sie sehr gut bei roten Rebsorten mit gesunden, harten Beeren. Auch die Sortierung von faulem Lesegut soll relativ unproblema­tisch sein. Die Preise für diese Geräte liegen zwischen 100 000 und 200 000 Euro. Die Stundenleistung schwankt sehr stark und hängt vom Zustand des Leseguts und der gewünschten Trennschärfe ab. Zielgruppe sind grössere Betriebe, auch Genossenschaften sowie Lohnbetriebe in Regionen mit grossem Sönderbedarf. Für kleinere Betriebe ist derzeit die Sortierung von Hand bei deutlich geringeren Investitionskosten sinnvoller. Geräte wie die «Mistral» oder «Tribaie» sind im Verhältnis zu teuer und werden eventuell von der Weiterentwicklung bei den optoelektronischen Systemen überholt.
 

Neue Generation Bucher Vaslin

Bucher Vaslin stellte 2010 in Bordeaux mit der «Delta R1 Vistalys» bereits die nächste, kleinere und preiswertere Generation der optischen Sortierung vor, die je nach Aus­stattung etwa 100 000 Euro kostet. Das Gerät ist deutlich verkleinert und besitzt statt dem grossen Beschleuni­gungsband lediglich eine Trommel, über die das Lesegut geführt wird. Es soll durch spezielle Bürsten an der Abgangsseite der Trommel gehalten und so zur Fallstrecke   gebracht werden, die nur wenige Zentimeter lang ist und  durch ein optisches System kontrolliert wird. Der Austrag erfolgt innerhalb von Sekundenbruchteilen nach der Er-
fassung ebenfalls durch Luftdüsen.
 
Literatur
Bertrand-Motard C., Maron J.-M. etVinsonneau E.: «Tri de la vigne - Tri de la reception», Journal International des Sciences de la Vigne et du Vin, 215-222, 2001.
Jacquet P.: «Les tables de tri», Journal International des Sciences de la Vigne et du Vin, 27-32,1995.
N.N.: «Equipements de tri et d'eraflage de la vendange», ITV France, Materiels et installations vinicoles, 35-41,1997.
Vinsonneau E. et Vergnes M.: «Etude de l'efficacite du tri sur differentes chaines de reception en recolte mechanique», ITV France, CA 33 Service Vin 37-50,2000.
 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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