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CA- & Kältetechnik, 20.11.2017

Möglichkeiten der Heidelbeerlagerung

Die Heidelbeere ist für Anbauer und Vermarkter eine bedeutende Marktfrucht. Von den jährlich ca. 6.000–7.000 t, die in Deutschland über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) abgesetzt werden, kommen um die 85 % aus niedersächsischer Produktion. Über 100 Betriebe produzieren hier auf ca. 1.500 ha Heidelbeeren.
Dabei verliert die Heidelbeere zunehmend ihren Status als reine Saison-Frucht. Eine Ernte und deren Vermarktung bis spätestens zum Folgetag, dabei oftmals ohne nennenswerte Kühlung, wird von immer weniger Betrieben durchgeführt. Denn diese Vorgehensweise führt unweigerlich zur Haupterntezeit zu stetig sinkenden Marktpreisen aufgrund von Mengenüberangeboten. Zudem werden so auch die Forderungen der Abnehmer nach gleichbleibender Fruchtqualität nicht erfüllt.
 
Gleichmäßig gute Qualitäten ernten und dabei die Mengen dem Bedarf des Marktes anpassen können – dies sind die Herausforderungen der Zukunft. Zumindest Letzteres ist durch Anwendung der aktuellen Kenntnisse zur Lagerung von Heidelbeeren erfüllbar.
 
Temperaturabsenkung
Wie bei allen zu lagernden Früchten oder Pflanzenteilen ist die Basis jeder zeitlichen Streckung von Qualitätsveränderungen – und dies ist der Kern der Lagerung – eine dem Kühlgut angepasste Temperaturabsenkung. Zusätzliche Bedeutung erlangt eine schnelle Fruchttemperaturabsenkung durch die Kirschessigfliege. Deren Eier und Larvenentwicklung wird bei Temperaturen unter +2 °C deutlich verlangsamt bzw. eine mehrtägige Einwirkungsdauer lässt sie absterben. 
 
Die Heidelbeere ist wenig temperatursensibel. Der um die 10 % liegende Zuckeranteil der reifen Frucht schützt die gelagerten Beeren vor Kälteschäden. Die empfohlene Lufttemperatur von durchschnittlich –0,5 °C im Kühllager wird von allen bisher getesteten Sorten vertragen. Erst unter –1,0 °C sind Kälteschäden beobachtet worden. Geschädigte Früchte werden im Aussehen stumpf-grau und welken. Gefährdet sind besonders grünreif geerntete Beeren, deren Zuckerwert noch deutlich unter 10 % liegt.
 
– Schnellabkühlung
Beerenobst ist „schnell“ in seiner Weiterentwicklung nach der Ernte. So ist es bei der Heidelbeerkultur zunehmend üblich, mittels kanalisierter Lüftführung durch die Erntesteigen hindurch je nach Kraft der Kälteanlage bzw. der eingesetzten Ventilatoren eine gezielte und schnelle Temperaturabsenkung durchzuführen. Mit einem Durchsatz von ca. 2.000 m3 Kaltluft pro Palette wird bei der Schnellabkühlung gerechnet. 
 
Für die Gleichmäßigkeit der Temperaturabsenkung ist jedoch die Schütthöhe der Beeren in den Lagersteigen entscheidend wichtig. Für eine gute Durchdringung sind 3–4 cm einzuhalten. Bei 12 cm Höhe der Steige bleibt dann ausreichend Leervolumen, so dass auch mehrere Paletten hintereinander relativ gleichmäßig mit der Kaltluft durchströmt werden können. In Praxisbetrieben ist eine Schnellabkühlung der Beeren von der zum Teil sehr hohen Erntetemperatur auf unter 10 °C innerhalb von einer Stunde üblich, binnen zwei Stunden auch auf unter 2 °C.
 
– Kühlung (auf Vermarktungstemperatur oder auf Lagertemperatur)
Beide genannten Temperaturschwellen nach der Schnellabkühlung sind für die Lagerung und Vermarktung der Beeren von Bedeutung. 
 
Bei 8–10 °C ist eine Lagerung über wenige Tage möglich und sinnvoll, wenn der Lagerraum zur Disposition der Erntemengen vorgesehen ist. Eine Tauwasserbildung auf den zur Vermarktung herausgenommenen Beeren tritt kaum auf bzw. ist durch Umwickeln der Verkaufspalette mit Stretch-Folie in Grenzen zu halten.
 
Bei einer geplanten Lagerung von über einer bis maximal drei Wochen ist die Temperatur auf –0,5 °C einzustellen. Eine höhere Temperatur verkürzt automatisch die mögliche Lagerdauer. Tauwasserbildung ist dann nur vermeidbar, wenn die  Temperatur von zum Verkauf anstehende Paletten im separaten „10 °C-Raum“ binnen ein bis zwei Tagen ansteigen kann oder wenn umwickelte Paletten mehrere Stunden Anfahrt zum Markt haben und u. U. eine gewisse Tauwasserbildung seitens der Kunden toleriert wird. Generell muss die Umwicklung im kalten Lagerbereich erfolgen, bevor sich Tauwasser bilden kann. Da die Tauwasserbildung nach physikalischen Grundsätzen abläuft, ist sie mittels einer Tauwasser-Tabelle (s. Tab. 1) vorhersagbar bzw. deren Vermeidung durch entsprechende Temperaturanhebung der Marktware möglich.
 
Veränderung der Luftzusammensetzung (= CA-Lager)
Mehrwöchige Lagerzeiten sind nur in Kühllagern möglich, deren Luftzusammensetzung gezielt verändert und auf vorgegebene Sollwerte für Sauerstoff- (= O2) und Kohlendioxydgehalt (= CO2) geregelt werden. Grundsätzlich muss für diese anspruchsvolle Form der Heidelbeerlagerung sehr viel Wert auf schonende Ernte bei trockenem Wetter und zum „richtigen“ Reifezeitpunkt gelegt werden. Optimal sind gleichmäßig entwickelte Beeren der zweiten und Folgepflücken mit nur knapp genussreifem Reifegrad. Im Lager färben diese Beeren noch nach und verbessern auch ihren Geschmack. Voll genussreife Beeren sind für CA-Lagerung ungeeignet, da sie weich werden und auch fäulnisanfällig sind. Daher sind späte Pflücken zunehmend von der CA-Lagerung auszuschließen.
 
– Kleinmengen in PE-Beuteln
Für Praxisbetriebe, die über keine gasdicht gemachten Kühlräume verfügen, bietet sich eine CA-Lagerung in PE-Beuteln an. Diese werden im Kühlraum aufgebaut und nach dem Befüllen gasdicht verschlossen. Um die 200 kg Ware kann ein jeder Beutel aufnehmen. Da ein erforderliches Messgerät für O2 und CO2 einen Preis von ca. 1.900,– 7 plus MwSt. hat, sind mehrere Beutel zusammengeschlossen in einem Ringsystem oftmals die wirtschaftlichste Methode. Im Ringsystem sind die einzelnen Beutel separat an- und abzubauen. Alle angeschlossenen Beutel befinden sich in einem Kreislauf mit einheitlichem Wert für O2 und CO2. Der Sauerstoff wird durch die Fruchtatmung ständig abgebaut und bei ca. 2 % durch Nutzung von Pressluft relativ konstant gehalten. Der Kohlendioxyd-Gehalt steigt durch die Fruchtatmung und wird durch chemische Bindung an Hydratkalk [Ca (OH)2], welcher entweder im Ringsystem mit einem 25 kg-Sack in einem eigenen Beutel angeschlossen ist oder aber im Einzelbeutel in einer 5 kg-Tüte mit eingelagert wird, auf einem niedrigen Gehalt von 1–5 % gehalten. Für Kleinmengenvermarkter ist dies ein gangbarer Weg, wie Praxiserfahrungen zeigen. Optimale Regelwerte für O2 und CO2 sind jedoch kaum längerfristig machbar, so dass Abstriche in der Dauer der Lagerzeit gemacht werden müssen.
 
– Ca-Lagerräume
Etabliert hat sich in der Lagerhaltung von Heidelbeeren die CA-Lagerung in gasdichten Kühlräumen. In Aufbau und Ausstattung sowie der Handhabung sind diese Lager gleich wie die schon seit Jahrzehnten bekannten Apfel-CA-Lager. Eine Auslagerung guter marktfähiger Ware wird in der Praxis mit einem O2–Sollwert von nur 1,0 % und einem ebenfalls bei 1,0 % eingestellten CO2-Wert erzielt.
 
Sortenerfahrungen zu „sicherer CA-Lagerzeit“ lassen sich derzeit wie folgt zusammenfassen: 
  •  ‘Duke’ mit 7 Wochen; 
  •  ‘Bluecrop’ als sehr weiche Hauptsorte eher nur 3 Wochen; 
  •  ‘Liberty’, ‘Draper’ und ‘Legacy’ jedoch 7–9 Wochen. 
 Aktuelle Lagerversuche zielen auf Fragen zum „optimalen“ CO2-Sollwert hin, da der jetzige empfohlene Wert von 1,0 % für die installierte Lagertechnik nur aufwendig zu halten ist. Höhere Gehalte sind einfacher zu regeln. Jedoch ist aus vielen abgeschlossenen Versuchen bekannt, dass CO2-Werte von 10,0 % und höher einen negativen Einfluss auf das Fruchtaroma sowie die Festigkeit und Konsistenz der Beeren haben. 
 
Ebenfalls noch ungeklärt sind ggf. vorhandene Empfindlichkeiten besonders neuerer Sorten.

Zusammenfassung
Fazit

Erfolgreiche Heidelbeerlagerung beginnt weit vor den Türen der Lagerräume. Je länger man lagern möchte, um so gezielter muss die Lagerware erzeugt werden. Für die CA-Lagerung muss sie unter trockenen Wetterbedingungen ohne Fruchtbeschädigungen möglichst direkt in die Lagersteige mit geringer Füllhöhe geerntet werden. Der Reifegrad der Beeren muss einheitlich knapp reif sein. Anteile fauler bzw. schon überreifer Beeren müssen vermieden werden – eine Vorsortierung vor der Einlagerung ist nachteilig und erfolgt daher nicht. Eine Schnellabkühlung und das Einregeln der –0,5 °C Soll-Temperatur sind Voraussetzung für die dann nachfolgende Einstellung der CA-Werte. Eine schnelle Temperaturabsenkung der geernteten Beeren wirkt zusätzlich den Auswirkungen eines möglichen Kirschessigfliegenbefalls entgegen.
In der Auslagerphase wird die Temperatur der Ware entsprechend den Erfordernissen der Tauwasservermeidung angehoben, dann sortiert und marktfertig gemacht. 

Über den Autor
Rolf Kirchhof,
Obstbauversuchsring des Alten Landes e.V., Lagerberatung,
Moorende 53, 21635 Jork,
Tel.: 04162 6016103,
E-Mail: rolf.kirchhof@esteburg.de

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1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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