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Streifenpflegegeräte, 25.11.2017

Kosten der herbizidfreien Unterstockpflege

Über die Alternativen zum Herbizideinsatz im Unterstockbereich von Reben wird aktuell viel geschrieben und gesprochen. Dabei geht es in der Regel um die Arbeitsqualität und die Vor-und Nachteile von mechanischen Systemen. Dieser Bericht soll eine Übersicht über die Kosten der unterschiedlichen Verfahren bieten und als zusätzliche Entscheidungsgrundlage dienen.
 
Die Regulierung des Unterstockbewuchses zum Erhalt oder zur Verbesserung der Traubengesundheit ist ein wesentlicher Teil der weinbaulichen Pflegemassnah­men. Die bisher gängigste Praxis bei IP-Weinbaubetrieben ist der Einsatz von Herbiziden im Unterstockbe­reich. Kontrovers diskutierte Studien über mögliche Gesundheits- und Umweltgefahren im Zusammen­hang mit dem häufig verwendeten Wirkstoff Glyphosat haben eine öffentliche Auseinandersetzung über des­sen Weiterverwendung ausgelöst. In Rahmen dieser Debatte werden aktuell viele Alternativen zum Herbi­zid entwickelt und miteinander verglichen. So konnte man in letzter Zeit viel über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme lesen, sehen oder hören. Bei der Suche nach der geeigneten Variante für den eigenen Betrieb spielen jedoch neben der Arbeitsqualität vor allem auch die Verfahrenskosten eine wichtige Rolle. Im Vorfeld einer Präsentation an den Wädenswiler Weinta­gen hat sich ein Teil der Studenten des Lehrgangs HF Weinbautechniker mit dem Thema Kosten der herbizid­freien Unterstockpflege auseinandergesetzt.
 

Varianten und Versuchsansatz

Vorgaben:  
Berechnungsbasis
Parameter
Erziehungssystem Direktzug
Reihenabstand / Stockabstand 2 m / 1 m
Betriebsflächen 2.5 ha, 5 ha, 10 ha, 15 ha
Auslastung Zugfahrzeug (Knicklenker) 60 h/ha/Jahr
Lohnansatz Winzer/ Maschinenführer Fr. 28.00/h
Lohnansatz Hilfskraft Fr. 24.50/h

Aus den unzähligen Geräten und Möglichkeiten zur Regulierung der Unterstockbegrünung wurden sieben Varianten ausgewählt und ihre Verfahrenskosten berechnet. Sämtliche Zahlen, Werte und Daten stammen aus eigenen Erhebungen beziehungsweise von ver­schiedenen Landmaschinenhändlern. Um die Verglei­che zu vereinfachen, wurden weder Rüst- noch Wende­zeiten berücksichtigt. Dies bedeutet, dass die reine Arbeitszeit aufgrund der Arbeitsgeschwindigkeit und der Anzahl Durchgänge pro Jahr in die Bewertung ein­bezogen wurde. Als Zugfahrzeug diente - mit Aus­nahme der Variante Bioliner - ein 55 PS-Knicklenker. Die Berechnungsgrundlagen sind in der Tabelle zu­sammengefasst.
 

Fadenmäher

Eine verbreitete Variante der Unterstockpflege ist der Fadenmäher (Abb. 1). Das Gerät kostet in der Anschaf­fung Fr. 1500.-. Im Gegensatz zu den restlichen Varian­ten muss für die Arbeit mit dem Fadenmäher kein aus­gebildeter Winzer oder Maschinenführer eingesetzt werden. Die Arbeit kann durch eine Hilfskraft mit einem tieferen Stundenansatz erledigt werden. Der Arbeitsaufwand beträgt im Durchschnitt 60 Std. pro Hektare bei zwei Durchgängen im Jahr.

 
Hackgerät einseitig und zweiseitig

Das einseitige Hackgerät (Abb. 2) ist in der Anschaf­fung mit Fr. 10'500.- deutlich günstiger als die zweisei­tige Variante (Abb. 3), die Fr. 23'000.- kostet. Um unbe­arbeitete Stellen hinter dem Rebstock zu vermeiden muss mit dem einseitigen Hackgerät jedoch bei jedem Arbeitsgang jede Reihe doppelt durchfahren werden. Erfahrungsgemäss sind mit dem Hackgerät im Schnitt 2% Durchgänge pro Jahr notwendig. Bei einer Arbeits­geschwindigkeit von 2.5 km/h ergibt sich somit ein jährlicher Aufwand von 10 h/ha mit dem einseitigen und 5 h/ha mit dem zweiseitigen Hackgerät. Bei der Anschaffung stellt sich somit ausserdem die Frage, ab welcher jährlich bearbeiteten Fläche sich eine zweisei­tig einsetzbare Maschine lohnt.
 

Flachschar

Ein Geräterahmen mit doppelseitiger Flachschar (Abb. 4) kostet in der Anschaffung Fr. 12'000.-. Erfah-rungsgemäss sind mit der Flachschar im Schnitt 3,5 Durchfahrten pro Jahr notwendig. Bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 2,5 km/h beträgt der jähr­liche Aufwand somit rund 7 h/ha.


Bioliner

Der Bioliner ll (Abb. 5) kostet in der Anschaffung Fr. 15'000.-. Erfahrungsgemäss muss im Schnitt mit drei Durchfahrten pro Jahr gerechnet werden. Bei ei­ner Fahrgeschwindigkeit von 3,5 km/h beträgt der jährliche Aufwand 4,3 h/ha. Der 55-PS-Knicklenker stösst mit dem Bioliner II leistungsmässig an seine Grenzen, aus diesem Grund wurde für diese Variante ein 70-PS-Knicklenker berechnet.
 

Roll- und Fingerhacke

Die Kombination von Roll- und Fingerhacke (Abb. 6) ist verbreitet. Durch die unterschiedliche Arbeitsweise ergänzen sich die beiden Systeme optimal und führen damit im kombinierten Einsatz zu einer sauberen Arbeit. Die doppelseitige Kombination an einem Ge­räterahmen kostet in der Anschaffung Fr. 9600.-. Pro Jahr sind im Schnitt 3,5 Durchfahrten notwendig. Bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 6 km/h beträgt der jährliche Aufwand 3 h/ha.
 

Unterstockmulcher

Um den Unterstockmulcher (Abb. 7) mit den übrigen Varianten zu vergleichen, wird bei dieser Variante der Aufwand für die Bearbeitung der Fahrgasse abgezo­gen. Dazu wurden die Kosten für die Arbeit mit dem Unterstockmulcher und mit einem normalen Mulcher separat berechnet. Die Differenz zwischen Unterstockmulcher und normalem Mulchgerät entspricht den Mehrkosten, die aufgrund der Bearbeitung des Unter­stockbereichs anfallen. Der Anschaffungspreis eines Unterstockmulchers beläuft sich auf Fr. 8500.- für ei­nen normalen Mulcher werden Fr. 6700.- eingesetzt. Beim alternierenden Mulchen wird pro Jahr jede Reihe im Schnitt dreimal gemulcht. Die Arbeitsgeschwindig­keit muss von 5,5 km/h beim normalen Mulchgerät auf 3 km/h mit dem Unterstockmulcher reduziert wer­den. Dadurch vergrössert sich der jährliche Arbeits­aufwand beim Mulchen durch die Bearbeitung des Unterstockbereiches von 2,7 h/ha auf 5 h/ha.

 
Herbizidaufbausprize

Eine 50-L-Herbizdispritze (Abb. 8) ist ab Stange mit Elektropumpe und Düsenkörpern für Fr. 2600.- er­hältlich. Die Aufbauspritze ist auf verschiedene Maschinen aufbaubar und kann somit problemlos mit anderen Arbeiten kombiniert werden, ohne deren Arbeitsgeschwindigkeit einzuschränken. Der Zusatz­aufwand zum Nachfüllen der Spritze wurde mit jähr­lich 45 min/ha berechnet. Für die Herbizidkosten wur­den zwei Applikationen, jeweils eine mit Glyphosat und eine mit Glufosinat, gerechnet.
 

Berechnungsbasis und Resultate

Für die Kalkulation der Maschinen- und Traktorkosten wurde das Berechnungstool von Agroscope: «Tracto-Scope 2016» (www.maschinenkosten.ch) unter Einbe­zug der eigenen Daten und Werte verwendet. Die Verfahrenskosten setzten sich aus den Aufwendungen für die Maschine, den Traktor und den Lohnkosten zu­sammen. Die Berechnungen wurden für Betriebsgrössen von 2.5, 5, 10 und 15 Hektaren durchgeführt. In Abbildung 9 sind die Verfahrenskosten der ein­zelnen Varianten bei unterschiedlichen Betriebsgrössen pro Hektare und Jahr dargestellt.
Die in Abbildung 9 dargestellten Verfahrenskosten zeigen, dass der Herbizid-Einsatz bei einer Betriebs­fläche von 15 ha mit Fr. 83.35 pro ha die tiefsten Kosten pro Jahr verursacht. Am anderen Ende der Skala steht die Variante «Fadenmäher», bei der unabhängig von der Rebfläche (2.5 ha bis 15 ha) immer dieselben Kos­ten von Fr. 2154.- pro ha anfallen. Die hohen Kosten sind hauptsächlich auf die vielen Arbeitsstunden zu­rückzuführen. Aufgrund der sehr hohen Auslastung des Fadenmähers ist bereits bei 2.5 ha keine wei­tere Reduktion der Maschinenkosten durch stärkere Auslastung möglich. Bei den restlichen Verfahren neh­men die Kosten pro Hektare bei steigender Betriebs-grösse ab. Von den untersuchten Alternativen zum Herbizid ist der Unterstockmulcher mit Fr. 136.75 pro ha bei einer Betriebsfläche von 15 ha die günstigste Variante. Bei den Unterstock-Hackgeräten besteht bei einer Betriebsfläche von fünf Hektaren Kostengleich­heit zwischen dem ein- beziehungsweise zweiseitig einsetzbaren Gerät. Dies bedeutet, dass sich die An­schaffung eines zweiseitigen Hackgeräts erst ab einer Betriebsfläche über fünf Hektaren lohnt.


Mehrkosten pro Flasche Wein

In einem weiteren Schritt wurden die Mehrkosten ei­nes Maschineneinsatzes pro Flasche Wein im Ver­gleich mit dem Herbizideinsatz berechnet. Dazu wur­den von den Kosten pro Flasche Wein der Aufwand ab­gezogen, der bei der Herbizidanwendung angefallen wäre. Als Grundlage wurde ein Ertrag von 8000 Fla­schen/ha angenommen (800 g/m2). In Abbildung 10 sind die Mehrkosten pro 75-cl-Flasche für die unter­schiedlichen Verfahren bei unterschiedlichen Betriebsgrössen (2.5 bis 15 ha) dargestellt.
Aus Abbildung 10 geht weiter hervor, dass die Mehr­kosten der mechanischen Verfahren gegenüber dem Herbizideinsatz zwischen Fr. 0.01 und Fr. 0.26 pro 75-cl-Flasche liegen.
 

Fazit

Die sieben untersuchten Verfahren decken eine grosse Kostenbandbreite ab. Dabei ist der Herbizid-Einsatz die kostengünstigste Variante, gefolgt vom Unterstockmulcher. Die Resultate der Untersuchung sind stark abhängig von den Berechnungsannahmen: Die Kosten für ein Verfahren können sich stark verschie­ben, beispielsweise durch Erhöhung oder Verringe­rung der Fahrgeschwindigkeit oder durch Kombina­tion der Unterstockräumung mit anderen Arbeiten. Neben den Systemkosten spielt bei der Anschaffung vor allem die Arbeitsqualität eine wichtige Rolle. Bei
ungenügender Arbeitsqualität aus Sicht des Betriebs werden die Anschaffungkosten zweitrangig, da in diesem Fall ohnehin zu hoch. Neben den Mehrkosten der herbizidfreien Verfahren besteht möglicherweise aber ein gewisser Marketings-Mehrwert und Verkaufsnutzen, wenn die Kunden bereit sind, einen höheren Preis für den Wein zu bezahlen.     
                                  

Literatur
Maschinenkosten 2016,
Agroscope: https://www.agroscope. admin.ch/agroscope/de/home/themen/wirtschaft-technik/ betriebswirtschaft/maschinenkosten.html

Autoren
Präsentation des 1. Studiengangs HF Weinbautechnik
(Strickhof Au/Wädenswil) an den Wädenswiler Weinbautagen 2017;
Ansprechpersonen: Robert Irsslinger und Dominique Wetzel (Text).
robert@irsslinger.ch
Weitere an der Studie beteiligte Personen:
Adrian Wetli, Hugo Rapp, David Gschwind, Nando Oberli und Nino Canal.

 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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