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Hagelschutz, 10.03.2012

WAS BRINGEN DIE WHAILEX-SCHUTZNETZE?

Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg untersuchte in den Jahren 2008 bis 2010 die Auswirkungen des Whailex-Schutznetzsystems auf Reben, Weinbau und Wein. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden kurz dargestellt.

[Bildtext zu Abbildung 1] Das Whailex-Schutznetzsystem als Hefthilfe; links: Das Netz seit
Austrieb heraufgerollt; rechts: kurz nach Austrieb heruntergerollt.
 
Als einziger nachweislich effektiver Schutz für Rebstöcke gegen mechanische Beschädigungen durch Hagel haben sich Hagelschutznetze erwiesen. Hinsichtlich Konstruktion und Anwendung lassen sich folgende Typen unterscheiden:
  • Überzeilenabschirmungen (Netzüberdachungen), die im Obstbau häufig verwendet werden, sich aber für den Weinbau nicht eignen, da sie sich konstruktiv nicht an steilere Lagen oder Terrassen anpassen lassen und den Maschineneinsatz im Weinberg erheblich einschränken würden,
  • einfache Seitenbespannungen, die unter hohem, jährlich wiederkehrendem Arbeitsaufwand zu Reifebeginn angebracht werden, nach der Ernte wieder eingeholt und gelagert werden müssen. Diese Netze bieten keinen ganzjährigen Schutz, lassen sich nicht kurzfristig in Schutzstellung bringen und es besteht die Gefahr, dass sich Vögel und Kleintiere in ihnen verfangen,
  • die Whailex-Schutznetztechnik, ein von der Firma Wagner GmbH, Ehrenkirchen, neu entwickeltes, patentiertes Schutznetzsystem, bei dem die Netze für eine langjährige Nutzung in den Rebanlagen installiert werden und wie ein Rollo in Sekundenschnelle heraufgekurbelt und wieder heruntergelassen werden können. Nähere Informationen zur Konstruktion und Funktionsweise finden sich unter www.whailex.com.
 

WAS ÄNDERT SICH?

Um zu erfassen, wie sich die Wachstumsbedingungen für die Rebstöcke durch das Netz ändern, wurden unter Netz und im Vergleich in nicht eingenetzten Rebzeilen die photosynthetisch aktive Strahlung, die Luftfeuchtigkeit und die Lufttemperatur ermittelt. Die Auswertungen ergaben, dass die Strahlungsintensität durch das schwarze, zweifädige Netz um 15 bis 20 %, im Einzelfall auch darüber, reduziert wird. Allerdings wachsen die Triebe nach oben aus den Netzen heraus, sodass je nach Wachstumsfortschritt und Gipfelhöhe bis zu etwa einem Drittel der Laubwand nicht beschattet wird und uneingeschränkt assimilieren kann. Die Lufttemperaturen waren ebenso wie die Lufttemperaturen im Bereich der Traubenzone unter Netz insgesamt geringfügig niedriger als außerhalb des Netzes. Austrieb und Blattentwicklung verliefen im Durchschnitt aller Bonituren bei den Varianten ,ohne Netz‘ und ,mit Netz‘ gleich. Die Blüteentwicklung war teils unter Netz weiter vorangeschritten, teilweise aber auch in den nicht eingenetzten Rebzeilen. Bei den meisten Bonituren ergaben sich aber nur geringe Unterschiede.



            Der Gesundheitszustand der Reben unterschied sich im Pilzbefall an Blättern und Gescheinen nicht zwischen eingenetzten und nicht eingenetzten Rebstöcken. Peronosporabefall trat bei beiden Varianten nur selten und in unbedeutendem Umfang auf, was auf eine gleichermaßen gute Wirksamkeit der jeweiligen Pflanzenschutzmaßnahmen in beiden Varianten hinweist. Die Beobachtungen einzelner Winzer, die unter Netz erhöhten Peronosporabefall meldeten, erwiesen sich bei einer Überprüfung vor Ort nicht als netzbedingt, sondern als standorts- oder behandlungsbedingt.
            Der Gesundheitszustand der Trauben in der Reifephase ist von besonderem Interesse, da das Produktionsziel ein möglichst hoher Anteil gesunden Lesegutes ist. Bei verschiedenen Botrytis-Bonituren, deren Ergebnisse in Tab. 1 dargestellt sind, wurde die Befallsintensität und die Befallshäufigkeit an unterschiedlichen Rebsorten ermittelt.
            Ein erhöhter Botrytisanteil unter Netz zeigte sich nur bei einer Bonitur im Jahr 2008 (Gutedel, Schmidhofen), jedoch trat auf der gleichen Fläche im Jahr 2010 unter Netz ein geringerer Befall auf.
An Trauben des Roten Muskatellers in gleicher Versuchsanlage trat Botrytis im Jahr 2008 unter Netz erheblich schwächer auf. Ursache hierfür könnten stärkere Fraßschäden durch Wespen in der Variante ,ohne Netz‘ gewesen sein. Auch auf anderen Versuchsflächen war unter Netz teilweise ein geringfügig, teilweise aber auch erheblich geringerer Botrytisbefall festzustellen als in der nicht eingenetzten Variante.
            Unterschiedliche Bewirtschaftungsmaßnahmen hatten offensichtlich einen stärkeren Einfluss auf den Botrytisbefall als die Schutznetze. Ein negativer Einfluss der Whailex-Schutznetztechnik auf den Befall mit Botrytis ist bei gleicher Laubwandgestaltung offensichtlich nicht gegeben.
            Eine schwächere Beerenverfärbung unter Hagelschutznetzen, die nach den Erfahrungen im Obstbau mit bestimmten, rotverfärbenden Apfelsorten denkbar gewesen wäre, war bei Blauem Spätburgunder und Monarch nicht festzustellen. Auch bei der Holzproduktion der Rebstöcke konnte kein Netzeinfluss festgestellt werden: Holzgewichte, Internodienlängen und -durchmesser und das Holz-MarkVerhältnis als Merkmal für reifes, einjähriges Holz unterschieden sich bei den Varianten ,ohne Netz‘ und ,mit Netz‘ nicht voneinander. Aus diesen Beobachtungen kann insgesamt geschlossen werden, dass die WhailexSchutznetztechnik sich nicht wuchshemmend auf die Rebstöcke auswirkt.
            Die Mostinhaltsstoffe in Trauben von nicht eingenetzten und eingenetzten Rebstöcken wurden zwischen Reifebeginn und Lese aus mehreren Beerenproben bestimmt. In den Mosten wurden das Mostgewicht, die Säurestruktur und die Moststickstoffgehalte ermittelt. Beispielhaft ist von den Ergebnissen [siehe Abbildung 2] die Entwicklung der Mostgewichte im Jahr 2009 dargestellt.
            Die Mostgewichte von Trauben, die unter den Netzen gereift waren, lagen zum Erntezeitpunkt überwiegend etwas niedriger als bei Trauben ohne Netz, im Einzelfall aber auch etwas höher (Blauer Spätburgunder 2009). Die geringsten Unterschiede waren bei Riesling festzustellen. Im Durchschnitt der drei Untersuchungsjahre waren die Mostgewichte unter Netz bei der letzten Probenahme bei Blauem Spätburgunder um 1,0 °Oe, bei Riesling um 0,7 °Oe, bei Weißburgunder um 1,7 °Oe und bei Gutedel ebenfalls um 1,7 °Oe niedriger als ohne Netz. In allen Fällen verlief die Zunahme der Mostgewichte unter Netz und ohne Netz nahezu parallel.
 

KAUM UNTERSCHIEDE BEI SÄUREGEHALTEN

In den Säuregehalten unterschieden sich die Moste der Varianten ,ohne Netz‘ und mit Netz‘ bei allen untersuchten Rebsorten nur wenig, wobei die Säuregehalte im Durchschnitt unter Netz bei Blauem Spätburgunder, Riesling und Weißburgunder geringfügig höher waren. Lediglich bei Gutedel waren die Säuregehalte unter Netz etwas niedriger. Auch die Gehalte an hefeverfügbarem Stickstoff (NOPA) waren in Mosten aus Trauben unter Netz leicht erhöht.
            In Blindverkostungen separat ausgebauter Weine ergaben sich im Gesamteindruck keine signifikanten Unterschiede zwischen Weinen aus Rebzeilen ohne Netz und mit Netz.
Die Whailex-Schutznetze bewiesen bei Hagelschauern unterschiedlicher Intensität eine sehr gute Wirkung: Die Schadensintensität an Trauben wurde um etwa 90 % vermindert, die Schadenshäufigkeit um etwa 70 %. Eine noch höhere Schadensreduktion um bis zu 100 % zeigte sich bei durch Hagel verursachten Blattschäden.
            Auch bei extremen Unwettern erwies sich der Hagelschutz unter Netz als zuverlässig, sofern ein Hochschlagen der Netze durch den Sturm verhindert wird, indem die Netze unten zusammengebunden oder -geklammert werden.
            Das Schutznetzsystem bietet über den Hagelschutz hinaus einen sehr wirksamen Schutz vor Vogelfraß. Bei sehr starkem Befallsdruck muss das Netz unten zusätzlich verschlossen werden. Im Vergleich zu einer Anlage zur akustischen Vergrämung, deren Schutzwirkung mit zunehmender Entfernung rasch abnahm, war bei dem Netzsystem durchgehend ein gleichmäßiger, hoch effektiver Schutz gegeben.
                Wespenfraß wird durch das Schutznetz erheblich reduziert, was insbesondere bei empfindlichen Rebsorten und Tafeltrauben von großer Bedeutung ist. In Waldrandlagen schützt ein früh heruntergelassenes Netz wirksam gegen Wildverbiss.
                Für das Heraufrollen des Netzes und das anschließende Wiederherablassen werden nur ein bis zwei Stunden/ha benötigt. Alle von Hand ausgeführten Arbeiten lassen sich danach problemlos erledigen. Für den Rebschnitt einschließlich Herausziehen des Rebholzes haben Zeitstudien keinen erhöhten Zeitbedarf in eingenetzten Zeilen ergeben.
 
[Bildtext zu Abbildung 3] Hagelschäden bei Meersburg im Jahr 2009: Die Triebe unter dem Whailex-Schutznetz blieben weitgehend intakt. Bilder: Schreieck
 

NICHT BEHINDERT

            Der Maschineneinsatz wird durch das WhailexSchutznetzsystem nicht behindert. Für ÜberzeilenLaubschneider, die auch zum Gipfeln eingesetzt werden, sind inzwischen spezielle Abweiserbügel entwickelt worden, die Beschädigungen des Netzes durch die Messer an den Seitenbalken verhindern. Eine maschinelle Entblätterung mit Druckluft ist bei geschlossenem Netz ohne Wirkungsverlust möglich. Der Einsatz eines Vollernters wird durch die Whailex-Schutznetztechnik nicht behindert.
            Auch als Hefthilfe hat sich das Whailex-Schutznetzsystem bewährt (siehe auch das Bild auf Seite 25). Wird das Netz rechtzeitig herabgelassen, wachsen die Triebe selbstständig nach oben in den Drahtrahmen hinein. In einem Heftversuch des WBI konnte bei den Heftarbeiten durch das Whailex-Schutznetzsystem im Vergleich zum Durchschnitt der anderen untersuchten Heftsysteme eine Arbeitszeitersparnis von 73 % (2009) beziehungsweise 80 % (2010) erzielt werden.
            In der Praxis verzichten bereits einige Winzer in Rebzeilen mit WhailexSchutznetztechnik ganz auf Heftarbeiten und nehmen dafür in Kauf, dass vereinzelt Triebe unter dem Netz herauswachsen oder beim Herablassen des Netzes abbrechen. Grundsätzlich kann die Whailex-Schutznetztechnik unter allen topographischen Gegebenheiten installiert werden. Sie fügt sich unauffällig in das Landschaftsbild ein.
            Mit der speziell entwickelten Maschinentechnik können derzeit pro Tag bis zu 3500 laufende Meter beidseitig eingenetzt werden. Für eine Anlage mit einem Zeilenabstand von zwei Meter liegen die aktuellen Preise bei 13 500 Euro/ha Materialkosten und etwa 2500 bis 4000 Euro/ha Installationskosten. Die Entsorgungskosten zum Ende der Nutzungsdauer würden sich derzeit auf etwa 230 Euro pro Hektar belaufen. Die Sechskantrohre, die am Gewicht der Schutznetztechnik den höchsten Anteil haben, werden derzeit kostenneutral recycelt.
Selbst ohne Hagelschäden kann die Whailex-Schutznetztechnik bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren wegen der Einsparung von Arbeits- und Versicherungskosten betriebswirtschaftlich erfolgreich abgeschrieben werden. Bei Hagelschäden liegt dieser Zeitraum bei vier bis acht Jahren. Bei einer Gefährdung durch Vogelfraß bzw. auf Standorten mit Erzeugungszielen, die eine späte Lese erfordern, ist eine Abschreibung in acht bis 12 Jahren möglich. Die Whailex-Schutznetztechnik kann damit auch als wirtschaftlich vorteilhafte Strategie zur Schadensvermeidung im Weinbau bewertet werden.

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Die Fachgruppe Technik ist Ansprechpartner für Aktivitäten in Technik-Fragen. Sie nutzt die unterschiedlichen Qualifikationen und Praxiserfahrungen zur Entwicklung neuer Projektideen zur bestmöglichen Aufbereitung praxisrelevanter Informationen für den Obst- und Weinbau. Als Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis bietet die Fachgruppe Technik mit dem Netzwerk den Landwirten und Landwirtinnen hilfreiche Inputs zur innovativen Bewirtschaftung.

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