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Laubschneider, 11.03.2012

ENTBLÄTTERUNGSVERFAHREN - QUAL DER WAHL

Zwei angehende Techniker der Weinbauschule Weinsberg haben mit Versuchen untersucht, wie zwei Entblätterungsverfahren im Einsatz abschneiden: eine Zusammenfassung.
Andreas Brenner aus Ubstadt-Weiher und Simon Kurz aus Heilbronn sind zwei verschiedenen Entlaubungsgeräten „auf den Pelz gerückt“. Die erforderliche Versuchsfläche konnte beiden vom eigenen Familienbetrieb zur Verfügung gestellt werden. Um ein Maximum an Ergebnissen zu erzielen, hat Simon Kurz in der Rebsorte Samtrot den Entlauber der Firma Ero detailliert untersucht. Andreas Brenner hat die Entlaubsgeräte der Firmen Binger-Seilzug und Ero in den Rebsorten Spätburgunder und Müller-Thurgau geprüft. Die einzelnen Versuchsvarianten wurden miteinander abgesprochen, damit die Ergebnisse verglichen werden können.


Andreas Brenner im Versuchseinsatz mit dem Entlauber von Ero
 

VERSUCHSAUFBAU

In jeder Versuchsanstellung gibt es eine unbehandelte Kontrollvariante (in den Grafiken mit K abgekürzt). Die Versuchsansteller Brenner und Kurz haben dann eine Variante mit Handentblätterung hinzugefügt – in den Grafiken mit H abgekürzt. Dort wurden von Hand an jedem Trieb drei Haupttriebblätter entfernt. Die Entblätterungsleistungen der Maschinenvarianten müssen sich mit der von Hand entlaubten Variante messen lassen. In der Rebsorte Samtrot hat Kurz in zwölf Varianten mit je drei Wiederholungen verschiedene Maschineneinstellungen des Ero-Entlaubers getestet und ausgewertet. Brenner hat in den Rebsorten Blauer Spätburgunder und Müller-Thurgau die Entlaubungsgeräte von Ero und Binger Seilzug eingesetzt. Je Maschine und Sorte acht Varianten mit drei Wiederholungen – ein beachtlicher Umfang. In der Grundeinstellung ist am Ero-Gerät das Gleitblech mit neun Gitterstäben montiert. Der Lüfter wurde mit 20 Liter Öl pro Minute versorgt. Um den Einfluss der Fahrgeschwindigkeit herauszufinden, wurde mit 3 km/h, 5 km/h und 7 km/h gefahren (Variantenbezeichnung in den Grafiken E3 – Ero mit 3 km/h, E5 – Ero mit 5 km/h und E7 – Ero mit 7 km/h).


Bei der Maschine von Binger gibt es außer der Ölmenge und der Fahrgeschwindigkeit keine Einstellmöglichkeiten. Das Entlaubungsgerät wurde ebenfalls mit 20 Liter Hydrauliköl pro Minute versorgt. Die Geschwindigkeitsvarianten sind analog zum Gerät der Firma Ero (B3 – Binger mit 3 km/h, B5 – Binger mit 5 km/h und B7 – Binger mit 7 km/h).
In Ihren Arbeiten haben die Studierenden folgende Parameter untersucht: Ertrag, Traubengewicht, entfernte Blätter, Mostgewicht, Gesamtsäure, pH-Wert, 100-Beerengewicht, Botrytisbefall nach Häufigkeit und Stärke sowie den sich ergebenden Auszahlungsbetrag der aufnehmenden Genossenschaft. Eine betriebswirtschaftliche Betrachtung rundet die Arbeiten ab.


Die Versuchsanlage von Simon Kurz aus Heilbronn kurz vor der Lese                                                                                         Bilder: Strauß
 

ERGEBNISSE

Bei der Handentblätterung wurde mit drei entfernten Blättern pro Trieb ein hohe Intensität vorgelegt. Abbildung 1 gibt die  Ergebnisse der einzelnen Sorten/Geräte und Geschwindigkeiten wieder. Die Ergebnisse für den Entlauber von Ero stellen sich wie folgt dar: Deutlich sichtbar trennt sich die Sorte Samtrot nicht gern von ihren Blättern. Selbst bei 3 km/h konnten nur 2,3 Blätter pro Trieb entfernt werden. Mit zunehmender Geschwindigkeit fällt die Entblätterungsintensität. Beim Spätburgunder 
und Müller-Thurgau waren höhere Intensitäten in allen gefahrenen Geschwindigkeiten möglich. Mit nahezu 3,5 entfernten Blättern pro Trieb beim Spätburgunder konnte sogar die Intensität der Handentblätterung übertroffen werden.
Für Praktiker ergibt sich die Erkenntnis, dass selbst bei 7 km/h noch 2,8 Blätter entfernt wurden. Auch mit dem Entlauber der Firma Binger konnten 3,5 Blättern pro Trieb entfernt werden. Es zeigt sich aber, dass mit zunehmender Geschwindigkeit die Kurve steiler abfällt als beim Vergleichsgerät von Ero. Während im Müller-Thurgau mit 7 km/h noch knapp 2 Blätter entfernt wurden, waren es beim Spätburgunder 1,2 entfernte Blätter pro Trieb.
  
 

DEUTLICHER SORTENEINFLUSS

Der Sorteneinfluss ist deutlich sichtbar. Mit zunehmender Entblätterungsintensität steigt in der Regel die Ertragsreduktion. Alle Ergebnisse sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Bei hohen Erträgen ist auch in von Hand entblätterten Anlagen ein Ertragsrückgang zu verzeichnen. In den hier vorliegenden Versuchen betrug der Rückgang bei der Rebsorte Samtrot nur fünf  Prozent. Beim Spätburgunder und Müller-Thurgau konnte kein Ertragsrückgang bei Handentblätterung bonitiert werden. Verfahrensbedingt reduziert das Ero-Gerät den Ertrag stärker als das Gerät von Binger. Im Spätburgunder hat der Ero-Entlauber, mit 3 km/h gefahren, 28 Prozent des Ertrags entfernt. Bei 5 km/h waren es 23 Prozent und bei 7 km/h lag die Ertragsreduktion bei 19 Prozent. Im Samtrot reicht die Spanne der Reduktion von 22 Prozent über 17 Prozent bis 14 Prozent (Angaben nach Geschwindigkeit aufsteigend angegeben).
Der Kurvenverlauf beim Müller-Thurgau ist nur durch einen Fehler erklärbar. Ist bei der 3 km/h-Variante zu wenig reduziert oder bei der 5 km/h-Variante zu viel reduziert worden? Allerdings liegen die zwei Messwerte nur zwei Prozent auseinander. In der Tendenz stimmt das Ergebnis, bei der maximalen Geschwindigkeit fällt die Ertragsreduktion am geringsten aus.
Für das Entlaubungsgerät von Binger fallen die Werte insgesamt geringer aus. Ohne schneidende Werkzeuge ist es nicht so leicht möglich, Trauben oder Traubenteile zu entfernen – für viele Winzer ein Pluspunkt. Lediglich bei 3 km/h in der Rebsorte Spätburgunder betrug die Ertragsreduktion 17 Prozent. In allen anderen Varianten lag das Maximum bei sechs Prozent. Ein Wert, der auch in den Handvarianten typisch ist.


Der Versuchsplan hilft, beim Einsatz den Überblick zu behalten


Reinfektionen von Virkuskrankheiten sind sowohl in Junganlagen als auch in Nachpflanzungen zu beobachten

Bei der Auswertung des Botrytisbefalls wird die Befallshäufigkeit (Abbildung 4) und die Befallsstärke (Abbildung 3) ermittelt. In der Spätburgunderanlage war der Befall so gering, dass die Bonitur abgebrochen wurde.
Ganz anders die Situation bei der Sorte Müller-Thurgau: Befallshäufigkeiten durchweg über 80 Prozent. Die Befallsstärke in der Kontrolle lag bei 26 Prozent. Streng genommen müsste also ein Viertel des Ertrags verworfen werden. Alle Entblätterungsmaßnahmen haben hier die Befallsstärke mehr als halbiert – ein echter Erfolg im Rahmen der Ertragssicherung Für den Samtrot zeigen sich ähnliche Ergebnisse. Das Niveau insgesamt bleibt hinter dem des Müller-Thurgau zurück. Dennoch waren in der Kontrolle zwei Drittel der Trauben befallen und die Befallsstärke betrug zehn Prozent. Auch hier konnten alle Entblätterungsmaßnahmen die Befallsstärke um mindestens 50 Prozent reduzieren.
 

FAZIT

Es wurden zwei Entblätterungsgeräte in verschiedenen Rebsorten eingesetzt und die Ergebnisse verglichen. Geräte mit schneidenden Werkzeugen entfernen nicht nur Blätter, sondern auch Trauben. Vor allem der positive Einfluss von Entblätterungsmaßnahmen auf den Botrytisbefall macht die Technik sehr interessant. Richtig eingestellt sind die Maschinen in der Lage, unterschiedliche Intensitäten zu realisieren. 
 

AUSBILDUNGSKONZEPT AN DER LVWO WEINSBERG - TECHNIKERARBEIT

Grau ist jede Theorie, sagt man. Die zweijährige Technikerausbildung an der Weinbauschule Weinsberg setzt hier ganz bewusst auf eine praktische Ausrichtung. So gehören kellerwirtschaftliche und weinbauliche Übungen ebenso zur Ausbildung, wie der sichere Umgang mit den verschiedenen Utensilien eines Weinlabors. Mit Umsetzung der geänderten Prüfungsordnung, vor fast zehn Jahren, ist die Technikerarbeit fester Bestandteil der Ausbildung geworden. Jeder angehende Techniker bearbeitet selbstständig eine fachliche Fragestellung. Abschließend wird das geleistete Pensum in der Technikerarbeit niedergeschrieben und vor einer Prüfungskommission präsentiert.

Medium

Rebe & Wein ist ein Fachmagazin für Weinbau und Weinwirtschaft mit  Kernverbreitungs-gebiet Württemberg und Franken. Erscheinungsweise monatlich, verbreitete Auflage rund 5800, verkaufte Auflage rund 5400 (IVW). Das Magazin bietet Fachinformationen für Winzer und Weinerzeuger, von der Anbautechnik der Reben bis zum Verkauf der Flaschen. Daneben gibt es Brancheninformationen von regional bis weltweit. Jährlich mehrere Sonderpublikationen zu ausgewählten Fachthemen ergänzen das Angebot des Monatsheftes. Rebe & Wein ist zudem Organ der Weinbauverbände in Württemberg und Franken.
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