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Sonstiges 1, 10.03.2012

MODERNE ENERGIETECHNIK IM WEINBAU

Hohe Öl- und Gaspreise, CO2-Ausstoss und Klimawandel: In den letzten Jahren haben alternative Energiequellen an Bedeutung gewonnen.
Hohe Öl- und Gaspreise, CO2-Ausstoss und Klimawandel: In den letzten Jahren haben alternative Energiequellen wie die  solarthermische Wärmegewinnung, Fotovoltaik, Stromerzeugung aus Windenergie, die Nutzung der Umgebungswärme und Biomasse-Umwandler an Bedeutung gewonnen. Aus zunächst eher bastlerischen Formen der Energienutzung sind ausgereifte Technologien entstanden. Damit Grundsatzfragen zu ihrem Einsatz auch im schweizerischen Weinbau beantwortet werden können, hier eine Übersicht.
Die Entwicklung unserer Wohlstandsgesellschaften ging wider besseres Wissen davon aus, dass fossile Energieressourcen unbegrenzt zurVerfügung stünden. Nun treten aber eindeutig die Schattenseiten zutage, diemit der Bereitstellung und Nutzung von Fossilenergie (Öl, Gas undKohle) einhergehen. Im Zuge diese rErkenntnis wird die Suche nach umweltverträglicheren Alternativen auch im Weinbau immer wichtiger. Dabei rückt neben einem möglichst effizienten Energieeinsatz besonders auch die Nutzung erneuerbarer (regenerativer) Energieformen ins Rampenlicht. Als positive Effekte einer Umstellung können auch die schrittweise Loslösung von Energieanbietern oder die Erhöhung der betrieblichen Rendite angeführt werden. 
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten für den Einsatz erneuerbarer Energien im Weinbau bestehen.  Dieser Artikel soll einen Überblick über die Möglichkeiten der Alternativenergienutzung auch in der Schweiz geben sowie die Rahmenbedingungen und Potenziale ansprechen. Konkret wurden Informationen zur Bewertung der erneuerbaren Energieformen Solarthermie, Fotovoltaik, Windenergie, Umgebungswärme und Biomasse zusammengestellt, um so Bewertungskriterien für Entscheidungen zur Energiebereitstellung zu liefern.
 

SOLARTHERMISCHE WÄRMENUTZUNG

Die Solarthermie bietet sich für die Nutzung im Weinbau insofern an, als Weinbaubetriebe naturgemäss in klimatisch bevorzugten Gegenden liegen. Kommen hocheffiziente Flachkollektoren oder Röhrenkollektoren zum Einsatz (s. Kasten S. 9), so können unter den in der Schweiz vorhandenen Strahlungsverhältnissen Temperaturen bis zu 120 °C erreicht und als Prozesswärme für die Kellerwirtschaft bereitgestellt werden. Im Falle der Integration einer Gastwirtschaft in den Weinbaubetrieb kann im Winter der Heiz- und im Sommer der Kühlungsbedarf mit einer Solaranlage abgedeckt werden. Diese Anwendung führt zu einem Anstieg der Wirtschaftlichkeit. Schliesslich soll noch der Anwendungsbereich der solaren Brauchwasserbereitstellung speziell  im  
Gastwirtschaftsbetrieb (beispielsweise zum Geschirrspülen) angeführt werden. Allerdings stimmen bei dieser Nutzungsform Nachfrage und Angebot des Brauchwassers zeitlich nicht optimal überein. Be iNeubauten ist auf ausreichend grosse Speicherkapazitäten in Form von wärmeisolierten Wassertanks für die bei Sonneneinstrahlung anfallende Überschusswärme zu achten (Abb. 1). 



Abb. 1: Solarthermischer Brauchwasserspeicher in einem Weinbaubetrieb.


FOTOVOLTAIK

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Nutzung von Sonnenenergie zur Deckung des Bedarfs an elektrischem Strom in Weinbaubetrieben. Das Angebot an sonnenexponierten Flächen setzt sich hier aus Dach- (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) und Fassadenflächen zusammen. Die Nutzung vonFreiflächen ist  im Wesentlichen wohl auf Areale beschränkt, die nicht für den Weinbau in Frage kommen (Abb. 2). Weitere potenziell nutzbare Flächen sind Überdachungen von Gartenwirtschaften und Parkplätzen. Bei der Integration der Anlage ins Ortsstromnetz ist fürdie Rentabilität de rEinspeispreis,der in der Schweiz stark variieren kann, unbedingt vorgängig abzuklären.
Die autonome Stromversorgung der in Rebbergen aufgestellten Wetterstationen oder automatisierter Bewässerungsanlagen stellt nur zwei Anwendungsmöglichkeiten von sogenannten fotovoltaischen Insellösungen dar.


Abb. 2: Weltneuheit: Fotovoltaik-Anlage der Flumroc AG in Flums (SG).Die Solar-Wings-Anlage über einem Lagerplatz richtet die fotovoltaischen Elemente laufend nach dem Stand der Sonne aus. Leistung: ca.135 000 kWh/Jahr, d.h. Strom für 30 Haushalte.(Quelle:www.flumroc.ch/de/flum/roc/solar.php. Foto:Hans Peter Ruffner, SZOW) 
 

STROMERZEUGUNG AUS WINDENERGIE

Für die Errichtung von Windkraftanlagen sind nur Gebiete mit hohen Windgeschwindigkeiten geeignet. Hohe Angebotspotenziale finden sich dabei in der Westschweiz, im Tessin und in den Föhntälern, also in traditionellen schweizerischen Weinbaugebieten. Entsprechend diesem Windangebot stellt der Einsatz von Windkraftanlagen in Weinbaubetrieben durchaus eine Option für erneuerbare Energien dar.Die Windkraftkonverter können entweder an exponierten Stellen in den Rebbergen als Solitär-Anlagen oder als Gruppe in einem Windpark betrieben werden. Die geltenden Bauvorschriften können hier allerdings eine technisch optimale Lösung erschweren.
 

NUTZUNG VON UMGEBUNGSWÄRME

Eine interessante Nutzungsmöglichkeit von Alternativenergien bilden Wärmepumpen. Einerseits können diese zur Heizung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden eingesetzt werden, andererseits können sie zur Warmwasserbereitung sowohl für den privaten Gebrauch als auch für den Betrieb herangezogen werden. Neben diesen beiden Einsatzmöglichkeiten gibt es gerade für Weinbaubetriebe noch eine weitere Nutzungsform von Wärmepumpen: Da der Prozess umkehrbar ist, können sie auch zur Raumkühlung verwendet werden. In diesem Fall arbeitet die Anlage primär als Kältemaschine und nur sekundär als Wärmepumpe im eigentlichen Sinn. Werden bei der Kellerkühlung Wärmepumpen mit einer Wärmeübertragung von Luft auf Luft verwendet, kann damit gleichzeitig die Kellerluft entfeuchtetwerden.
 

BIOMASSE-UMWANDLER

Verfahrenstechnisch bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, in Weinwirtschaftsbetrieben Biomasse energetisch in Form von Wärme oder Strom zu nutzen. Die thermische Nutzung biogener Festbrennstoffe erfolgt mehr oder weniger ausschliesslich durch Verbrennung. Das theoretische Angebot an fester rebbaulicher Biomasse setzt sich dabei aus dem Reb- und Laubschnitt, Blätterabfall und Traubentrester zusammen. Aus einem Weinbergmit durchschnittlichen Standortverhältnissen in der Schweiz kann theoretisch pro Hektare ein jährlicher Biomasse-Ertrag von etwa 900 kg aus dem Rebschnitt, rund250 kg ausdemLaubschnitt (zwei Schnitte), zirka 600 kg aus dem Blattfall und ungefähr 2000 kg aus demTraubentresteranfall gewonnen werden. Allerdings wird aufgrund technischer und struktureller Einschränkungen dieses theoretische Potenzial nur zum Teil tatsächlich erreicht (technisches Angebotspotenzial). Hinsichtlich Verwendung der gewonnenen Wärme kommen in Weinbaubetrieben vor allem Heizung und Warmwasseraufbereitung in Frage.
 

BIO-ÖL UND BIO-GAS KAUM RELEVANT

Bei der energetischen Nutzung flüssiger Bio-Energieträger wird fast ausschliesslich Rapsmethylester eingesetzt; andere Öle oder Bio-Alkohol finden praktisch keine Verwendung. Im schweizerischen Weinbau spielen die Bio-Kraftstoffe keine Rolle. Eine ähnliche Situation findet man auch bezüglich gasförmiger Bio-Energieträger. Die Vergasung von Biomasse (s. Kasten S. 9) nimmt in der Schweiz derzeit einen geringen Stellenwert ein. Da sich für die Vergärung vor allem Jauche eignet, sind hauptsächlich allgemein landwirtschaftliche  Biogasanlagen in Betrieb.
 

ROLLEN NOCH NICHT VERTEILT

Die Bereitstellung erneuerbarer Energien in Weinbaubetrieben ist aber auch in der Schweiz eine attraktive Option. Verbunden mit der Umstellung auf nachhaltige Energiequellen sind die meist geringen Umwelteffekte und insbesondere eine Reihe weiterer – vor allem politischer und ökonomischer – Argumente. Welche energiewirtschaftliche Rolle die einzelnen Technologien bei der zukünftigen Nutzung des Alternativenergie-Angebots im Weinbau spielen werden, wird derzeit intensiv diskutiert. Dieser Artikel soll dabei in seiner Kompaktheit Unterstützung be ider Meinungsbildung hinsichtlich der Möglichkeiten nutzbarer regenerativer Energieangebote bieten. Auf jeden Fall stellt die Nutzung erneuerbarer Energien in der Weinwirtschaft längst keine Nische mehr dar; vielmehr werden damit jedes Jahr steigende Umsätze erwirtschaftet. Dies rührt auch daher, dass die Herstellung, Montage und Erneuerung der Energieanlagen immer kostengünstiger werden. Und was für die Ökonomie gut ist, trifft auch auf die Ökologie zu: Durch den zunehmenden Anteil der erneuerbaren Energieformen an der gesamten Energiebereitstellung müssen immer weniger fossile Energieträger verbrannt werden. Kein Wunder also, dass die Sonne – nachdem sie in den Religionen aller Epochen eine zentrale Bedeutung hatte – auch in der westlichen industrialisierten Welt wieder näher zum Mittelpunkt rückt.



 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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