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Sprühgeräte, 10.03.2012

VERMINDERTE ABSTANDSAUFLAGEN DURCH "VERLUSTARM SPRÜHEN"

Verminderte Abstandsauflagen zu Oberflächengewässern durch „Verlustarm Sprühen“ – neue Abdriftminderungsklasse 95%
Die gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln soll neben einer guten Wirkung gegen Schadorganismen auch zu keinen unannehmbaren Belastungen für die Umwelt führen. Um den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässer im Rahmen der Applikation zu minimieren, werden bei der behördlichen Zulassung eines Pflanzenschutzmittels hinsichtlich der Anwendungsbestimmungen bestimmte Bedingungen und Auflagen erteilt, welche auf der Handelspackung (vorgeschriebene Kennzeichnung des Pflanzenschutzmittels) aufscheinen müssen und dem Landwirt die notwendigen Informationen geben. Unter diesen Auflagen versteht man in Fällen, wo es um Abdrift in Oberflächengewässer geht, die Festlegung von Mindestabständen zu Oberflächengewässern, welche bei der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels durch den Landwirt einzuhalten sind.

Die Festlegung dieses Mindestabstandes (folgend als "Regelabstand" bezeichnet) zum Schutz von Gewässerorganismen im Rahmen der amtlichen Zulassung eines Pflanzenschutzmittels erfolgt auf Basis einer bestimmten Standardanwendungssituation unter Zugrundelegung realistisch ungünstiger Bedingungen ("reasonable worst case"). Er wird für jedes Pflanzenschutzmittel spezifisch auf Grund seiner Toxizität gegenüber Wasserorganismen unter Berücksichtigung der Aufwandmenge sowie der Kultur berechnet und festgelegt. Unter „Regelabstand“ ist jener vorgeschriebene Mindestabstand zum Oberflächengewässer zu verstehen, der bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln unter Berücksichtigung der Guten landwirtschaftlichen Praxis einzuhalten ist. Bei dieser Berechnung wurden „abdriftmindernde Pflanzenschutzgeräte bzw. -geräteteile“ sowie „sonstige abdriftmindernde Maßnahmen und Anwendungssituationen“ noch nicht berücksichtigt (entspricht daher einer Abdriftminderungs-klasse von 0%).
 

VERMINDERTE ABSTÄNDE DURCH LEBENSMINISTERIUMS-ERLASS

Die Einhaltung dieser Abstände bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stellt die praktische Landwirtschaft, insbesondere in Raumkulturen wie z.B. Weinbau, Obstbau oder Hopfenbau aber auch in einigen Fällen im Feldbau, vor große Schwierigkeiten. Im Jahr 2001 wurden durch einen Erlasses des Lebensministeriums (GZ.69.102/13-VI/B9a/01) erstmals „Risikomindernde Anwendungsbedingungen für Gewässerorganismen (Nichtzielorganismen) durch abdriftmindernde Pflanzenschutzgeräte, -geräteteile und sonstige abdriftmindernde Maßnahmen festgesetzt. Dadurch wurden Konditionen definiert, die im Vergleich zur Standardanwendungssituation (alleinige Berechnung und Vorschreibung des Regelabstandes) zu einem geringeren Risiko für Nichtzielorganismen (Gewässerorganismen) führen und damit neben den bisherigen Regelabständen die zusätzliche Festsetzung von reduzierten Mindestabständen ermöglichen. Der Anreiz für die Landwirte besteht darin, beim Einsatz abdriftmindernder Technik oder abdriftmindernden Maßnahmen den Mindestabstand zu Oberflächengewässern zu verringern zu können und somit näher zum Oberflächengewässer Pflanzenschutzmittel applizieren zu können, ohne den Schutz der Gewässerorganismen zu vernachlässigen.
 
Je nach Fortschritt der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse im Bereich der Pflanzenschutzgerätetechnik oder im Bereich sonstiger abdriftmindernder Maßnahmen wurde der bereits erwähnte Erlass des Lebensministeriums zur Abdriftminderung regelmäßig ergänzt. Bis vor Kurzem waren nur die Abdriftminderungsklassen 50%, 75% und 90% möglich.
 
Mit der 15. Ergänzung dieses Erlasses wurde eine zusätzliche Abdriftminderungsklasse mit 95% für „Verlustarm Sprühen“ eingeführt. Die treibende Kraft für diese Neuerung war unzweifelhaft Herr Mag. Karl Lind, Leiter der Fachgruppe Technik des Verbandes Steirischer Erwerbsobstbauern, der unterstützt von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für integrierten Pflanzenschutz (ÖAIP) die notwendigen Unterlagen und Nachweise lieferte und somit eine Ergänzung des Erlasses des Lebensministeriums initiierte (siehe Tabelle 1). Das für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständige Bundesamt für Ernährungssicherheit hat bereits seine Unterstützung in Form der Anpassung relevanter Pflanzenschutzmittelzulassungen hinsichtlich verminderter Abstandsauflagen bei Abdriftminderungsklasse 95% zugesagt.
 

Demonstration der „alten Technik“, Initiative „Landwirtschaft schauen“ der ÖAIP im April 2010 in Markt Hartmannsdorf 
 

„VERLUSTARM SPRÜHEN“

Im Jahr 2010 wurde im steirischen Erwerbsobstbau die neue Pflanzenschutztechnologie, das sogenannte „Verlustarm Sprühen“ eingeführt (siehe Tabelle 2). Erstmals wird dadurch unter Hagelnetz die Abdriftminderungsklasse von 95% erreicht. Die Ausbringtechnik hängt von der Wahl der Düsen am Sprühgerät ab. Beim Verlustarmen Sprühen mit gemischten Tropfen wird durch eine geschickte Düsenauswahl der Vorteil der abdriftmindernden Technik mit den Vorteilen der Feinsprühtechnik vereint. Durch eine gemischte Düsenbestückung (Feinsprühdüsen im unteren Bereich und Grobsprühdüsen im oberen Bereich) erfolgen eine bessere Benetzung und weniger Abdrift. Damit können die Abdriftverluste unter Hagelnetz um 95% und die Abtropfverluste um circa 10% verringert werden. Dabei wird sehr viel Wert auf eine geeignete Gebläseluft gelegt, da die Tropfenanlagerung an der Zielfläche nur so gut sein kann, so gut der Transport der Tropfen durch die Gebläseluft ist. Die richtige Luftführung ist daher ein wesentlicher Bestandteil dieser Technologie. Bevor die Sprühgeräte im Obstbau zum Einsatz kommen, werden sie einer Luftmessung unterzogen und müssen strenge Kriterien erfüllen. Dazu wurde an der Fachschule für Obstwirtschaft in Gleisdorf ein eigener Luftprüfstand entwickelt, der europaweit einmalig ist. Erst nach bestandener Luftprüfung wird das Sprühgerät für das „Verlustarm Sprühen“ zugelassen. Im Detail muss das Sprühgerät den Richtlinien und Anforderungen der ÖAIP und den „Anforderungen an Verlustarm Sprühen“ der Fachgruppe Technik vom Verband Steirischer Erwerbsobstbauern entsprechen. Die Umstellungsaktion auf „Verlustarm Sprühen“ beschränkt sich nicht nur auf die Gerätetechnik, sondern  einhaltet auch ein Dosierungsmodell für Pflanzenschutzmittel. Die Obstbauern bekommen computerunterstützte Berechnungen über jene Menge an Spritzmitteln, die sie mit den kontrollierten Sprühgeräten auszubringen haben. Das bringt ihnen mehr Sicherheit in der Verwendung der erlaubten Pflanzenschutzmittel.


Demonstration „Verlustarm Sprühen“, Initiative „Landwirtschaft schauen“ der ÖAIP im April 2010 in Markt Hartmannsdorf 
 
Von dieser neuen Technologie profitieren sowohl Biobauern, als auch integriert wirtschaftende Betriebe und unsere Umwelt. Die steirischen Erwerbsobstbauern sind damit europaweit führend im umweltfreundlichen Einsatz ihrer Pflanzenschutzmittel. Im Rahmen der Initiative „Landwirtschaft schauen“ der ÖAIP am 28. April 2010 in Markt Hartmannsdorf in der Steiermark wurde allen Interessierten das „Verlustarm Sprühen“ vorgestellt und in der praktischen Anwendung demonstriert. Die Fotos 1 und 2 beweisen im Vergleich eindrucksvoll den erzielten Fortschritt.
 
Tabelle 1: Auszug aus dem Erlass des Lebensministeriums für „Verlustarm Sprühen“ – Anforderungen für die Abdriftminderungsklasse 95%
 
 Anforderungen „Verlustarm Sprühen“ Herstellerfirma und Gerät Gütezeichen der ÖAIP
Bei geschlossenen
 Hagelschutznetzen in Verbindung   
 mit speziellen Sprühgeräten und 
 Düsenbestückung zum  
 „Verlustarm Sprühen“
 unter Einhaltung der „MABO“ 
 (MABO = Marktgemeinschaft 
 Bodenseeobst eG) 
 Dosierungsempfehlungen
 Lochmann Wein/Obstbau Sprüher RAS bzw. RA
 Lochmann Wein/Obstbau Sprüher APS bzw. AP
 Lochmann Wein/Obstbau Sprüher RPS bzw. RP
                  jeweils in Verbindung mit:
 Lochmann Querstromgebläse Zusatzeinrichtung für Weinbau oder
 Lochmann Querstromgebläse Zusatzeinrichtung für Obstbau
 
 Mitterer - Aufsattelgebläsesprüher
 Mitterer - Nachlaufgebläsesprüher
 
 Steiner - Aufsattelsprühgerät
 Steiner – Sprühgerät gezogen
 
 Waibl Q - Aufsattelsprühgerät
 Waibl Q –gezogenes Sprühgerät
 
 Wanner – D-Baureihe, Anbausprühgeräte
 Wanner – S-Baureihe, Anhängesprühgeräte
 Wanner – N-Baureihe, Anhängesprühgeräte
 
 Zupan – Doppelturbo-Sattelsprüher ZM400 DTA
 Zupan – Doppelturbo-Anhängesprüher ZM1000DTG
212, 213
214, 215
216, 217
 
218
 
219
 
143
144
 
291
292
 
222
223
 
193
194
195
 
184
185

 
Tabelle 2:   Unterscheidung „Verlustarm Sprühen“ von bisherigen Ausbringungstechniken
 
Abdriftmindernde Ausbringungstechnik mit groben Tropfen
Diese Ausbringtechnik, bei der ausschließlich grobe Tropfen zum Einsatz kommen, hat nur einen umweltfreundlichen Vorteil - sie verursacht weniger Abdrift. Nachteilig sind die höheren Abtropfverluste von Pflanzenschutzmitteln und vor allem der höhere Zeitaufwand für die Pflanzenschutzarbeit durch höhere Wassermengen.

Feinsprühtechnik mit feinen Tropfen
Eine feintropfige Ausbringtechnik hat mehrere Vorteile, wie zum Beispiel eine höhere Pflanzenschutzmittelbedeckung der zu behandelnden Fläche bei geringen Wassermengen, geringere Berostungsgefahr, weniger Zeitaufwand und weniger Abtropfverluste. Die feinen Tropfen haben aber einen großen Nachteil - sie werden von der Luftströmung leicht davongetragen, sie sind abdriftgefährdet.

„Verlustarm Sprühen“ mit gemischten Tropfen
Es wird der Vorteil der abdriftmindernden Technik mit den Vorteilen der Feinsprühtechnik vereint. Das geschieht durch eine geschickte Düsenauswahl. Da die Gefahr der Abdrift hauptsächlich im oberen Bereich besteht, werden oben vier Injektor-Flachstrahldüsen verwendet, die grobe Tropfen erzeugen. Die zwölf darunter angeordneten Düsen sind Kegelstrahldüsen, die feine Tropfen bilden. Damit können die Abdriftverluste unter Hagelnetz um 95% und die Abtropfverluste um ca. 10% verringert werden, wie amtliche Messungen ergeben haben.

Gebläseluft
Beim „Verlustarm Sprühen“ wird sehr viel Wert auf eine geeignete Gebläseluft gelegt. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Tropfenanlagerung an der Zielfläche nur so gut sein kann, so gut der Transport der Tropfen durch die Gebläseluft ist.
Bevor die Sprühgeräte für das „Verlustarm Sprühen“ im Obstbau zum Einsatz kommen, werden sie einer Luftmessung unterzogen. Dort müssen sie den strengen Kriterien im so genannten „Quatrantenvergleich“ bestehen. Dafür wurde ein eigener Luftprüfstand an der Fachschule für Obstwirtschaft in Gleisdorf entwickelt. Erst nach bestandener Luft-Prüfung wird das Sprühgerät für das „Verlustarm Sprühen“ zugelassen.

Dosierungsmodell für Pflanzenschutzmittel
Die Umstellungsaktion auf „Verlustarm Sprühen“ beinhaltet auch ein Dosierungsmodell für Pflanzenschutzmittel. Die Obstbauern bekommen computerunterstützte Berechnungen über jene Pflanzenschutzmittelmenge, die sie mit den kontrollierten Sprühgeräten auszubringen haben. Das bringt Sicherheit in der Verwendung der erlaubten Pflanzenschutzmittel.
 

Medium


„Besseres Obst“  ist die Fachzeitschrift für Erwerbsobstbauern und alle am Obstbau Interessierten. Neben Beiträgen zur Technik bringt das Fachmagazin zielgerichtete Informationen und Fachartikel zu Produktion, Pflanzenschutz, Sorten, Ernte, Lagerung und Vermarktung von Tafelobst sowie zur Obstverarbeitung.
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