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Traktoren, 02.11.2014

STUFENLOS VON 1900 BIS 2014

Die Geschichte der stufenlosen Antriebe könnte unterschiedlich begonnen werden. Ein mit elektrischen Radmotoren ausgestatteter PKW von F. Porsche stand bereits im Jahr 1900 auf der Weltausstel­lung in Paris. 
Wenige Jahre später (1907) kam die Deutz-Pflugloko­motive auf den Markt - dort trieb der Motor die Räder direkt an, ganz ohne ein Getriebe. Oder war es der Primus P20 mit elektri­schem Antrieb von 1942? Vielleicht doch erst der Porsche Super X von 1959 oder beginnt die Geschichte 1995 mit dem 926 Vario von Fendt?
 
In den Reihenkulturen des Obst- und Wein­baus hat sich in den vergangenen 50 Jah­ren viel geändert. Ebenso gab es in der Traktorenentwicklung einen ständigen Fort­schritt. Die Anforderungen hinsichtlich der Traktorbreite in Reihenkulturen in Verbin­dung mit der zu verkaufenden Stückzahl haben immer dazu geführt, dass Entwick­lungen aus der Landwirtschaft erst verzö­gert in die Schmalspur- und Plantagen­schlepper eingeflossen sind. Dieser Sach­verhalt ist bis heute zu beobachten.
 

GESTERN

In der Vergangenheit haben sich die Schlep­perfahrer mit Stufengetrieben zufrieden geben müssen. Je nach Hersteller hat die Anzahl Gruppen sowie die Anzahl der
Gänge variiert. Noch heute gibt es namhaf­te Hersteller, die beim Gruppenwechsel keine synchronisierten Schaltstellen im Ge­triebe verbauen. Diese Technik ist deshalb nicht schlecht, im Gegenteil, Sie hat sich vielfach im Einsatz bewährt.
 

HEUTE

Die Ist-Situation in der Getriebetechnik reicht prinzipiell von den Anfängen bis in die „ferne" Zukunft. Wer einfache Technik liebt oder viel mit Hilfskräften zu tun hat, schätzt logische und robuste Getriebeva­rianten, die sich im Wesentlichen selbst er­klären. Die Devise laut: draufsitzen und losfahren. Diese Technik ist auch preiswert am Markt verfügbar. Der Übergang zum stufenlosen Antrieb erfolgte mit der Einfüh­rung der Lastschaltung. Hier wird über Ölbad laufende Lamellen der Schaltvor­gang, ohne Unterbrechung des Kraftflus­ses, ausgeführt. So konnte der Komfort für den Fahrer ebenso verbessert werden, wie auch der Feldwirkungsgrad. In großen Trak­toren sind automatische Lastschaltgetriebe­varianten verbreitet. Die Fortbewegung ist zwar nicht stufenlos, jedoch ohne Zutun des Fahrers möglich. Je nach den vorge­nommenen Einstellungen wird ein festge­legter Geschwindigkeitsbereich automa­tisch durchschalten. Die Elektronik gepaart mit den richtigen Sensoren hat es mit der Zeit erlaubt, einzelne Gänge zu übersprin­gen. Dies hat den Komfort gesteigert, da nicht jeder Gang eingelegt werden muss. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Traktoren, die mit einem hydrostatisch Antrieb ausgestattet waren. Für Schmalspurschlepper sei hier Bergmeister erwähnt (der übrigens auch schon mit einer Rück­fahreinrichtung ausgestattet werden konn­te). Eine vergleichbare Technik ist derzeit beim Carraro SRH und bei den Frontsitzern der Baureihe M und S von Holder im Ein­satz. Was sich bei vielen Herstellern durch­gesetzt hat, ist das leistungsverzweigte Ge­triebe. Ein Teil der Kraftübertragung erfolgt mechanisch, der andere Teil erfolgt hydrau­lisch. Über ein Planetengetriebe werden beide Antriebsstränge wieder zusammen­geführt. Für Schmalspur- und Plantagen­schlepper ist diese Technik derzeit nur bei Fendt verfügbar. Seit der Einführung dieser Getriebevariante im Jahr 1995 wurde eine große Stückzahl gefertigt und in der land­wirtschaftlichen Praxis eingesetzt. Der Erste Spezialtraktor für den Obst- und Weinbau mit stufenlosem Getriebe wurde im Jahr 2007 von Same auf der Agritechnica vorge­stellt. Der Same Dorado F 110 Continuo sollte 2008 in den Markt eingeführt wer­den. Diese Einführung ist bis heute nicht erfolgt.
Neben den leistungsverzweigten Varianten sind die hydraulischen Antriebe zu nennen. Hierauf setzt beispielweise die Firma Hol­der. In der Vergangenheit wurde hydrosta­tischen Antrieben immer ein schlechterer Wirkungsgrad unterstellt. Dieser Umstand kommt vor allem bei hohen Fahrgeschwin­digkeiten zum Tragen. Bei der Arbeit in Obstanlagen ist dieses Problem geschwin­digkeitsbedingt entschärft. Dank der rasan­ten Entwicklung in der Elektronik stehen nun auch optimale Regeleinrichtungen zur Verfügung, die den Wirkungsgrad anstei­gen lassen. Holder verwendet nach eige­nen Angaben in der M- und S-Baureihe ei-f} digital-elektronische Steuerung für den Hydrostatischen Fahrantrieb. Beide Beispiele [Fendt oder Holder) stellen eindrucksvoll unter Beweis, dass die hohe Getriebekom­petenz sich auch an anderen Stellen im Fahrzeug zeigt.
Wer mit einer selbstfahrenden Arbeits­bühne im Obstbau arbeitet, ist bereits hy­drostatisch unterwegs. Bei dieser Fahrzeug­gruppe spielt das mechanische Schaltge­triebe keine Rolle. Egal, ob die mobile Ar­beitsbühne über einen Zweirad- oder All­radantrieb verfügt, die Steuerungstechnik ermöglicht den Einbau einer Traktionskon­trolle ebenso, wie die Verwendung einer hydraulischen Differentialsperre. Noch ei­nen Schritt weiter in die Zukunft geht die Fa. Samatec aus Südtirol. Die mobile Ar-/^tsbühne evo4 fährt vollständig elek­tisch. Vier elektrische Radnabenmotoren sorgen immer für optimale Traktion. Eine mechanische Differentialsperre ist ebenso hinfällig wie eine Allradschaltung. Selbst auf die Bremse kann im Betrieb verzichtet werden, da es eine aktive Stillstandsrege­lung gibt. Mit der beim Bremsen gewon­nen Energie wird sogar der Akku aufgela­den.
 

MORGEN

Die beschriebene Arbeitsbühne evo4 lässt bereits erkennen, wohin der Weg in Zu­kunft gehen wird. Da bei Schlepperarbei­ten viel Antriebsleistung benötigt wird (bei­spielsweise bei der Schnittholzzerkleine­rung oder Bodenbearbeitung), ist der An­trieb über Akkumulatoren in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Also wird auch der Schmalspurschlepper von morgen mit ei­nem Motor ausgestattet sein. Dieser Motor könnte wie bei Lokomotiven, Omnibussen oder Gabelstaplern einen Generator antreiben. Im Jahr 2011 wurde auf der Agritech­nica der Rigitrac EWD 120 mit einem Inno­vationspreis ausgezeichnet. Mit vier elek­trischen Radnabenmotoren ist der Fahran­trieb voll elektrisch. Über eine Schnittstelle können sogar Anbaugeräte mit Strom ver­sorgt werden. Da jedes Rad individuell an­getrieben werden kann, ergibt sich ein Zug­krafterhalten, das den herkömmlichen All­radantrieb mit Differentialsperre noch um die aktive Schlupfregelung für jedes Rad erweitert. Die Reihe der dieselelektrischen Antriebe kann noch erweitert werden um den Eltrac E 135 von Schmetz aus dem Jah­re 1999, den Belarus 3023 ausgezeichnet 2009 oder auch ein Schlepper aus dem Hause John Deere, der über eine Kraft­stromsteckdose verfügt. Dieses Jahr wird erstmals in der Landwirtschaft ein diesel­elektrisches Hybridfahrzeug von Merlo an­geboten. Der Teleskoplader kann wahlwei­se rein elektrisch oder dieselelektrisch be­trieben werden. Möglich wird dies durch den Einsatz einer 30-kWh-Lithium-Batterie. Reicht die elektrische Energie nicht aus, wird der Dieselmotor gestartet. Bleibt etwas Energie übrig, wird damit der Akku geladen. Diese Innovation hat 2013 eine goldene Innovationsmedaille auf der Agritechnica erhalten. Im Weinbau ist die Fir­ma Pellenc aus Frankreich als Innovations­motor bekannt. Schon im Jahr 2005 hat Pellenc einen elektrisch angetriebener Laub­schneider vorgestellt. Da noch kein Schmal­spurschlepper am Markt elektrische Ener­gie zur Verfügung stellen kann, wird über die Zapfwelle ein Generator angetrieben. Jedes Messer am Laubschneider hat seinen eigenen Elektromotor. Auf diese Weise kann der Laubschneider modular an nahe­zu jede Laubwand angepasst werden. Nach den dem Autor vorliegenden Informationen, ist der Bau des elektrischen Laubschnei­ders leider wieder eingestellt worden, nach­dem sich bei Pellenc die Eigentumsverhält­nisse geändert haben. Vielleicht ist die Zeit dafür noch nicht gekommen...
 

FAZIT

Heute sind mobile Giganten wie der T 282 C von Liebherr (maximales Einsatzgewicht 600 Tonnen, angetrieben von 3.650 PS) dieselelektrisch angetrieben. Stufenloses Fahren verbessert die Arbeitsproduktivität, weil immer die optimale Übersetzung gewählt werden kann. Auch kann der Kraftstoffverbrauch durch Drehzahloptimierung - d. h. Drehzahlabsenkung im Teillastbereich - des Motors verringert werden. Des Weiteren spricht die einfache Fahrweise für stufenloses arbeiten. Aktuelle Entwicklungen lassen ahnen, in dieser Richtung werden wir noch einiges an Neuheiten zu sehen bekommen.
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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