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Verarbeitung, 10.03.2012

OPTIMALE EIGENSCHAFTEN VON SCHEIBENVERLESEBÄNDERN AN SORTIERMASCHINEN

Vor der Klassifizierung der Früchte durch die Sortiermaschine ist es erforderlich, fehlerhafte Früchte zu selektieren und zu entfernen.
 
Dies geschieht entweder über Scheibenverlesebänder oder über die elektronisch-optische Qualitätssortierung. Letztere Entwicklungen im Bereich der Qualitätssortierung sind zwar erhältlich, aber neben den hohen Kosten gibt es noch Probleme im Bereich der Anwenderfreundlichkeit. Stand der Technik an der Niederelbe ist die manuelle Selektion über Scheibenverlesebänder. Für diese Tätigkeit ist mindestens eine Arbeitskraft einzurechnen. 
Um beim Verlesen Fruchtbeschädigungen zu erkennen, müssen die Früchte sich um ihre eigene Achse drehen. Aus diesem Grund rotieren die Scheiben, während sie die Äpfel transportieren. In der Regel sind diese Geschwindigkeiten frequenzgeregelt und mittels Drehpotenziometer den Gegebenheiten, d.h. der  Leistungsfähigkeit der Sortierlogistik und des Verlesepersonals, anpassbar.
Bezüglich der Funktionsweise gibt es kaum Unterschiede bei den an der Niederelbe angebotenen Produkten (Abb.1).


Abb. 1: Verleseband von Burg´s Mashinefabriek mit rotierender Bürste im Übergang. (Fotos: J.-P. Ralfs)

Die Hauptkomponenten eines Scheibenverlesebandes sind zwei umlaufende Ketten, die in ca. 8 cm Entfernung zueinander mit rotierenden Wellen verbunden sind. Auf diesen Wellen sind alle 25 bis 27 mm Kunststoff scheiben mit einem Durchmesser von ca. 65 mm angebracht. Die Rotation wird durch die außen liegenden Scheiben, die auf einer Blechkante laufen, erzeugt. So ist die Transportgeschwindigkeit proportional zur Rotation. Die Standardbreiten der Bänder liegen zwischen 60 und 80 cm, die Längen zwischen 160 und 180 cm. Zwischen den Scheiben ist genügend Platz, so dass Blätter durchfallen können. Verlesebänder sind generell an alle gängigen Sortiermaschinen adaptierbar. Nur die Breite sollte zu den Zu- und Abfuhr-Komponenten der Maschine passen.
Auf der Sortiermaschine werden die Früchte nach dem Prinzip der Stetigförderung transportiert. Da es technisch nicht realisierbar ist einen Stetigförderer ohne Übergänge über die gesamte Maschinenlänge zu bauen, gibt es Einzelkomponenten die entsprechende
Funktionen, wie z.B. die Drehung zum Verlesen oder die Vereinzelung für die Klassifi zierung, übernehmen
Um die Früchte von einer Komponente zur nächsten zu befördern, ist Energie notwendig. Diese Energie wird durch einen Höhenunterschied am Übergang geliefert. Ist der Höhenunterschied zwischen zwei angrenzenden Komponenten zu groß, wird der Apfel zu schnell und kann Beschädigungen beim Aufprall mit anderen Äpfeln oder Maschinenbauteilen bekommen. Ein zu geringer
Höhenunterschied kann Stauungen verursachen, die wiederum auch zu Beschädigungen führen können. In der Regel wird ein Gesamthöhenunterschied zwischen Großkistenentleerung und Verpackung von 20 bis 30 cm kalkuliert.
Im Rahmen des am OVB Jork angesiedelten Verbundprojektes zur Identifikation der Ursachen von Druckstellen wurden Sortiermaschinen und deren Komponenten auf Schwachstellen hinsichtlich der Fruchtbeschädigungen untersucht.
 

IRD MESSAPFEL

Die im Einsatz befi ndliche Messtechnik IRD (Impakt Recording Device Techmark inc.) spürt zu harte Übergänge auf und gibt so Aufschluss über die Schwachstellen der Maschine.
Der Dummy (Abb.2) arbeitet mit triaxialen Beschleunigungs-Sensoren. Der Durchmesser beträgt 70 mm, und das Gewicht entspricht dem eines Apfels. Die Messfrequenz liegt wählbar zwischen 3 und 5kHz. Die maximale Beschleunigungsamplitude liegt bei 500G. Die untere Messgrenze für Kernobst liegt bei 20G.
   
Abb. 2.: IRD-Messapfel.


Abb. 3: Integral der Beschleunigung über die Zeit (grün-unkritisch, rot-kritisch).


Abb. 4 : IRD-Scatter-Darstellung


Die Einwirkdauer ist neben der maximalen Beschleunigung mit entscheidend für die Intensität einer Beschleunigungskraft. Deswegen werden die Messwerte über das Integral der Beschleunigungszeit und der dazugehörigen maximalen Beschleunigung dargestellt
(Abb. 3), d.h. Beschleunigungen mit kleinen Geschwindigkeitsveränderungen (roter Punkt) sind schädlicher als Beschleunigungen mit großen Geschwindigkeitsveränderungen (schwarzer Punkt).
Die Graphen (Grenzen) dienen zur Orientierung im Diagramm. Die physikalische Messgrenze (links „Messgrenze hart“) charakterisiert sehr harte Beschleunigungen. Die „Messgrenze weich“ zeigt die Grenze zu fruchtschonenden weichen Beschleunigungen. Die „Apfel Linie“ (Abb. 4) zeigt eine statistisch ermittelte Grenzlinie. Wird sie überschritten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, sichtbare Druckstellen zu bekommen.
 

MESSDURCHFÜHRUNG

Der Messapfel durchläuft 30-mal den Übergang zum Verleseband. Die Startposition des Messapfels ist abhängig von der Maschine. Meist handelt es sich um Zuführbänder oder Schwammtrockner. Gemessen wird mit den betriebsüblichen Geschwindigkeiten der Sortiermaschine. Für das Ergebnis der Messung spielt diese aber nur eine geringe Bedeutung. Während der Messung laufen
keine Früchte mit. Diese können das Ergebnis sowohl positiv als auch negativ beeinfl ussen. Laufen die Früchte kompakt über die Messschwelle, kann dies durchaus positiv auf die IRD Werte wirken. Stoßen die Früchte aber während der Messung aneinander, kommt es zu zusätzlichen Beschleunigungen, die das Ergebnis negativ beeinflussen können.
Ausgewertet wird dann der Punktehaufen im so genannten Scatter Diagramm nach Techmark (Abb. 5).


Abb. 5: Vergleich zwischen einem harten und einem weichen Übergang auf einem Scheibenverleseband.

Bewertet wird in drei Stufen, und zwar gut bis sehr gut, durchschnittlich und schlecht bis sehr schlecht:
  • gut bis sehr gut: Alle Messwerte liegen deutlich unterhalb der Messgrenze Apfel nach Techmark
  • durchschnittlich: Die Messwerte befinden sich alle leicht oberhalb oder unterhalb der Messgrenze Apfel
  • schlecht bis sehr schlecht: Die Messwerte liegen deutlich oberhalb der Messgrenze Apfel und befinden sich dazu dicht an der Messgrenze hard nach Techmark
Feinere Bewertungskriterien sind möglich, aber für die Untersuchungen nicht notwendig, da die Unterschiede sehr deutlich sind.
 

TYPISCHE BESCHÄDIGUNGEN AUF SCHEIBENVERLESEBÄNDERN

Druckstellen sind die am häufigsten auftretenden Beschädigungen an Früchten. Ursache hierfür ist der schlagartige Abbau von Bewegungsenergie, die aufgrund der runden Form der Früchte punktförmig geschieht. Statische Belastungen können ausgeschlossen werden (Abb. 6).


Abb. 6.: Typische Druckstelle durch Scheibenrolle.


Abb. 7: Bewertung von 40 untersuchten Scheibenverlesebänder hinsichtlich ihrer Fruchtschonung.
 

ERGEBNISSE DER MESSUNGEN

IRD Messungen an 40 Sortiermaschinen mit Scheibenverlesebändern an der Niederelbe zeigen, dass die Übergabe auf die Verlesebänder häufig Probleme bereitet und nicht unterschätzt werden sollte (Abb. 7).
Zehn Verlesebänder zeigten schlechte bis sehr schlechte Werte. Ein direkter Vergleich zu Fruchtbeschädigungen ist schwierig, da Früchte unterschiedlich sensibel auf mechanische Einflüsse reagieren.
Für einen Teil der Früchte werden daher auch Übergänge mit schlechten IRD Bewertungen keine negativen Folgen haben.
Die Auswertung der IRD-Messungen zeigt aber auch, dass die Übergabe bei 45% (18) der untersuchten Verlesebänder ohne kritische Beschleunigungen funktioniert.
Die Qualität der Scheiben ist mit entscheidend. Die Scheiben bestehen aus Kunststoff . Dieser hat die negative Eigenschaft zu altern. Erkennbar ist dies durch seitliches Drücken zweier Scheiben aneinander (Abb 8). Wenn es mit normaler Fingerkraft nicht mehr möglich ist, zwei Scheiben zur Berührung zu bringen, ist dies ein Zeichen für Verhärtung des Kunststoff s. Oftmals brechen dann die Scheiben wie Glas und zeigen scharfkantige Bruchstellen. Aber auch konstruktive Unterscheidungsmerkmale bestimmen die Qualität. Ist die Scheibe dünn und hat eine zu stark gerundete Auflagefläche, steigt die Gefahr der Beschädigung bei druckstellenempfindlichen Früchten.


Abb. 8: Fingertest und Shore A-Prüfung zur Feststellung der Elastizität.

Weich-Elastomere können nach der Shore-A Härteprüfung klassifiziert werden. Einen Vergleich unterschiedlicher Scheiben zeigt die Abb. 12. Die Shore-A Härte wird unterteilt von 0 bis 100 wobei gilt: je größer der Wert, desto härter dass Material. Eine Shore-A Messung kann in ca.15 Sekunden durchgeführt werden und liefert Anhaltspunkte für die qualitative Bewertung der Scheiben. Scheibenverlesebänder mit Shore-A Werten um die 60 sind nach IRD Messungen in der Regel unkritisch.
Von den sechs untersuchten Produkten ist die Scheibe von HuJ (Heitmann und Junge) nicht mehr erhältlich.
Die Scheibe Burg (Burg´s Mashinefabriek) hat eine harte (alte Version) und weiche (neue Version) Ausführung im Programm. Jedoch ist nur die weiche empfehlenswert. Die Scheiben von Palm und Burg (neue Version) liegen nach Shore-A gleich auf. Die A&P-Scheibe ist mit 52 Shore noch etwas weicher. Neue Greefa Scheiben sind zwar mit 68 Shore-A relativ hart. Dies wird aber durch einen dünnen Verbindungssteg zur Auflage kompensiert (Abb. 10). Diese Materialverjüngung wirkt wie ein Stoßdämpfer. Die breiteste Scheibe ist die von Palm mit 12 mm, gefolgt von Burg, A&P und Greefa mit jeweils 10 mm. Vergleicht man die IRD Beschleunigungsmessung mit der reinen Materialprüfung nach Shore-A, ist die IRD Messung überlegen, da sie schädliche Beschleunigungen auf verschiedenen Materialien erfasst.


Abb. 9: Vergleich der Aufl agepunkte zwischen Palm- (links) und Burg- (rechts) Scheiben .


Abb. 10: Neue Greefa Scheiben mit Material-verjüngung unterhalb der Auflagefläche.

Ein optimales Scheibenverleseband sollte bezüglich der Fruchtschonung folgende Kriterien erfüllen:
  1. weiche Scheiben mit einer möglichst fl achen und breiten Auflagefläche (Abb. 9)
  2. geringe Höhenunterschiede bei der Übergabe
  3. Bürsten, die die Berührungen der Früchte bei der Übergabe minimieren und damit gleichzeitig die Bewegungsenergie der Früchte möglichst gering halten
Natürlich gehören die Geschwindigkeitsanpassung der Zu- und Abführung, die Rotationsgeschwindigkeiten der Bürsten und das Reinigen der Scheiben bei starker Verunreinigung dazu.
Ist die Qualität der Scheiben nicht optimal, kann dieser Nachteil durch Bürsten und einen möglichst geringen Höhenunterschied bei der Übergabe der Früchte ausgeglichen werden. Weichere Scheiben können größere Höhenunterschiede durch ihre Federwirkung kompensieren.


Abb. 11: Die Abbildungen zeigen Möglichkeiten der Übergabe auf Scheibenverlesebänder.


Abb. 12: Härteprüfung nach Shore-A für Weich-Elastomere an Scheiben für Verlesebänder.

Die Frage nach einem sinnvollen maximalen Höhenunterschied zwischen dem Verleseband und der vorgelagerten Komponente ist schwer zu beantworten und meistens abhängig von den Gegebenheiten der Sortiermaschine. Beschleunigungen über eine längere Fallstrecke sollten aber vermieden werden. Um Berührungen der Früchte untereinander möglichst gering zu halten, sollte zusätzlich mit Gummilappen und festen oder rotierenden Bürsten gearbeitet werden. Der Tausch der Scheiben ist leicht möglich. Wichtig für den Nutzer ist es zu wissen, welchen Durchmesser die Welle hat. Dieser liegt mehrheitlich bei 20 mm. Die Kosten pro Scheibe liegen zwischen 1,00 und 1,50 € inkl. Mwst. ohne Montagekosten. Ein neues Scheibenverleseband kostet ca. 3.500,- €.
 

FAZIT

Die Scheiben von Verlesebändern sollten regelmäßig kontrolliert und bei Verschleiß oder schlechter Qualität ersetzt werden. Es sollten möglichst Scheiben mit Shore-A Werten um die 60 zum Einsatz kommen.
Besonders gut bei IRD Messungen während des Verbundprojektes haben die Verlesebänder mit Palm-Scheiben abgeschnitten. Bei diesen Scheiben ist zudem die Breite und fl ache Auflagefläche von Vorteil. Auch die Firmen Burg und A&P Service haben mit ihren weichen Scheiben empfehlenswerte Produkte im Programm. Die neuen Scheiben von Burg und Greefa sind gute Weiterentwicklungen und zeigen mit der IRD-Messtechnik nur geringe Beschleunigungswerte.

Medium

Der Obstbauversuchsring Jork gibt die monatlich erscheinende Fachzeitschrift "Mitteilungen des Obstbauversuchsringes des Alten Landes e.V. am Obstbau Versuchs- und Beratungszentrum Jork" heraus. Empfänger sind  ca.950 Obstbauern im Alten Land (Mitglieder im OVR Jork) sowie wissenschaftliche Institutionen weltweit. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse fließen in aufwändige Versuchsarbeiten ein zur Verbesserung des heimischen Erwerbsobstbaues an der Niederelbe. Ergebnisse dieser Arbeiten aus Forschungs- und Versuchswesen werden in den "Mitteilungen" veröffentlicht. Interessierte Leser können bei der Redaktion des Obstbau Versuchs- und Beratungszentrums Jork Artikel im pdf-Format anfordern: redaktion@ovb-jork.de (Brunhilde Mannke- Tel. 04162-6016-154)
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