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Hagelschutz, 10.03.2012

HAGEL- UND WESPENSCHUTZ BEI TAFELTRAUBEN

Beim Anbau von Tafeltrauben sind Fraßschäden durch Insekten und Hagelschlag zwei wesentliche Schädigungen, die sich gravierend auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirken können. 
Maßnahmen dagegen sind schwierig und nicht immer von Erfolg gekrönt. Um zur Produktionssicherungbeizutragen, sollen hier einige Möglichkeiten des Schutzes vorgestellt werden. Des  Weiteren können diese Systeme auch Vögel, Wild und Mäuse abhalten und in Maßen vor Traubendiebstahl schützen.

In geschützten Anbausystemen mit Foliendach und seitlicher Netzabschirmung kann sowohl Hagel wie auch Wespenfraß wirksam verhindert werden, jedoch sind die Investitionskosten und der Arbeitsaufwand für die Installation sehr hoch (ab ca.
50.000 €/ha). Die Bewirtschaftung der Anlage ist teils eingeschränkt (Einsatz von Laubschneidern). Daher werden Systeme
mit geringerem Kostenaufwand wirtschaftlich interessant, wenn gleichzeitig die Produktionsrisiken durch alternative Schutzmaßnahmen abgemildert werden können. Schadensausfälle sind zwar grundsätzlich versicherbar, jedoch bedeutet dies lediglich eine finanzielle Absicherung der Schäden. Ohne vermarktungsfähige Ware können  aber Lieferverträge und Kundenbindungen nicht erfüllt bzw. aufrecht erhalten werden. So gehen schnell Marktanteile verloren, die nur mühsam wieder zurückerobert werden können. Zudem können Schäden am Holz sich auch negativ auf Folgearbeiten (Rebschnitt, Biegen) sowie den Folgeertrag auswirken, die in der Regel nicht versichert sind. Im Kernobstbereich sind fest installierte Hagelnetze bereits Standard. Sie sind aber für Wein- und Tafeltrauben weniger geeignet, da sich eine herkömmliche Anbringung oberhalb der Drahtunterstützungsanlage als nicht praxistauglich erwiesen hat.


  
Fäulnis nach Hagelschlag                        Verletzungen am Holz durch Hagelschlag  Windbruch an jungen Ruten.


NEUES MULTIFUNKTIONSNETZ

Die von der Firma Wagner aus Ehrenkirchen (Baden) speziell für Reihenkulturen neu entwickelte Kunststoff-Netzkonstruktion
Whailex® bietet arbeitswirtschaftliche Vorteile bei einem umfassenden Schutz der Trauben. Das Netz selbst besteht aus den bekannten schwarzen Hagelnetzen. Diese Netze werden ähnlich einer Jalousie dauerhaft von beiden Seiten der Rebspalierreihe installiert und bieten so Schutz der Traubenzone und dem größten Teil der Laubwandzone. Der Schutz der Laubwand über den Trauben ist wichtig, damit die Assimilationsfläche erhalten bleibt. Würde der Anbau nur die Trauben schützen, könnten die geschädigten Blätter die Trauben kaum zur Vollreife bringen. Zudem wären die Ruten für das nächste Jahr geschädigt, so dass wenig geeignetes Fruchtholz vorhanden wäre. Damit die Schutzfunktion erfüllt wird, müssen die Netzbahnen abgerollt sein, was sehr einfach und rationell mittels manueller Drehkurbel vorgenommen wird. Für Pflegearbeiten kann das Netz vorübergehend hoch gerollt und danach wieder abgelassen werden. Dabei reißen Verrankungen ab, die unter Umständen das Netz sonst schädigen würden. Die Installation der Netze erfolgt mittlerweile durch ein spezielles Anbaugerät der Firma Wagner aus Friedelsheim, das an Schmalspurtraktoren oder Raupen angehängt wird. Zur Installation werden zwei Fachkräfte und drei Aushilfskräfte benötigt.
Das Netz ist gleichzeitig eine Hefthilfe, denn die Triebe wachsen aufrecht zwischen den beiden Netzbahnen hoch und richten sich in der Regel gerade auf. Wichtig ist, dass während des Längenwachstums der Triebe die Netze nicht längere Zeit (max. für einige Stunden) im aufgewickelten Zustand bleiben, da sonst die Triebe seitlich wegkippen können und beim Herablassen des Netzes abrechen bzw. an der Spitze abknicken. Über dem Netz reicht eine Drahtstation zur Stabilisierung der Laubwand aus.
 

HAGELAUSWERTUNG 2008

Jahr 2008 konnte in Versuchen am DLR Rheinpfalz an der Keltertraube ‘Riesling’ das Schadensausmaß durch eine Netzabdeckung im Vergleich zur offenen Kontrollreihe sehr stark abgesenkt werden. Dabei zeigte sich aber, dass Beeren, die mit dem Netz Berührung hatten, doch einige Schlagschäden abbekommen haben. Diese Schäden können bereits ausreichen, damit einzelne Trauben als Tafeltrauben nicht mehr vermarktungsfähig sind. Das Netz sollte daher im Tafeltraubenanbau nicht direkt auf den Trauben anliegen. Wie dies technisch zu lösen ist, wird derzeit noch untersucht.


Das neue Hagel-, Vogel- und Insektenschutzsystem Whailex®, hier bei der Sorte ‘Muskat Bleu’.


Mittels Fixierplatte lässt sich das aufgerollte Netz am Draht einhängen.
Bei starkem Hagel (Bodenseegebiet Ende Mai 2009) hat es sich gezeigt, dass durch extreme Windböen die Netze zeitweilig
hoch geschleudert werden können und somit die Trauben nicht mehr vollständig geschützt sind. Kunststoffklammern helfen,
damit die Netzhälften durch Windböen nicht angehoben werden. An den Enden können die Netze auch durch Schnüre/Drähte am Boden (Endanker) verankert werden, sie bleiben so fixiert und können auch nicht ausreißen.

 

SCHUTZFUNKTION GEGEN FRASSSCHÄDE

Neben Hagelschlag spielt auch der Schutz vor Fraßschäden durch Insekten (Wespen, Bienen, Schmeißfliegen, Nachtfalter) eine wichtige Rolle. Allerdings ist der Schutz hier noch nicht vollständig gegeben, da zwischen den Netzbahnen Einflugmöglichkeiten besonders für Insekten vorhanden sind. Als Vogelschutz reicht das Netz in den meisten Fällen aus. Auch als Wildschutz (Wildschweine, Rehe, Hasen, Dachse, Fasane) haben die Netze sich bisher als brauchbar erwiesen. Solange der Wilddruck gering ist und das Wild nur sporadisch die Kulturflächen aufsucht, bieten die Netze eine ausreichende Schutzfunktion. Zudem ist durch das Netz die Windbruchgefahr beim Austrieb gebannt. Für Sorten wie ‘Angela’ oder ‘Theresa’ mit sehr bruchgefährdeten Trieben erweist sich das Hagelnetz daher als Segen. Laut Firmenangaben sollen durch die Netze auch Sonnenbrandschäden vermindert sein.
In den letzten Jahren haben Mäuse als Schadnager an Trauben zugenommen. In „mäusestarken“ Jahren können sie zu einem
ernsthaften Problem werden und die Beeren durch feuchte Erde und Kot stark verschmutzen. Der Schaden kann leicht mit Insektenfraß etc. verwechselt werden. Sofern sie an die Trauben kommen, werden  sie sich kaum von den süßen Beeren
abhalten lassen. Hier helfen zugelassene Giftköder, die in den Mäusegänge abgelegt werden sollten.
 

KEINE EINSCHRÄNKUNG DER KULTURARBEITEN

Keinesfalls dürfen verholzte Ranken ins Netz einwachsen. Deshalb müssen alle Ranken nach dem Triebwachstum im späten
Frühjahr im noch weichen Zustand durch einmaliges Auf- und Abwickeln vom Netz entfernt werden. Auch durch die anstehenden Pflegearbeiten werden automatisch die neu gebildeten Ranken auf diese Weise abgelöst.
Laubschneider können eingesetzt werden, jedoch sollten im Bereich des Netzes durch das Anbringen von speziellen
Schutzgittern am Laubschneider die Netze geschützt werden. Nach Untersuchungen aus Freiburg ist die Reife unter dem Hagelnetz nicht oder nur unwesentlich verzögert. Die leicht stärkere Beschattung wird durch die schwarze Netzfarbe (Wärmeabsorption) in etwa aufgehoben. Auch der Krankheitsdruck ist nicht höher. Durch leichtes Entblättern kann die Abtrocknung zusätzlich unterstützt werden. Ebenso ist die Anlagerung von Pflanzenschutzmitteln kaum vermindert,
die Netze müssen vor der Spritzung nicht aufgerollt werden.
Interessant sind spezielle dichtere (grüne) Schattierungsnetze, um die Ernteperiode eventuell zu verlängern. Jedoch leidet darunter die Abtrocknung und damit die Traubengesundheit.
 

KOSTEN

Die reinen Materialkosten der gängigen schwarzen Hagelnetze belaufen sich auf etwa 13.000,– €/ha. Hinzu kommen noch
Installationskosten, die von den örtlichen Gegebenheiten (Zeilenlänge, -breite, Grundstückszuschnitt, Steigung) abhängen sowie Fahrtkosten. Es ist von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren auszugehen. Da der Betriebsaufwand nach der Installation sich nur auf das mehrmalige hoch- und runterwickeln beschränkt, sind die Kosten leicht kalkulierbar. Schon ein starker Hagelschlag innerhalb der kalkulatorischen Nutzungszeit von 10 Jahren kann die Kosten annährend amortisieren. Hinzu kommt der Vorteil gegen Fraßschädlinge, der jedoch je nach Standort unterschiedlich zu bewerten ist.
 

EINFACHE NETZBAHNEN ALS SCHUTZ VOR VOGEL- UND INSEKTENFRAS

Als vorrangiger Schutz der Ernte vor Fraßschädlingen, insbesondere Vögel, Wespen, Bienen und Schmeißfliegen, aber auch gegen Mäuse bieten sich Insektennetze aus sehr witterungsbeständigem Kunststoff der Firma Brühwiler Balterswil (Schweiz)
an. Das Netz ist variabel, in verschiedenen Größen erhältlich und kann individuell zugeschnitten und der Anlage angepasst
werden. Es eignet sich in erster Linie für kleine Flächen in der Nähe von Gärten, Häusern etc., die damit vollständig geschützt
werden können. Es bedarf keiner speziellen Vorkonstruktion und wird einfach über die gesamte Rebzeile geschlagen. So können auch Sondererziehungen problemlos damit abgedeckt werden. Die Breiten des Netzes werden auf Wunsch schon zugeschnitten geliefert. Die Enden werden entweder in Stammnähe mit Bindedrähtchen zusammen gebunden oder mit Steckhaken bzw. Nagelbrettern fest im Boden verankert.


Netzbahnen von Brühwiler bieten Vollschutz gegen Insekten. 
Das Netz muss straff gespannt sein. Vor allem in Bodennähe dürfen keine Verwerfungen entstehen, in denen sich Kleinsäuger
wie Igeln verfangen können. Aufwändig ist hier allerdings das Öffnen und Schließen des Netzes. Optimal wäre z. B. eine Verbesserung durch den Einbau von Reißverschlüssen, Klettverschlüssen etc. im Netz selbst. Dies würde die Herstellung
aber erheblich verteuern. Alternativ kommen leicht zu öffnende und schließende Klammern in Frage, die im Abstand
von 30 cm die Netzbahnen dicht und überlappend verschließen. Da die Netze variabel angebracht werden, können sie in einer Vegetation mehrfach verwendet werden. Das Netz kann z. B. in verschiedenen Kulturen Verwendung finden oder aber zuerst über frühen Sorten, dann auf späte Sorten gelegt werden.
Im Obstbau werden zunehmend Abwickelgeräte eingesetzt, die hydraulisch weit angehoben werden können. Wenn diese Geräte im Betrieb vorhanden sind, kann die Anbringung breiterer Netzbahnen günstiger sein. So können die Netze über mehrere Zeilen flächig überspannt werden (Überzeilennetze), was, abgesehen von den Materialkosten, auch Kosten für das Verschließen spart. Die Zeilen sind unter dem Netz begehbar, die Netze müssen nur noch an einer Stelle geöffnet werden.
 

KOSTEN

Der Kostenansatz bezieht sich auf eine überzeilige Bespannung: Pro Zeile sind zwei Teilnetze mit je 3 m Breite erforderlich, die oben und unten überlappend sind bzw. miteinander verklammert werden. Die reinen Netzkosten ohne Klammern und Bodenbefestigung bei 3 m-Zeilung und 2 x 3-Meter-Stücken liegen bei ca. 12.000,– €/ha, das sind bei 10 Jahren Nutzungsdauer etwa 1.200,– €/Jahr bzw. 8 ct/kg Traube (bei 15.000 kg/ha vermarktungsfähigem Ertragsansatz). Hinzu kommen Kosten für das Anbringen, Rückbau nach der Ernte, Netzlagerung sowie Klammerung und Bodenbefestigung.
 

ALTERNATIVE: WESPENFLASCHEN

Eine recht aufwändige Alternative zum Einnetzen, mit nicht immer befriedigender Wirkung, stellen Wespenflaschen dar. Hierzu
werden am besten Getränkeflaschen (PET) im oberen Drittel mit etwa sechs Löchern (2,2 cm Durchmesser) versehen.

  
Bienen und Wespen machen sich gerne über Frühsorten her. 


Wespenflaschen sind eine, wenn auch nicht so sichere, Alternative zum Einnetzen.


Die Köderflüssigkeit in Wespen-Spezailfallen hat den Vorteil, dass sie nicht vergärt und deshalb lange fängig ist.

Die Flaschen werden zu etwa einem Drittel mit der Köderflüssigkeit befüllt, die aus 80 % Süßmost, 20 % Weinessig und einem
Schuss Spülmittel besteht. Alternativ kann auch 60 % Bier, 20 % Weinessig und 20 % Himbeersirup zum Einsatz kommen. Die Flaschen werden in den Parzellen aufgehängt, wobei die Randbereiche stärker behängt werden sollten. Der Deckel wird wieder aufgeschraubt, da die Öffnung zu groß ist und die Wespen wieder herausfliegen können. Sobald die Flüssigkeit gärt, nimmt die Fängigkeit ab und es sollte die Köderflüssigkeit erneuert werden. Im Handel gibt es auch recht teure Spezialfallen, die aber eher als Einzelfalle im Garten (z. B. auf der Terrasse wenn dort gespeist und Getränke serviert werden) in Frage kommen, als dass damit großflächig Kulturen geschützt werden. Die enthaltene Köderflüssigkeit hat den Vorteil, dass sie nicht vergärt und so lange fängig ist. Jedoch sollten die darin ertrunkenen Insekten von Zeit zu Zeit abgesiebt werden, damit sie nicht als Hut über der Flüssigkeit schwimmen.

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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