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Software, 09.01.2018

Farming 4.0

Das Startup PAS Peschak Autonome Systeme hat eine Lösung entwickelt, um autonom landwirtschaftliche Flächen zu bestellen.
Kaum, dass er auf eigenen Beinen steht, hat der Bub bereits den Sitz des Steyr-Traktors erobert, das Lenkrad fest im Griff. Eine Schwarz-weiß-Aufnahme zeigt Bernhard Peschak, der schon früh ein gewisses Faible für Trecker entwickelt hat. Heute ist der studierte Maschinenbau-Ingenieur Chef des öster­reichischen Startups PAS Peschak Autonome Systeme GmbH. Ironie der Geschichte: Peschak arbeitet daran, seinem früh­kindlichen Spaß den Garaus zu machen. Er hat nämlich eine günstige Nachrüsttechnik entwickelt, mit der Traktoren und andere Fahrzeuge autonom fahren und zudem etliche Aufga­ben übernehmen können. „Unser Ziel ist, die Technik für relativ kleines Geld jedem zugänglich zu machen", sagt Peschak. Für sein ASK (autonomes System für Kraftfahrzeuge und Maschi­nen) sieht Peschak weit und breit keinen Konkurrenten, denn es kann weit mehr als nur einen Traktor selbstständig auf dem Feld seine Bahnen ziehen zu lassen. „Das System ist extrem si­cher, problemlos nachrüstbar und multifunktional", erklärt der Ingenieur. Der Charme der Lösung liegt in ihrem einfachen und robusten Design: Zwei hinter der Frontscheibe angebrachte Stereokameras generieren fortlaufend ein präzises dreidimensionales Abbild ihrer Umgebung. Das wird mit digitalen Karten abgeglichen, so dass sich der Traktor präzise von selbst lokali­sieren und seine Wege optimal planen kann. GPS ist nicht nö­tig. Für Peschak der entscheidende Vorteil: „GPS ist blind", sagt er. Taucht vor dem Fahrzeug ein unerwartetes Hindernis auf, helfen Geoinformationen aus dem All nicht weiter. Abgesehen davon wird das GPS-Signal in freier Wildbahn zu oft gestört, etwa durch Bäume, zuweilen aber auch durch Anbaugeräte. Sehend wird das System außerdem durch diverse Infrarot- und Wärmebildkameras. Einsetzbar sind aber auch Radar- und Ul­traschallsensoren - Hauptsache, der Rechner kann aus den Da­ten nahezu in Echtzeit 3D-Informationen generieren.
Wir greifen auf jahrzehntelange Forschung und Entwick­lung von Methoden der dreidimensionalen Bilderfassung und -Verarbeitung zurück", so Peschak. Er hat Forschungspartner aus der FH Technikum Wien, dem Technologie- und Innova­tionszentrum Grieskirchen sowie der Universität für Boden­kultur Wien um sich geschart. Peschak, selbst als Lektor für Mechatronik an der Uni tätig, hatte ursprünglich den Auftrag erhalten, ein sicheres Fahrzeug für den Katastropheneinsatz zu entwickeln, etwa um Opfer nach Atom- oder Chemieunfäl­len sowie in Kriegen aus vermintem Gelände zu bergen: „Wir merkten schnell: Hundertprozentige Sicherheit wird es für die Fahrer nicht geben. Also war klar, dass es ein autonom fahren­des System sein müsse." Daher stand auch gleich fest, dass das Fahrzeug selbst unter widrigen Umständen wie Rauch, Staub oder schlechtem Wetter sicher operieren musste. Nachdem es auf dem Feld auch nicht gerade zimperlich zugeht und viele sei­ner Freunde und Verwandten in der Landwirtschaft tätig sind, wagte Peschak vor knapp drei Jahren mit seiner Technologie den Sprung in die Selbstständigkeit. Als eine Art Vorgänger des autonomen Traktors kann ein selbstfahrender Militärtranspor­ter gelten, den Peschak als Leiter der Abteilung Fahrzeug- und Gerätetechnik beim österreichischen Bundesheer mit seinem Team entwickelt hat. Dabei wurde von Beginn an auf handels­übliche Komponenten gesetzt - wie jetzt auch beim ASK. Die Intelligenz des Systems steckt in den selbstlernenden Algo­rithmen. Durch sie wird es überhaupt erst vielfach einsetzbar. Die Kameras erfassen jedes einzelne Gewächs, Algorithmen erkennen, ob es sich um eine Nutzpflanze oder um Unkraut dreht. Sensoren scannen den Pflanzenzustand, woraus das System selbstständig folgert, wie viel Dünger und Schutz­mittel ausgebracht werden müssen. Dazu wird die autonome Steuerung der Anbaugeräte integriert, so dass das Gespann von selbst pflügt, sät, mäht oder eben Unkraut jätet. Letzte­res soll, wie der Österreicher betont, völlig ohne Chemie ge­schehen, nämlich - zisch - mit einem Laserstrahl. „So wird eine richtig dosierte und millimetergenaue Bewirtschaftung möglich", sagt Peschak. Mit anderen Worten: Precision Far-ming. Genau das hat die Kapitalgeber der unerwartet erfolg­reichen Crowdfunding-Kampagne überzeugt, darunter viele Biobauern, die sich von dem System nicht nur eine Arbeitser­leichterung versprechen, sondern eine schonende Bodenbe­wirtschaftung, die vielleicht künftig komplett ohne Pestizide auskommt. Die Erträge können trotzdem steigen. Denn die „Augen" der autonomen Trecker erkennen, ob Pflanzen Man­gel leiden oder erkrankt sind, worauf das System flugs errech­net, wo wie viel gedüngt werden muss - auf den Punkt. Die reine Hardware für die Nachrüstlösung ist für unter 10 000 Euro plus Lizenzkosten zu haben. „Die Kosten hängen auch von der Kooperation mit Herstellern von Traktoren ab, da die optimale Integration über eine Bus-Schnittstelle erfolgen kann, über die alle (Fahr-)Funktionen eines modernen Traktors ange­steuert werden", erklärt Peschak. „Wenn wir Zugriff erhalten, können wir unser ASK sehr einfach und kostengünstig integrie­ren." Ohne die Datenübertragung wird es zwar etwas aufwen­diger, aber immer noch mach- und bezahlbar.
Nächstes Ziel ist die Autoindustrie, die PAS für sich gewinnen möchte. Vor allem in der sicheren und schnellen Objekterken­nung treiben die Österreicher ihre Forschung voran: „Autonom fahren ist keine große Kunst. Sicher Objekte zu erkennen, zu klassifizieren und ihr Verhalten zu beurteilen, schon", erklärt Peschak. So wie das System zuverlässig zwischen einem Gras­halm und Winterweizen unterscheiden kann, so soll es auch erkennen, ob eine Mülltonne am Straßenrand steht oder ein Kind, das gleich auf die Fahrbahn rennt. Künftig könnte es auf den Straßen womöglich wieder so sicher sein wie damals vor gut 50 Jahren, als Peschak seine ersten Schritte als traktor­faszinierter Bub unternahm.
 
 
Name:                     PAS Peschak Autonome Systeme GmbH
Standorte:              Großweikersdorf (Niederösterreich) und Wien/Süßenbrunn
Produkt:                 ASK (autonomes System für Fahrzeuge und Maschinen), autonome Nutzpflan­zenerkennung, 
                                 chemiefreie autonome Beikrautbekämpfung, Pflanzenzählung, Pflanzenreihenführung, Dünger-
                                 bedarfsbestimmung, 3D-Kartografie-rung, kundenspezifische Entwicklung autonomer Systeme
Gründung:             2014
Gründer:                Bernhard Peschak
Investoren:            Crowdinvesting mit Conda
Mitarbeiter:           6
Auszeichnungen:  2. Platz in „120 Sekunden Wettbewerb Bezirksblätter"; RIZ: Gründer des Monats

»Unser Ziel ist, die Technik für relativ kleines Geld jedem zugänglich zu machen«
Bernhard Peschak, Gründer, PAS

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Firmen verfügen über ein umfassendes Wissen zur Technik im Obst- und Weinbau, welches sie auch auf dieser Plattform zur Verfügung stellen.
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