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Ausdünnmaschinen, 09.03.2012

ERFAHRUNGEN MIT DER MECHANISCHEN AUSDÜNNUNG IN DER STEIERMARK

Die Fruchtausdünnung zählt zu den wichtigsten Kulturmaßnahmen im Apfelanbau und verfolgt das Ziel, regelmäßige und qualitativ hochwertige Erträge zu erreichen.
Die Fruchtausdünnung zählt zu den wichtigsten Kulturmaßnahmen im Apfelanbau und verfolgt das Ziel, regelmäßige und qualitativ hochwertige Erträge zu erreichen. Bei reichlich blühenden Obstanlagen führen hohe Fruchtansätze zu einem überproportionalen Anteil unterentwickelter und somit minderwertiger Früchte. Daneben wird durch die zu hohe Fruchtzahl bei einigen Sorten häufig Alternanz ausgelöst. Bei einer optimalen Wirkung der chemischen Ausdünnung lässt sich der Arbeitsaufwand für die Handausdünnung auf ein wirtschaftlich vertretbares Ausmaß reduzieren und im Folgejahr ist wiederum mit einer für einen Vollertrag ausreichenden Blühstärke zu rechnen.
In Österreich sind für die chemische Ausdünnung von Äpfeln derzeit noch eine Reihe von Ausdünnmittel registriert (Tabelle 1); mit Ende des Jahres 2010 besteht jedoch die Gefahr, dass zwei wichtige Wirkstoffe aus der Auxingruppe (NAAm, NAA) für die Praxis nicht mehr zur Verfügung stehen, da die Aufnahme in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG (EU Pflanzenschutz-Wirkstoffliste) nach dem heutigen Stand des Wissens noch nicht sicher ist. Damit könnten auch für Österreich zwei etablierte Ausdünnmittel (Dirigol und Late Val) für die Praxis verloren gehen. In Deutschland hat sich in den letzten Jahren aufgrund der unbefriedigenden Zulassungssituation bei den chemischen Ausdünnmitteln die mechanische Ausdünnung mittels Anbaugeräten als sinnvolle Alternative herauskristallisiert. Abb. 3 zeigt eine mögliche Ausdünnstrategie, in der auch die Ausdünnmaschine entsprechende Berücksichtigung findet.
 
Wirkstoff Handelname Ausdünnfenster Zulassung bis
Ethephon Flordimex 420* Ballonstadium – Blühbeginn bzw. 20 - 24 mm  31.12.2016*
NAAm Dirigol N Abgehende Blüte - max. 5 mm Fruchtgröße 31.12.2010
NAA LateVal Fruchtgröße am mehrjährigen Holz 8 - 12 mm (Zentralfrucht) 31.12.2010
BA MaxCel** Fruchtgröße am mehrjährigen Holz 8 - 14 mm (Zentralfrucht) 01.01.2019*
Tab. 1: Zulassungssituation für chemische Ausdünnmittel in Österreich 2010
* Zulassung in Deutschland; ** Zulassung in den Niederlanden


Abb. 3: Ausdünnfenster für die Ausdünnmaschine und die in Österreich zugelassenen Ausdünnmittel
 
Einsatz von Ausdünnmaschinen 
Nach dem drohenden Verlust zweier essentieller Ausdünnmittel stehen neben den beiden chemischen Wirkstoffen Ethephon (Flordimex 420) und Benzyladenin (MaxCel) zwei Typen von Ausdünnmaschinen (Tree – Darwin von H. Gessler, Bodensee, Abb. 1 und die Ausdünnmaschine der Universität Bonn, entwickelt von Dr. L. Damerow und Dr. M. Blanke, Abb. 2) als Alternative zur chemischen Fruchtausdünnung zur Verfügung (Tabelle 2). Vorteile beim Gerät Tree Darwin sind neben der direkten Einstellmöglichkeit der Spindeldrehzahl unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit auch die Verbesserung der Qualität der Kunststofffäden durch den Einsatz von Spritzgussseilen. Damit ist eine noch schonendere Ausdünnung - auch bis ins Innere der Baumkrone - möglich; auch die Haltbarkeit der Spritzguss-Schnüre ist gegenüber dem Vorgängermodell deutlich verlängert. Beim neuen Ausdünngerät ist aber unbedingt zu beachten, dass die Drehzahl der Spindel um ca. 40 - 60 U/min reduziert wird, um eine mögliche Überdünnung zu verhindern (Tabelle 3). Zudem wird empfohlen, die Anzahl der Schnüre durch Herausschneiden um 50 % zu reduzieren (Abb.3)
 
Fahrgeschwindigkeit km/h  
Kunststoff-Fäden bis 2008 – alt(U/min)  
Spritzguss-Schnüre ab 2009 - neu (Empfehlung Fruittec) U/min
-           Min Max Min Mittel Max
6 - - 200 200 220
8 260 300 220 220 240
10 280 350 220 240 260
12 320 370 240 260 280
14 340 400 260 280 300
16 350 410 280 300 320
18 - - 300 320 340
           
Tab. 3: Einstellung der Ausdünnmaschine Tree Darwin (Vergleich Gerät alt und neu)
 
Die exakte Einstellung (Fahrgeschwindigkeit und U/min) für eine Anlage beruht jedoch auf Erfahrungswerten und kann nicht exakt vorgegeben werden.
 
Vor- und Nachteile von Ausdünnmaschinen
Den Vorteilen der Witterungsunabhängigkeit, der guten Wirkung gegen Alternanz (auch bei schwierigen Sorten wie z.B. Fuji) und der relativ kostengünstigen Variante stehen als Nachteile die Ast- und Blattschäden, die Anregung des Triebwachstums und die mögliche Gefahr einer Übertragung von Krankheiserregen gegenüber (Tab 4). Zudem ist der Behandlungserfolg einer mechanischen Ausdünnung nicht sofort sichtbar, da durch verschiedene Faktoren (wie z.B. Anregung des Wachstums, zusätzliche Ethylenentwicklung durch Blatt- und Blütenschäden, Beeinflussung des Kohlenhydrathaushalts etc.) der Junifall noch verstärkt werden kann. Bei der Bonner Maschine zeigten sich gegenüber Tree Darwin mehr Holz- und Rindenschäden, da das blanke Metall der horizontalen Rotoren sehr stark über die waagrechten Äste scheuerte (Abb. 4). 
In zahlreichen Versuchen ließ sich auch ein additiver Effekt bei einer Kombination mit einer chemischen Ausdünnung nachweisen, d.h. die Wirkung eines chemischen Ausdünnmittels konnte durch eine vorangestellte mechanische Ausdünnung um 40 - 50 % gesteigert werden.
 
Ausdünnmaschine Typ Tree Darwin (H. Gessler, Bodensee) Ausdünnmaschine Typ Uni Bonn (L. Damerow, M. Blanke)
Eine vertikale Spindel Drei oder vier horizontale Spindeln
Hohe Fahrgeschwindigkeit (6 – 14 km/h) Niedrigere Fahrgeschwindigkeit (4 - 7 km/h)
Rotordrehzahl 300 – 450 U/min (neue Schnüre 200 - 320 U/min) Rotordrehzahl 400 - 600 U/min
 
Kosten ca. € 7.000.- Kosten ca. € 8.000.-
 
Herstellung Fruit-Tec (D) www.fruit-tec.com   
Vertretung in Ö – Firma Lindner (Hirnsdorf) Vertretung in Ö - Firma AgroComTech (Landring), Hirnsdorf www.agrocomtech.at
Tab. 2: Ausdünngeräte - Überblick
 
Vorteile Nachteile
Witterungsunabhängig (jedoch nicht bei Regen) Früher Einsatztermin (ATS – Zeitpunkt)
 
Längeres Ausdünnfenster (Optimum bei Vollblüte) Behandlungserfolg ist nicht sofort sichtbar?
 
Auch für schwer ausdünnbare Sorten? Ast-, Blatt- und Blütenschäden möglich (Primärblätter Þ Reduktion der Assimilationsfläche), Ethylenentwicklung
Alternazbrechung (Fuji, Elstar, Juliet etc.)? Problem bei formierten Trieben
Verminderung des Handausdünn-aufwandes (40 – 50 Akh/ha) Anregung des Triebwachstums – (Kombination mit Regalis)
Chem. Ausdünnung wirkt besser (+ 40 – 50 %) Krankheitsübertragung (Feuerbrand?)
Für IP und Bioanbau Desinfektion bei überbetrieblichen Einsatz
Preiswert (ca. € 70 - 80.-/ha) = 0,5ct/kg Lebensdauer der Fäden
 
  Einsatzhöhe durch Hagelnetze (Querseile) begrenzt (Wipfel wird nicht ausgedünnt)
 Tab. 4: Vorteile und Nachteile der maschinellen Ausdünnung
 
Versuchsergebnisse mit den Ausdünnmaschinen im LVZ Haidegg und in der Obstbaufachschule in Gleisdorf
Versuchsschwerpunkte der letzten Jahre waren der Einsatz von Ausdünnmaschinen zur Ertragsregulation im Bioobstbau (in Kombination mit Schwefelkalk, Abb. 5), die Ausdünnung von Steinobst (Zwetschke, Pfirsich) sowie die Kombination mechanische mit der chemischen Ausdünnung im integrierten Apfelanbau bei Alternanzsorten. Das primäre Versuchsziel lautete hier Alternanzbrechung, da alle Bäume in den Versuchsparzellen Weißblüte zeigten (Blühstärke von 8 ­- 9 in einer neunteiligen Skala). Daneben ging es auch um die Förderung der Fruchtqualität (Fruchtgröße, Ausfärbung, innere Qualität), da sich bei den meisten Sorten mit Größenklassen von 65 bis 85 mm die besten Preise erzielen lassen.
In der Bioparzelle der Versuchsstation Haidegg erfolgte ein Einsatz der neuen Tree Darwin Ausdünnmaschine mit Spritzguss-Schnüren bei den Sorten Topaz, Opal, Luna und Goldrush (Pflanzjahr 2002, Einzelreihe unter Hagelnetz, Pflanzabstand 3,4 x 1,0 m, Schlanke Spindel). Folgende Versuchsvarianten kamen zur Ausführung:
  1. Kontrolle
  2. Mechanische Ausdünnung (Tree Darwin neu): 8 km/h und 240 U/min
  3. Schwefelkalk 2 x 20 l/ha (Vollblüte mehrj. + einjähriges Holz)
  4. Mechanische Ausdünnung Þ Schwefelkalk (Varianten 2 + 3)

Abb. 6: Ertragsdaten des Ausdünnversuchs bei der Bioapfelsorte Topaz


Abb. 7: Fruchtgröße (Fruchtgewicht in Gramm und Durchmesser in mm) und Ausfärbung (rote Backe) bei der Bioapfelsorte Goldrush
 
Zusammenfassung der Ergebnisse im Bioapfelanbau
  • Mechanische Ausdünnung mit Tree Darwin neu erbrachte optimale Ergebnisse bei Topaz (Abb. 6) und Luna, war jedoch zu schwach bei Goldrush (Abb. 7)
  • Verstärkung der mechanischen Ausdünnung durch Schwefelkalk; Gefahr einer Überdünnung bei der Kombination mechanischer mit chemischer Ausdünnung, vor allem bei leicht ausdünnbaren Sorten (wie z.B. bei Topaz, Luna etc.); keine additiven Ausdünneffekte bei Goldrush
  • Schwefelkalk allein ist in der Wirkung bei bestimmten Sorten oft zu schwach (Goldrush, Topaz, Opal etc.)
 
Mechanische Ausdünnung beim Pfirsich
Erste Tastversuche zur mechanischen Ausdünnung bei zwei Pfirsichsorten wurden mit der Bonner Maschine 2009 in der FS Gleisdorf im Rahmen eines Schülerprojektes (Projektarbeit Brandl C., 3. Jg 2008/09) bei Redhaven und Benedicte - mit dem Ziel der Reduktion des Handausdünnaufwandes und Fruchtgrößenförderung - durchgeführt
Neben der Ausdünnmaschine Typ Bonn (4 km/h, 400 U/min) kam eine chemische Variante mit Ethephon (Flordimex 420, 0,05% in die abgehende Blüte) im Vergleich mit einer Kontrolle zur Anwendung. Die vorläufigen Ergebnisse sind jedenfalls sehr vielversprechend. Durch die mechanische Ausdünnung wurde eine gute Ausdünnwirkung verbunden mit einer Reduktion des Handarbeitsaufwandes von ca. 50 %  erzielt (Tab. 5). Als negative Begleiterscheinung ist jedoch das Auftreten von Holzschäden durch die rotierenden Fadenarme anzuführen. Ein Pluspunkt dagegen ist die Förderung der Fruchtgröße durch Behangsreduktion.


Tab. 5: Ergebnisse der mechanischen und chemischen Ausdünnung bei der Pfirsichsorte Redhaven
 
Zusammenfassung
Aufgrund der ersten Ergebnisse scheint die mechanische Ausdünnung für die Zukunft eine vielversprechende Methode der Behangsregulierung nicht nur im Bioobstbau zu sein. Auch in der integrierten Produktion kann die Ausdünnmaschine ihren Platz in der Ausdünnstrategie bei chemisch schwierig ausdünnbaren Alternanzsorten finden, zumal die Wirkung der chemischen Ausdünnung durch die mechanische Vorlage deutlich verstärkt wird. Dieser Aspekt erscheint angesichts der drohenden Gefahr einer möglichen Reduktion der Anzahl chemischer Ausdünnmittel in naher Zukunft von großer Wichtigkeit zu sein.
Wie die ersten Ergebnisse zeigen, dürften beide Gerätetypen ihre Berechtigung in der Praxis haben. Während für schlanke hohe Spindelanlagen die Vorteile bei „Tree Darwin neu“ deutlich überwiegen, scheint für breit ausladende Kronen (ältere Spindelanlagen mit größeren Kronenvolumen) die Ausdünnmaschine „Typ Bonn“ besser geeignet zu sein. Perspektiven eröffnen sich mit dem Bonner Gerät auch in der mechanischen Ausdünnung von Steinobst (Zwetschken, Pfirsich).
 

Medium


„Besseres Obst“  ist die Fachzeitschrift für Erwerbsobstbauern und alle am Obstbau Interessierten. Neben Beiträgen zur Technik bringt das Fachmagazin zielgerichtete Informationen und Fachartikel zu Produktion, Pflanzenschutz, Sorten, Ernte, Lagerung und Vermarktung von Tafelobst sowie zur Obstverarbeitung.

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