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Zubehör, 17.03.2014

WIRKUNGSWEISE DER HEISSWASSERBEHANDLUNG VON ÄPFELN

Die sichere und hohe Wirkung von Heißwasserbehandlungen frisch geernteter Äpfel gegen Befall durch pilzliche Lagerfäulen und Lagerschorf ist seit vielen Jahren bekannt.
Die sichere und hohe Wirkung von Heißwasserbehandlungen frisch geernteter Äpfel gegen Befall durch pilzliche Lagerfäulen und Lagerschorf ist seit vielen Jahren bekannt. Eine dreiminütige Tauchphase bei 50-52 °C hat sich als besonders effektiv erwiesen. Die obere Grenze der Tauchtemperatur wird durch beginnende Verbrühungen der Fruchtoberfläche gesetzt. Je nach Apfelsorte kann dies bereits bei 52 °C der Fall sein.
Es besteht die allgemeine Annahme, dass die Wirkung des Heißwassertauchens (HWT) auf einem direkten Effekt der Hitze gegen das pilzliche Inokulum auf oder in der Frucht beruht. Hierfür fehlen jedoch experimentelle Beweise. Die grundlegende Frage der Wirkungsweise des HWT wurde daher in einer Kooperation zwischen der Universität Aarhus (Dänemark) und dem ESTEBURG-Obstbauzentrum Jork untersucht.
 

WIRKUNGSKURVE DES HWT GEGEN PILZSPOREN

Die meisten Erreger der zum Zeitpunkt der Ernte noch nicht sichtbaren Lagerfäulen liegen als Pilzsporen auf der Fruchtoberfläche vor oder sind durch begrenztes Keimschlauchwachstum bereits in die Fruchthaut vorgedrungen. Für die Versuchsarbeit wurden aus Reinkulturen verschiedener Pilzarten Sporen entnommen, in Wasser suspendiert und auf eine Konzentration von 2 Mio./ml verdünnt. Kleine Volumina (0,25 ml) wurden in dünnwandige 1,5 ml-Plastikgefäße gefüllt und dann drei Minuten lang in einem Wasserbad bei verschiedenen Temperaturen getaucht. Anschließend wurden einzelne Tropfen der Suspension auf Kartoffelglukose-Agar pipettiert und 24 Stunden lang bei 20 °C bebrütet. Durch Mikroskopie wurde dann für jede Tauchtemperatur der Anteil gekeimter Sporen ermittelt. Dieser Versuch wurde für jeden Schadpilz dreifach durchgeführt. Die Hemmkurven verschiedener Erreger zeigten gravierende Unterschiede (s. Abb. 1). Die Keimfähigkeit von Sporen des Bitterfäule-Erregers Neofabraea alba sowie des Gummifäule-Erregers Phacidiopycnis washingtonensis wurde bei 40 °C zu 50% gehemmt, Sporen anderer Schadpilze wie Neonectria galligena und Botrytis cinerea hingegen erst bei Temperaturen um 44 °C. Auffällig war der Grünfäule-Erreger Penicillium expansum, dessen Sporen erst bei Temperaturen abgetötet wurden, die an 'Elstar'-Früchten bereits deutliche Hitzeschäden verursachen können. Da das HWT aber auch gegen die durch diesen Pilz verursachte Lagerfäule eine Wirkung zeigt, wurde P. expansum im Detail untersucht.
 

WIRKUNGSKURVE DES HWT GEGEN P. EXPANSUM IM APFEL

Früchte der Sorte 'Elstar' wurden verwundet (drei Wunden pro Frucht, jeweils 2 mm breit und 1 mm tief), direkt danach durch Auflegen eines Tropfens einer Sporensuspension von P. expansum beimpft und für 24 Stunden bei 2 °C gelagert. Nach dreiminütigem Tauchen bei verschiedenen Temperaturen wurden diese Früchte anschließend bis zu sechs Wochen im Kühllager bei 2 °C aufbewahrt. Nach dem Auslagern wurde der Anteil von Wunden mit der durch diesen Pilz verursachten Fruchtfäule ausgewertet (s. Foto 1A-C). Der Versuch wurde vierfach angelegt. Für jede Tauchtemperatur wurden je Wiederholung zehn Früchte verwendet. Bei jeder Temperatur wurden zusätzlich 4 x 10 verwundete, nicht inokulierte Früchte getaucht. Diese zeigten keinen Befall, so dass eine Kontamination der Früchte während des Tauchens oder in der nachfolgenden Lagerung ausgeschlossen werden konnte. Bei den für HWT optimalen Temperaturen um 50 °C zeigte sich eine hohe und signifikante Wirkung gegen P. expansum (s. Abb. 2 und Foto 1A). Bei höheren Temperaturen wurde jedoch ein starker Befallsanstieg beobachtet, der mit Hitzeschäden an den Früchten einherging (s. Foto 1B). Schon ab 54 °C war die Wirkung des HWT komplett aufgehoben. Diesen Zusammenhang zwischen einer Hitzeschädigung der Früchte und dem zunehmenden Befall durch P. ex-pansum bei Temperaturen ab 52 °C konnten wir somit nicht durch eine direkte Wirkung der Hitze auf P. expansum erklären.
 

BEIMPFUNG VOR UND NACH DEM TAUCHEN

Wenn eine durch Hitze stimulierte Veränderung der Frucht der Schlüssel zur Wirkung des HWT-Verfahrens wäre, müsste sich der Effekt des HWT im optimalen Bereich um 50 °C auch an Früchten einstellen, die erst nach dem Tauchen beimpft worden sind. Der entsprechende Vergleich einer Beimpfung von 'Elstar'-Früchten vor oder nach dem Tauchen wurde ebenfalls mit P. expansum durchgeführt. Die Ergebnisse (s. Abb. 3) zeigten eine weitgehende Übereinstimmung der beiden Kurven: Eine starke Befallsreduzierung bei Temperaturen um 50-52 °C, gefolgt von einem steilen Anstieg des Befalls durch P. ex-pansum nach höheren Tauchtemperaturen, welche erste Verbrühungen an der Fruchtoberfläche verursachten. Erst bei einer Tauchtemperatur von 70 °C ließ sich ein starker und direkter Hitze-Effekt auf P. expansum ausschließlich an solchen Früchten nachweisen, die vor dem Tauchen beimpft worden waren. Diese Früchte hatten schwerste Hitzeschäden erlitten und waren auf ihrer gesamten Oberfläche verbräunt (s. Foto 1C).
 

WIRKUNG DES HWT DURCH STIMULIERUNG DER ABWEHRKRAFT

Eine vornehmlich auf der Stimulierung des Immunsystems beruhende Wirkung des HWT würde bedeuten, dass Fruchtinfektionen durch verschiedene Lagerfäule-Erreger bei steigenden Temperaturen bis ca. 50 °C einheitlich gehemmt werden. Die Hitzeresistenz des Pilzes beeinflusst dann lediglich die Fähigkeit zur Fäulnisbildung nach noch höheren Tauchtemperaturen. Dieses differenzierte Bild, schematisch dargestellt in Abb. 4, konnte in unseren detaillierten Untersuchungen u. a. mit N. alba und P. wa-shingtonensis (kein Anstieg nach 3 Min. bei > 52 °C) sowie N. galligena und B. cinerea (leichter Anstieg) bestätigt werden. Wie kann man sich eine Stärkung der Abwehrkräfte durch Hitze vorstellen? Für verschiedene Früchte, darunter auch Apfel und Grapefruit, konnte durch mehrere Forschergruppen gezeigt werden, dass ein milder Hitzeschock die Expression verschiedener Proteine induziert. Hierzu gehören neben den eigentlichen Hitzeschock-Proteinen auch Enzyme, die an der Abwehr von Schaderregern beteiligt sind, wie z. B. Chitinasen oder Glucanasen. Eine gesteigerte Synthese von niedermolekularen Verbindungen mit Abwehrfunktion (Phytoale-xine) ist ebenfalls denkbar. Wird das Gewebe durch zu hohe Temperaturen geschädigt, kommt es nicht zur Hitzeschock-Reaktion. Stattdessen steht dem Pilz, der diese Behandlung überlebt hat, totes Gewebe zur Verfügung, welches leicht zu besiedeln ist.
 

BEDEUTUNG DER BEFUNDE

Unsere Arbeiten liefern Belege dafür, dass die Wirkung des HWT primär auf eine Induktion der Resistenz des Apfels und nur sekundär auf das direkte Abtöten des Schadpilzes durch Hitze zurückzuführen ist. Hieraus ergeben sich viele Fragen. Wie lange dauert die Wirkung des Hitzeschocks an? Befunde aus der Literatur deuten beim Apfel auf eine Wirkungsdauer von einigen Wochen im Kühllager hin. Wirkt der Hitzeschock auch an gelagerten oder nur an frisch geernteten Äpfeln? Verschiedene Versuche aus unserem Forschungsprojekt zeigen klar, dass Früchte auch noch nach mehrmonatiger Lagerung durch Hitzeschock stimuliert werden können. Dies könnte die Einsatzmöglichkeiten der HWT-Methode erweitern, da eine Behandlung der Früchte zum Zeitpunkt der Auslagerung möglich wäre, um die Stabilität der Ware auf dem Weg zum Verbraucher zu erhöhen.
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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