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Sprühgeräte, 10.12.2019

Nicht nur auf die Düsen kommt es an!

Immer wieder wird diskutiert, ob mit einer grob- oder feintropfigen Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln bessere Behandlungserfolge zu erzielen sind. Die Landwirte sind in dieser Frage unterschiedlicher Meinung, obwohl Messungen und langjährige Erfahrungen zumindest aus technischer Sicht ein einheitliches Bild ergeben. Nicht „entweder oder“, sondern „sowohl als auch“ lautet die Antwort zur Frage nach der Tropfengröße.
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Kontaktmittel und translaminar funktionierende Wirkstoffe (anders als systemische) einen möglichst lückenlosen Belag benötigen, um die gewünschte Wirkung entfalten und die Pflanzen bestmöglich schützen zu können. Diese Wirkstoffgruppen sind in der Steiermark für einen erfolgreichen Pflanzenschutz nahezu unverzichtbar und stellen zudem an die Applikation weitaus höhere Ansprüche als systemische Mittel. Ziel muss es daher sein, den Wirkstoff mit Hilfe des Gebläseluftstromes möglichst vollständig und gut verteilt auf die Blattunter- und Blattoberseite aufzubringen. Aus technischer Sicht sind zwei Punkte für den Erfolg ausschlaggebend:

1.    Die Wahl der Düsen bzw. Düsenkombination
Die Düsen erzeugen Tropfen in unterschiedlicher Größe (grob- oder feintropfig). Das beeinflusst den Bedeckungsgrad und die benötigte Wassermenge.

2.    Wahl des idealen Gebläseluftstromes
Der Gebläseluftstrom ist für den zielgerichteten Tropfentransport und für die Anlagerung der Tropfen auf der Zielfläche verantwortlich. Die enorme Bedeutung des Gebläseluftstromes für den Behandlungserfolg wird selten erkannt.

Bei den Betrieben in der Steiermark hat sich, unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit, Schlagkraft, Bodenbelastung und Abtropfverlusten in Abhängigkeit von Kultur, Vegetationsstadium und Pflanzenschutzmittel eine Wasseraufwandmenge von 200-400 l/ha für den Obstbau und 150-600 l/ha (bei voller Laubwand) für den Weinbau etabliert.
 

Vorteile sind Nachteile?

Der derzeit noch am meisten verwendete Düsentyp ist die Hohlkegeldüse. Dieser Düsentyp wird bei der Mehrzahl der Betriebe seit vielen Jahren eingesetzt – und das aus gutem Grund. Mit feinen Tropfenspektren (150 bis 250 µm Durchmesser) ist im Gegensatz zu grobtropfigen Spektren ein signifikant höherer Bedeckungsgrad bei Wassermengen von 250 l/ha speziell auch in fortgeschrittenen Vegetationsstadien zu erreichen. Ein ähnlicher Bedeckungsgrad wird bei grobtropfigen Varianten meist erst ab 500 Liter pro Hektar erreicht (vgl. Świechowski et al., 2014).
Die Lebensdauer (Verdunstung) von feinen Tropfen (~250 µm) auf Apfelblättern beträgt bei 22 C° und 60% relativer Luftfeuchtigkeit rund 30 Sekunden und bei 90% relativer Luftfeuchtigkeit rund 48 Sekunden (vgl. Yu et al., 2009). Das sollte bei guten Bedingungen (<25C° und >60% relative Luftfeuchtigkeit) für Belagsmittel ausreichend sein, um am Blatt ankommen zu können. Damit kann mit feinen Tropfen gearbeitet werden, die unter diesen Bedingungen keine mit bloßem Auge sichtbaren Spritzflecken auf den Früchten hinterlassen, die im Gegensatz dazu bei grobtropfiger Applikation vermehrt entstehen.
Leider sind speziell Hohlkegeldüsen aufgrund eines gewissen Feintropfenanteils (unter 100 µm) auch verantwortlich für Abdrift, was speziell an Randlagen und bei unsachgemäß eingesetzter Sprühtechnik zu großen Problemen führen kann.


Injektordüsen - Die beste Lösung?

Eine Verbesserung der Abdriftproblematik versprechen Injektordüsen. Mit diesem Düsentyp ist es möglich, mittel- bis grobtropfig zu applizieren. Dazu weist diese Düse ein engeres Tropfenspektrum mit vergleichsweise geringem Feintropfenanteil auf.

Vergleicht man den Bedeckungsgrad von Injektordüsen und Hohlkegeldüsen, sind Injektordüsen bei den gewohnt geringen Wasseraufwandmengen von 200-250 l/ha gegenüber Hohlkegeldüsen im Nachteil (vgl. Świechowski et al., 2014). Aus diesem Grund sollte bei einer Düsenbestückung mit ausschließlich Injektordüsen die Brühemenge mind. 500 l/ha betragen, um eine ausreichende Bedeckung zu erzielen. Die vergleichsweise hohen Abtropfverluste, welche nur selten publiziert werden, müssen jedoch in Kauf genommen werden. Bei Wasseraufwandmengen von 500 l/ha können die Abtropfverluste bereits bei 25% liegen (vgl. Fischer et al., 1988, p. 8).

Ein von PraktikerInnen immer wieder vorgebrachter Nachteil der Injektordüsen ist die hohe Verstopfungsgefahr. Auch diese Beobachtung ist richtig, denn die Verschmutzungsbereitschaft ist bei Injektordüsen höher als zum Beispiel bei anderen Düsentypen. Dieser Nachteil ist konstruktionsbedingt, da der Leitungsdruck in der Düse reduziert wird. Dieser niedrige Arbeitsdruck ist unter anderem verantwortlich für die erhöhte Verstopfungsgefahr. Zudem erfolgt das Ansaugen von Umgebungsluft über Luftansaugbohrungen am Düsenkörper. Abhilfe gegen diese Düsenverstopfung sind ein entsprechend großer und zugleich feiner Druckfilter von mind. 80 Mesh und eine sofortige, gründliche Reinigung der Leitungen und Düsen vor dem Antrocknen der Brühe. Zusätzlich sollten jene Injektordüsen, die gerade nicht für die Applikation benötigt werden, am besten durch eine Schutzkappe abgedeckt werden, damit die Luftansaugbohrungen nicht verschmutzen können.
 

Der Kompromiss

Bei der Düsenwahl gilt, dass jede Extreme Vor- und Nachteile hat. Bei der Auswahl der Düsen muss die Verlustminderung (Abdrift- und Abtropfverluste) im Vordergrund stehen. Das bedeutet, die Vorteile der kleinen und großen Tropfen zu nutzen und deren Nachteile zu vermeiden. Das spricht gegen eine Düsenwahl, welche – der Abdrift wegen – nur auf einer grobtropfigen Applikation beruht. Aber auch eine ausschließlich feintropfige Mittelausbringung, ohne Maßnahmen gegen die Abdrift, ist nicht zielführend.

Als sinnvolle Kombination kann eine grobtropfige Applikation im oberen Bereich und eine feintropfige im unteren und mittleren Bereich der Kultur gesehen werden. Grobtropfig dort, wo der Abstand zum Gebläse größer ist und es beim Einsatz feintropfiger Düsen vermehrt zu Abdrift käme. Gleichzeitig sind auch die Abtropfverluste von ganz oben auf den Boden geringer. Feine Tropfen werden im unteren und mittleren Bereich der Kultur verwendet, wo ein lückenloser Belag entscheidend ist und die Abdrift bei einer auf die Kultur abgestimmten Gebläsedrehzahl und Fahrgeschwindigkeit eine untergeordnete Rolle spielt.

Diese Kombination, gemeinsam mit der dazu notwendigen optimierten Gebläseluftverteilung, entspricht der in der Steiermark entwickelten Ausbringtechnik „Verlustarm Sprühen“ mit 200-250 l/ha Brüheaufwand. Die Optimierung der Gebläseluftverteilung (Rechteckverteilung) erfolgt mit Hilfe eines, ebenfalls in der Steiermark entwickelten, Luftverteilungsprüfstand. Nur mit einer optimierten Gebläseluftverteilung kann der Tropfentransport an die Kulturfläche angepasst werden, d.h. dass die Tropfengeschwindigkeit weder zu hoch noch zu gering ausfällt. Die Anpassung der Gebläsedrehzahl an die Kultur und die Fahrgeschwindigkeit erfolgt über die Zapfwelle auf Basis von Messungen und Beobachtung der Durchdringung des Sprühnebels in der Nebenfahrgasse.

Die Vorteile dieser Düsenkombination mit optimierter, angepasster Gebläseluftverteilung und geringen Wassermengen von 200-250 l/ha sind unter anderem:
  •  gute Belagsbildung durch hohen Bedeckungsgrad
  •  geringe Abtropfverluste
  •  geringe Abdriftverluste
  •  hohe Fahrgeschwindigkeiten
  •  geringer Gebläselärm
  •  hohe Schlagkraft
  •  wenig Bodenbelastung
 

Effekte von zu großen Wassermengen

Ist bei feintropfiger Applikation und geringen Wassermengen die Verteilung optimal sind die Tropfenvolumen ebenso wie die Lücken zwischen den einzelnen Tropfen sehr klein und ein Zusammenrinnen (Koaleszenz) bei trockenem Laub schwach ausgeprägt. Durch die Steigerung der Wassermenge erhöht sich gleichzeitig auch die Bereitschaft zur Koaleszenz und somit zur Linsenbildung, welche bei gleicher Wirkstoffmenge stellenweise zu höheren Konzentrationen führen kann. Damit steigt das Risiko phytotoxischer Reaktionen. Ähnliches gilt bei Behandlungen in das feuchte bzw. nasse Laub. Damit ist die häufige Meinung, dass geringe Wassermengen zu stärkeren Verbrennungen führen könnten nicht begründet. Nähere Informationen dazu in einem der nächsten Fachbeiträge.
 

Warum sind „Rundgebläse“ für das verlustarme Sprühen nicht geeignet?

Voraussetzung für eine verlustarme Applikation ist ein gleichmäßiger, symmetrischer Luftstrom mit möglichst horizontaler Luftrichtung. Dieser muss von unten bis zur maximalen Höhe der Kultur reichen. Nur dann kann der Gebläseluftstrom an die Kultur angepasst und mit geringer Gebläseleistung appliziert werden. Konstruktionsbedingt sind Rundgebläse nicht in der Lage, eine symmetrische Rechteckverteilung zu erzeugen. Vielmehr wird der Raum oberhalb der Fahrgasse mit behandelt, der weder im modernen Kernobstanbau noch im Weinbau einer Behandlung bedarf. Ungefähr 1/3 der ausströmenden Gebläseluft (inklusive der transportierten Tropfen) den diese Gebläse produzieren, erreicht nicht die Zielfläche. So entstehen auch die gut sichtbaren Sprühwolken mit unerwünschter Abdrift.
Sprühgeräte mit Rundgebläse müssen – im Unterschied zu Gebläsen mit Querstromaufsatz – immer mit einer hohen Gebläsedrehzahl betrieben werden, um im oberen Bereich der Kultur eine ausreichende Luftströmung für den Tropfentransport zu erzeugen. Dadurch ist die Luftgeschwindigkeit im unteren Bereich zu hoch und die Tropfen werden durch die Kultur hindurch geblasen. Das führt dazu, dass an der dem Gebläse zugewandten Seite der Kultur, z.B. beim Apfel, meist ein verstärkter Schorfbefall zu finden ist. Im oberen Baumbereich erfolgt die Anlagerung dagegen fast nur noch an der Blattunterseite. Der Anwender kann die Gebläsedrehzahl nicht reduzieren, da ansonsten die maximal behandelbare Höhe noch weiter sinken würde. Dieser Effekt der zu starken Luftgeschwindigkeiten konnte bei optischen Belagsaufnahmen im Rahmen des Leader-Projektes sehr gut gezeigt werden.
Rundgebläse arbeiten wenig effizient, sind laut und verursachen aufgrund ihrer Asymmetrie qualitativ minderwertige Bedeckung kombiniert mit einer erhöhten Abdrift. Ihr Einsatz sollte nur in Kulturen mit hohen Kronen, mit oben geschlossener Baumkrone oder bei einer Pergolaerziehung im Weinbau erwogen werden. Dagegen können Gebläse mit Querstromaufsatz und symmetrischer Luftverteilung generell mit niedriger Drehzahl und mit hoher Fahrgeschwindigkeit (bei schlanken Baumformen) eingesetzt werden.
 

Wie soll das Luftverteilungsprotokoll aussehen?

Im vergangenen Fachbeitrag wurde auf die ideale Luftverteilung bzw. auf das Prüfprotokoll näher eingegangen. Zusammengefasst ist eine möglichst symmetrische Verteilung von Luftgeschwindigkeit und Luftvolumen in den einzelnen Quadranten, horizontal sowie vertikal, Voraussetzung um die Gebläsedrehzahl an die Kultur anpassen zu können.
 

Was sollte beim Kauf von Neugeräten beachtet werden?

  • Sprühgerät muss mit einer Querstromluftführung ausgestattet sein
  • Das Sprühgerät sollte vor der Auslieferung vom Hersteller/Vertreiber am Luftverteilungsprüfstand eingestellt worden sein (Luftverteilungsprotokoll). Alternativ können bestehende Geräte bei der Fachgruppe Technik (Verband der steirischen Erwerbsobstbauern / Weinbauverband Steiermark) zur Luftverteilungsmessung angemeldet werden. Link: https://www.obstwein-technik.eu
  • Die maximale Kulturhöhe muss mit der maximal behandelbaren Höhe vom Sprühgerät (Messprotokoll) übereinstimmen. Bei niedrigeren Kronenhöhen werden lediglich Düsen abgeschaltet.
  • Achten Sie auf die richtige Düsenbestückung: Mindestens 2 der obenliegenden offenen Düsen müssen als abdriftmindernd eingestuft sein. Link zur Liste abdriftmindernder Düsen: https://www.ages.at/download/0/0/dc17506e045f570c9a1919f41ed38cee33e59e38/fileadmin/AGES2015/Service/Landwirtschaft/PSM/Abdriftminderung_Anlage_1_22._Ab%C3%A4nd_.pdf  
  • Passen Sie die Stärke des Luftstromes durch die Wahl der Gebläsestufe und der Zapfwellendrehzahl an Ihre Kultur an, um einen zu starken oder zu schwachen Luftstrom zu vermeiden.
Weitere Information über das verlustarme Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln erhalten Sie von der Fachgruppe Technik der Verbände.


Literatur:
Fischer et al, 1988. International Training Course for the Safe and Efficient Handling and Application of Plant Protection Agents. In: 1. CIBA-GEIGY Limited, Basel, Switzerland, p. 8.

Świechowski, W., Doruchowski, G., Godyń, A., Hołownicki, R., 2014. Spray application quality as affected by spray volume, nozzles and phenological growth stage of apples. Inż. Rol. 229–237.

Yu, Y., Zhu, H., Ozkan, H.E., Derksen, R.C., Krause, C.R., 2009. Evaporation and Deposition Coverage Area of Droplets Containing Insecticides and Spray Additives on Hydrophilic, Hydrophobic, and Crabapple Leaf Surfaces. Trans. ASABE.
 

Medium


Die Fachgruppe Technik ist Ansprechpartner für Aktivitäten in Technik-Fragen. Sie nutzt die unterschiedlichen Qualifikationen und Praxiserfahrungen zur Entwicklung neuer Projektideen zur bestmöglichen Aufbereitung praxisrelevanter Informationen für den Obst- und Weinbau. Als Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis bietet die Fachgruppe Technik mit dem Netzwerk den Landwirten und Landwirtinnen hilfreiche Inputs zur innovativen Bewirtschaftung.

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