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Beregnung & Bewässerung, 13.04.2022

Wasserbereitstellung in Obstanlagen

Der Anteil an beregnungsfähiger Fläche liegt bei ca. 80 % der Anbauflächen.
Der Anteil an beregnungsfähiger Fläche liegt bei ca. 80 % der Anbauflächen. Doch obwohl das Obstanbaugebiet mit der Elbe ein großes Wasserreservoir hat, die Möglichkeit zur Nutzung über Verbandsstrukturen geregelt und über Gewässerstrukturen vielen Betrieben auch zugänglich ist, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Teiche zur eigenbetrieblichen Wasserbevorratung gebaut. Gründe dafür sollen im folgenden Artikel dargestellt, Informationen zum Genehmigungsverfahren und Erfahrungen aus der Praxis bei der Erstellung weitergegeben werden.
Eine sehr wirksame Methode gegen Blütenfrost ist erwiesenermaßen die Frostschutzberegnung. Dafür werden Wassermengen von ca. 35 m³ je Hektar und Stunde bei der Überkronenberegnung und ca. 45 m3/ha und Stunde bei der Unterkronenberegnung benötigt. Steht dafür genügend Wasser zur Verfügung, ist das ein Faktor, der im Sinne der Produktionssicherheit immer weiter an Bedeutung gewinnt – zeigen doch die Erfassungen der phänologischen Stadien an der ESTEBURG eine Verfrühung der Blüte bei ‘Boskoop’ um etwa eine Woche je Dekade, wohingegen die Zeitpunkte auftretender Fröste konstant bleiben. Dies verdeutlicht die zukünftig noch steigende Bedeutung von entsprechenden Maßnahmen zur Blütenfrostabwehr.

Ursachen für den Teichbau
Die Bereitstellung von entsprechenden Wassermengen wird an der Niederelbe von Wasser- und Bodenverbänden geregelt. Da eine direkte Entnahme von Wasser aus den Verbandsgewässern nur in Ausnahmefällen zulässig ist, haben die Wasser- und Bodenverbände für ihre jeweiligen Verbandsgebiete in Rahmenentwürfen festgelegt, wie viel Stauraum je Hektar Obstanlage einzelbetrieblich vorgehalten werden muss. Dieser umfasst je nach Verband 200–480 m3/ha und wird zunehmend in Form von Beregnungsteichen sichergestellt.
Ein weiterer Grund, warum insbesondere in den letzten drei Jahren speziell im nordwestlichen Teil des Anbaugebietes verstärkt Beregnungsteiche errichtet wurden, liegt in dem erneuten Ausbau der Elbe und der Vertiefung der Fahrrinne. Durch die Elbvertiefung kommt es zu einer Verschiebung der Brackwasserzone elbaufwärts. Als Konsequenz strömt von der Nordsee verstärkt salzhaltiges Wasser ein, sodass der Grenzwert zur Frostschutzberegnung von maximal 1,0 g NaCl/l bereits vor der Blüte überschritten werden kann. Deshalb müssen Speicher geschaffen werden, in denen Wasser zu Zeiten aufgefangen und bevorratet werden kann, in denen die Wasserqualität eine Nutzung zur Beregnung ermöglicht – damit es dann für die Frostschutzberegnung zur Verfügung steht. Solche Teiche werden zum Teil ebenfalls durch Oberflächenwasser aus Vorflutern gespeist. Steht aber kein entsprechendes Gewässer zur Verfügung, so wird das über Drainagen benachbarter landwirtschaftlicher Flächen abgeführte Wasser aufgefangen und in die Teiche gepumpt. Die Dimensionierung dieser Teiche ist für eine Beregnung in drei aufeinanderfolgenden Nächten ausgelegt. Dabei wird davon ausgegangen, dass nach der dritten Nacht das verregnete Wasser über den Rückfluss aus den Drainagen wieder in die Teiche geleitet werden kann.
Eine dritte Möglichkeit, die den Bau von Teichen notwendig macht, ist das Vorhandensein eines Brunnens, dessen Fördermenge möglicherweise aber nicht ausreicht, um eine Obstanlage vollständig direkt zu beregnen, oder aber die Wasserqualität, und hier insbesondere der Eisengehalt, schließen eine unmittelbare Verregnung aus. In diesem Fall wird der Teich als Pufferspeicher benötigt. Überschreitet der Eisengehalt des Grundwassers den für die Frostschutzberegnung zur Blüte geltenden Grenzwert von 3–4 mg/l, kann der Teich auch der Verbesserung der Wasserqualität dienen, indem man ihn zur Ausfällung des Eisens nutzt. Dieser Vorgang wird begünstigt durch hohe Temperaturen und pH-Werte des Wassers, eine gute Sauerstoffversorgung und, wo möglich, durch einen üppigen Pflanzenbewuchs.

Teiche ohne Folie
Auf MarschStandorten werden die Teiche häufig ohne Folie erstellt, der Marschboden ermöglicht diese Art der Speicherung auf Grund seiner Beschaffenheit. Da Kosten für Folie und deren Einbau entfallen, ist der günstigere Bau ein großer Vorteil. Die Oberfläche des Teiches ist dann in etwa mit dem Niveau der Geländeoberfläche identisch. Die anfallende Erde wird häufig genutzt, um im Betrieb vorhandene Gräben zu verfüllen.
Die Verfüllung von Gräben ist in der Regel genehmigungspflichtig. An der Niederelbe wird dafür vor Beginn der Baumaßnahme ein Ingenieurbüro mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Darin wird die ökologische Wertigkeit des zu verfüllenden Grabens erfasst und bewertet. Dies wiederum ist die Grundlage für die Bestimmung des zu leistenden Ausgleichs. Da die ökologische Wertigkeit eines Grabens im Alten Land sich häufig in Form von auf Wasser aufgewiesene Tier- und Pflanzenarten konzentriert, ist es möglich, durch die Gestaltung eines Teiches ohne Folie einen Großteil der Kompensationsmaßnahmen unmittelbar an dem erstellten Beregnungsteich umzusetzen. Wesentliche Gestaltungsmerkmale solcher Teiche sind daher eine Böschungsneigung von 1:1,5 und der Einbau einer Berme mit Aufwallung, die Flachwasserzonen in Ufernähe sicherstellt – auch wenn Wasser zu Beregnungszwecken entnommen worden ist und der Wasserspiegel des Teiches dadurch temporär niedriger liegt. Ergänzt werden können noch Anpflanzungen oder nicht mähbare Bereiche, die an den Teich angrenzen und ebenfalls kompensationsfähig sind.
Teiche ohne Folie, die in Obstanlagen errichtet werden, sind damit im Landkreis Stade nicht kompensationspflichtig. Im Gegenteil: Durch ihre Gestaltung können sie für den Ausgleich anderer, gleich gearteter Baumaßnahmen genutzt werden.

Teiche mit Folie
Ist der Bau eines Teiches ohne Folie – z. B. aufgrund der Bodenbeschaffenheit – jedoch nicht möglich, so werden auch an der Niederelbe Teiche mit Folieneinlage gebaut. Der große Vorteil solcher Teiche besteht darin, dass die ausgehobene Erde direkt im umlaufenden Wall wieder verbaut wird. Dadurch entfällt ein Transport und der Flächenbedarf im Verhältnis zum geschaffenen Volumen wird optimiert.
Die Genehmigung eines Teiches mit Folie erfolgt im Landkreis Stade grundsätzlich nach dem gleichen Antragsverfahren wie bei Teichen ohne Folie. Ökologische Ausgleichsmaßnahmen für einen in einer Obstanlage errichteten Teich mit Folie sind ebenfalls nicht notwendig, da hier die Schaffung eines ständig wasserführenden Refugials nach naturschutzfachlicher Bewertung des Naturschutzamtes des Landkreis Stades den Eingriff ausgleicht. Ein Ausgleich von anderweitigen, gleichartigen, ausgleichspflichtigen Maßnahmen (wie zum Beispiel die Verfüllung von Grabenstrukturen) ist aber an Folienteichen nicht möglich.

Genehmigungsverfahren
Die Erarbeitung eines rechtssicheren Genehmigungsverfahrens für Beregnungsteiche zur Frostschutz- und anfeuchtenden Beregnung war für die Obstbaubetriebe an der Niederelbe von zentraler Bedeutung. Dieser Prozess, bei dem Vertreter des Berufsstandes, der fachpolitischen Arbeit und der ESTEBURG neben den Ämtern des Landkreises beteiligt waren, mündete in dem sogenannten „Stader Verfahren“. Nach diesem standardisierten Verfahren können im Landkreis Stade gelegene Obstbaubetriebe ihre Baumaßnahmen genehmigen lassen. Aber auch an der Niederelbe ist es leider so, dass bereits die Genehmigungsverfahren in umliegenden Landkreisen unterschiedlich ablaufen.
Basis des „Stader Verfahrens“ ist die Erstellung eines Bauantrages nach der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Der Obstbauversuchsring des Alten Landes e.V. darf in diesem Fall als Entwurfsverfasser auftreten. Beteiligte Behörden im Verfahren sind Bauamt, Naturschutzamt und Umweltamt, Stellungnahmen werden von Seiten der Gemeinde, des zuständigen Wasser- und Bodenverbandes, der Landwirtschaftskammer und des Obstbauversuchsringes des Alten Landes e.V. benötigt.

Baupraxis
Beim Bau der Teiche muss zwischen solchen ohne Folie und solchen mit Folieneinlage unterschieden werden. Wird ein Teich ohne Folie auf Marschstandorten errichtet, so ergibt sich die Bautiefe in der Regel aus der Mächtigkeit der nur schwer wasserdurchlässigen Schicht an Marschauflage und dem Grundwasserstand. Entscheidend ist, dass eine Verbindung zu Grundwasserleitern vermieden wird. Dies wird von Seiten des Landkreises kontrolliert, indem vor dem ersten Befüllen des Teiches ein Nachweis erbracht wird, dass die Teichsohle trocken ist, und an keiner Stelle Wasser eindringt. An der Niederelbe werden diese Erdarbeiten in der Regel von ortsansässigen Unternehmen durchgeführt. Das hat den Vorteil, dass diese die speziellen und lokal wechselhaften Bodenverhältnisse kennen und für die optimale Gestaltung des Teiches berücksichtigen können.
An einem Bau von Beregnungsteichen mit Folie sind dagegen bis zu drei Gewerke beteiligt: Erdbau, Leitungs- und Pumpenbau sowie Folienbau. Aus Sicht der Praxis hat sich an der Niederelbe beim Bau von Teichen mit Folie in den vergangenen Jahren eine Arbeitsgemeinschaft aus örtlichen Erdbauunternehmen und einer Fachfirma für Folieneinbau bewährt. Häufig tritt dabei der Erdbauer als Generalunternehmer auf. Das hat für den Obstbauern den großen Vorteil, dass er nur einen Ansprechpartner hat. Der Generalunternehmer kann in der Regel auch den Leitungs- und Pumpenbau durchführen.
Vor Baubeginn von Teichen mit Folieneinlage ist eine Baugrunduntersuchung notwendig, bei der eine mögliche Bautiefe ermittelt wird. Sie gibt außerdem Aufschluss über die Güte der für den Bau des Walles zur Verfügung stehenden Erde. Bei den Erdbauarbeiten ist eine 3D-Software am Bagger von Vorteil, die ein exaktes Arbeiten ermöglicht, sodass ein häufiges Ausfluchten entfällt und gleichzeitig das Volumen des Teiches mit der für den Wall benötigten Menge an Erde abgestimmt werden kann. Die ausgehobene Erde wird dann einfach nur umgelagert, An- oder Abfahrten von Erde entfallen.
Im Alten Land werden solche Teiche häufig mit einer Böschungsneigung von 1:1 gebaut, die Deichhöhe beträgt bis zu etwa drei Metern mit einer zwei Meter breiten Deichkrone. In den vergangenen Jahren sind auf diese Weise Teiche zwischen 6.800 und bis zu 56.000 m3 Wasservorrat errichtet worden.
Bevor der Wall geschlossen wird, muss noch die Saugeinrichtung für die spätere Wasserentnahme eingebaut werden, da sie ebenfalls in die Teichfolie eingeschweißt werden muss. Diese kann auf verschiedene Weisen gestaltet werden. In der Praxis haben sich an der Niederelbe bisher zwei etabliert:
• Eine Saugeinrichtung mit selbstreinigenden Filtern. Diese verfügen über eine Spüleinrichtung, sodass sich die Filter während des Betriebs permanent selbst reinigen. Von Nachteil ist, dass der Einbau aufwändiger ist. Diese Filter sind mit einem Meter Bauhöhe recht hoch, sodass unter dem Filter noch ein tiefergelegener Sumpf ausgehoben werden muss. Für die Region des Alten Landes wird außerdem der Einbau einer Drainage unter dem Teich empfohlen. So wird unten anstauendes Wasser direkt abgeführt und es kommt bei vollständiger Entleerung des Teiches (z.B. bei der Reinigung) nicht zu einem Auftreiben der Folie.
• Alternativ zu den selbstreinigenden Filtern können Schwimmfilter eingebaut werden, die für eine Reinigung dann aus dem Teich gehoben werden müssen.
Auch bei der Folie kann zwischen zwei Bauweisen unterschieden werden:
• Die in Bahnen verlegte und vor Ort verschweißte einerseits und
• die vorkonfektionierte, entsprechend des Teichvolumens in einem (oder wenigen) Teilstücken erstellte andererseits.
Bei vor Ort verschweißter Bauweise wird in der Regel PE- oder PEHD-Folie mit einer Stärke von 1,5–2,0 mm verwendet, die sicher vor dem Verbiss durch Nagetiere ist. Der Einbau eines Vlieses zwischen Erdkörper des Deiches und der Folie wird empfohlen. Die Folie wird dabei in Bahnen ausgelegt, die anschließend vor Ort verschweißt werden. Jede Naht wird auf Dichtigkeit überprüft und in einem Prüfprotokoll vermerkt.
Auf der anderen Seite werden auch vorgefertigte Folieneinlagen angeboten. Für einen 16.000 m3 großen Beregnungsteich beispielsweise kann die benötigte Folie so in einem Stück eingebaut werden. Sie besteht aus einem gewebeverstärkten PE-Gittergewebe, das im Werk gefertigt und als Gesamtes auf der Baustelle angeliefert wird. Vorteile dieses Verfahrens sind
• eine möglicherweise kürzere Bauzeit durch nahezu bei jeglicher Witterung möglichen Einbau,
• das Entfallen des witterungsabhängigen Verschweißens vor Ort, und
• ein mitunter schnelleres Befüllen des Teiches.

Kalkulationsbeispiele
In den Erstellungskosten gibt es grundsätzliche Unterschiede zwischen einem Teich ohne Folie und dem Bau eines Folienteiches. So ist bei Teichen ohne Folie der Abtransport der Erde ein wesentlicher Kostenfaktor. Bei Folienteichen hingegen entstehen Kosten für Material und Einbau der Folie. Dabei verteuern sich die Baukosten aufgrund der aktuellen Preisentwicklung rasant: So gab es allein im letzten Jahr bei der Folie eine Preissteigerung von ca. 40 % im Vergleich zum Vorjahr. Weil die Baukosten neben den aktuell stark ansteigenden Material- und Rohstoffpreisen auch ganz wesentlich von den örtlichen Gegebenheiten abhängig sind, ist es nur schwer möglich, allgemeingültige Richtpreisangebote zu veröffentlichen. Die in diesem Artikel genannten Beispiele beziehen sich daher auf konkrete Bauprojekte, die in der Vergangenheit so realisiert wurden.
Unabhängig von den veränderten Kostenstrukturen sind die einzelnen Positionen auch in starkem Maße von den einzelbetrieblichen Voraussetzungen abhängig. Allgemein kann die Kostensteigerung in den vergangenen fünf Jahren nach Aussage einer Fachfirma mit ungefähr 30 % beziffert werden.



Über den Autor
Andreas Hahn, ESTEBURG Obstbauzentrum Jork, Moorende 53, 21635 Jork,
Tel.: 04162 6016-100, E-Mail: andreas.hahn@esteburg.de

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1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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