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Beregnung & Bewässerung, 03.05.2017

SÜSSKIRSCHANBAU: MIT DER RICHTIGEN BEWÄSSERUNG ZUM ERFOLG

In der Schweiz findet der moderne Süßkirschanbau unter dem Regendach statt.
Mittlerweile gibt es ausgeklügelte Systeme, die eine Abdeckung der Kirschbäume schnell und effektiv ermöglichen. Ungeklärt ist aber immer noch die Frage der optimalen Bewässerung. Braucht es eine Bewässerung unter dem Regendach? Wenn ja, bei allen Unterlagen?
 
Wie hoch ist der Wasserbedarf? Wie groß müssen die Bewässerungsintervalle gewählt werden? Solche und ähnliche Fragen werden immer wieder gestellt.
 
Überall auf der Welt werden vielfältige Bewässerungsversuche gemacht. Leider können diese Resultate nicht vollumfänglich auf die spezielle Situation in Mitteleuropa übertragen werden. Denn die meisten Bewässerungsversuche werden in Gebieten durchgeführt, in denen das ganze Jahr bewässert werden muss, um überhaupt Kirschen produzieren zu können. In den Kirschanbaugebieten der Schweiz (und auch Deutschland) hingegen haben wir eigentlich genügend, wenn nicht gar zu viele Niederschläge. Genau aus diesem Grund muss ja unter dem Foliendach angebaut werden und, so paradox es klingt, wegen dieser Abdeckung muss auch wieder bewässert werden. Somit ist die Ausgangslage in unserem Versuch eine ganz andere als in Gebieten, in denen das ganze Jahr bewässert werden muss.
 

Ein Projekt des Beirates

Im Jahr 2005 beschloss der Beirat des Steinobstzentrums Breitenhof, sich dieser Problemstellung anzunehmen. Es wurde ein Versuch geplant, der die Frage der Bewässerung unter dem Regendach beantworten soll. Zusätzlich sollten aber auch noch technische Aspekte abgeklärt werden: Ist jetzt für den Kirschanbau die Tröpfchenbewässerung oder der Mikrosprinkler besser?
 
Um alle Fragen beantworten zu können, war eine recht aufwändige Planung notwendig. Für die grundsätzliche Frage, ob eine Bewässerung unter dem Regendach überhaupt nötig ist oder ob Niederschläge in die Fahrgasse für gewisse Unterlagen ausreichen würden, entschieden wir uns für eine starke und eine schwache Unterlage. Zu Versuchsbeginn bedeutete dies für den Breitenhof, dass nur ‘Colt’ als starke und ‘Gisela 6’ als schwache Unterlage in Frage kamen.
 
Bei den Sorten sollte möglichst der Einfluss auf die Fruchtgröße beobachtet werden. Zudem musste die interne Arbeitsspitze in der Kirschsaison mitberücksichtigt werden. Daher fiel die Entscheidung auf ‘Sweetheart’, eine Sorte, die zwar reichtragend ist, aber eher kleinere Früchte trägt. Als zweite Sorte wurde ‘Noire de Meched’ gewählt, als eine Sorte mit weniger Ertrag, dafür aber großen Früchten.
 

Die verschiedenen Bewässerungsvarianten

Bei der Bewässerungsintensität sollten möglichst Varianten miteinbezogen werden, die auch in der Praxis angewendet werden:
  • Viele Kirschanlagen stehen zu weit vom Betrieb entfernt, um für die Bewässerung mit einer Pumpe in Frage zu kommen. Diese Anlagen werden teilweise mit einem alten Tankwagen oder Jauchefass mit Wasser versorgt. Dies ist sehr zeit- und kostenintensiv und wird daher auf möglichst wenige Fahrten reduziert.
  • Anders sieht es bei betriebsnahen Kirschanlagen aus. Diese können durch eine Pumpe mit Wasser versorgt werden, so dass viel kürzere Zeitintervalle zwischen den Bewässerungen gewählt werden können.
 
Wir entschieden uns, dass genau diese beiden Möglichkeiten simuliert werden sollten. Eine einmalige Bewässerung einmal pro Woche mit einer großen Wassergabe und mehrmalige Wassergaben pro Woche mit kleineren Wassermengen. Die Varianten sind in Tabelle 1 dargestellt.
 
In den letzten Tagen vor der Ernte legt die Kirsche enorm an Volumen zu. Dazu braucht sie genügend Wasser. Um diesem erhöhten Wasserbedarf unter der Abdeckung entsprechen zu können, wurden die Wassergaben in den Varianten 2 und 4 drei Wochen vor der Ernte auf das Doppelte angehoben.
 

Vergleich der Wassermenge

Damit die verschiedenen Bewässerungsvarianten besser miteinander verglichen werden können, muss eine einheitliche Angabe gemacht werden. Normalerweise wird die verabreichte Menge Wasser in mm/m2 oder in Liter/m2 angegeben. Tabelle 2 zeigt die Menge Wasser in Liter/m2 pro Tag. Das heißt, die einmaligen wöchentlichen Gaben wurden rechnerisch von einem auf sieben Tage verteilt.
 
In den Varianten 3 und 5, in denen die Bäume nur einmal pro Woche Wasser bekommen haben, sind die umgerechneten Liter/m2 pro Tag etwas tiefer. Dies hat einen einfachen Grund: Bei diesen wöchentlichen, einmaligen und hohen Wassermengen (60 resp. 40 Liter pro Baum) muss enorm aufgepasst werden, dass die bewässerte Fläche nicht vernässt und dadurch der Baum Schaden nehmen kann. Aus demselben Grund durfte bei diesen Varianten die Wassergaben ab drei Wochen vor der Ernte auch nicht noch weiter erhöht werden.
 

Wasserkapazität des Bodens

Bei der Interpretation von verschiedenen Resultaten, aber auch bei der Berechnung von Wassermengen sollten im Vorfeld ein paar Punkte angesprochen und berücksichtigt werden.
 
Die Wasserkapazität, das heißt, die Wassermenge, die der Boden aufnehmen, halten und auch wieder abgeben kann, ist je nach Bodenart und -zusammensetzung unterschiedlich. Das Kornspektrum und das Bodengefüge spielen hierbei die wichtigste Rolle:
  • Je feiner das Kornspektrum ist, desto höher ist der Anteil Wasser, der an diesen Körnern haftet.
  • Je höher der Anteil der feinen Poren im Boden ist, desto höher ist auch der Anteil an Poren- oder Kapillarwasser.
  • Je höher der Anteil an Humus, organischem Material und Ton ist, desto höher ist die Quellfähigkeit des Bodens.
 
Werden die Bodenarten nach der Fähigkeit ihrer Wasseraufnahme aufgereiht, ergibt sich aus den angesprochenen Punkten von wenig bis viel Wasserkapazität die folgende Rangliste: Sand < Lehm < Schluff < Ton < Torf.
 
Dies zeigt, wie wichtig es ist, den Boden, auf dem die Bäume stehen, genauestens zu kennen. Nur so kann es gelingen, die Bewässerung richtig einzustellen und den Ertrag zu optimieren.
 
Für die Auswertungen wurden vor allem die letzten drei Jahre verwendet. Die Jahre 2012 und 2013 waren aufgrund des schlechten Blühwetters eher schlechte Ertragsjahre. Das Jahr 2014 dagegen war ein Rekordjahr. Genau diese zwei Gegensätze sind für die Auswertung eines Bewässerungsversuches jedoch sehr interessant. Was bringt die Bewässerung bei wenig und bei viel Ertrag? Kann bei wenig Ertrag auf die Bewässerung verzichtet werden?
 

Resultate

Der erste Vergleich soll über die verschiedenen Bewässerungsvarianten mit der Sorte ‘Sweetheart’, der Unterlage Gisela 6 und mit der Standardbodenpflege Herbizid erfolgen (s. Abb. 1). Die Erträge sind in kg/m2 angegeben und die Menge der einzelnen Größenklassierungen über die verschiedenen Farben der Säulen.
 
Trotz der Jahresschwankungen hatte über alle drei Jahre die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) die höchsten Erträge und die größte Menge an großfruchtigen Kirschen.
Wie zu erwarten war, blieb die Variante 1 (keine Bewässerung) die schlechteste.
 
Die Varianten 3, 4 und 5 lagen relativ nah beieinander. Tendenziell konnte aber ein höherer Ertrag bei der Variante 4 (Tropfer, jeden Tag) festgestellt werden. Variante 3 (Mikrosprinkler, 1 x pro Woche) schnitt im Vergleich zu Variante 5 (Tropfschlauch, 1 x pro Woche) besser ab.
 
Folgendes ergibt sich also aus den vorherigen Feststellungen: es ist besser, wenn öfter und mit kleineren Wassermengen bewässert wird. Zudem ist die Bewässerungstechnik mit dem Mikrosprinkler klar die bessere Variante. Es ist anzunehmen, dass die Kirschbäume als ausgesprochene Flachwurzler das von den Mikrosprinklern breit verteilte Wasser besser und effektiver aufnehmen und verwerten können.
 
Allgemein herrscht die Meinung, dass die Mikrosprinkler mehr Wasser benötigen als der Tropfschlauch. In diesem Fall kann diesem Argument aber klar widersprochen werden: Bei der Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) und Variante 4 (Tropfschlauch, jeden Tag) wurden die exakt gleichen Mengen Wasser pro Tag und m2 verabreicht. Trotzdem brachte die Variante 2 bessere Erträge.
 
Abb. 2 zeigt die gleichen Varianten, aber mit der prozentualen Verteilung der Größenklassen auf den Gesamtertrag der Jahre 2010 bis 2014. Auch hier zeigt sich die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) als diejenige mit dem größten Anteil an Kirschen über 28 mm. Erstaunlich ist, dass dieser Mehranteil auf Kosten der kleinsten Gruppe (22 bis 24 mm) ging. Die größeren Gruppen waren in etwa ausgeglichen.
 
Dass heißt, dass mit der Variante 2 der Anteil großer Kirschen wesentlich vergrößert werden kann.
Der Vergleich in Abb. 3 zeigt dieselben Bewässerungsvarianten mit der gleichen Sorte, aber mit der starken Unterlage Colt. Nicht ganz erwartet, zeigt sich auch hier das gleiche Bild wie bei den schwachen Unterlagen, jedoch in etwas abgeschwächter Form.
 
Auch hier ist die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) die beste.
Die Varianten 3, 4 und 5 sind in etwa gleich stark.
Etwas abgeschlagen die Variante 1 (Kontrolle).
 
Es ist deutlich zu sehen, dass sich die Erträge in den ertragsschwachen Jahren 2012 und 2013 in allen Varianten nicht sonderlich unterscheiden. Sogar die Variante 1 (Kontrolle) bringt  ähnliche Ergebnisse. Dies könnte darauf hindeuten, dass eine so starke Unterlage bei wenig Behang sogar unter der Abdeckung genügend Wasser aufnehmen kann. Bei einem hohen Behang wie im Jahr 2014 jedoch kommt auch eine starke Unterlage wie Colt nicht ohne eine Bewässerung aus. Auch hier zeigte sich, dass die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) die höchsten Erträge bringt.
 
Abb. 4 zeigt die Gesamterträge der Jahre 2010 bis 2014 zusammengezählt für die Sorte ‘Noire de Meched’ auf Colt (links) und Gisela 6 (rechts).
 
Auch bei der großfruchtigen Sorte ‘Noire de Meched’ zeigte sich auf beiden Unterlagen das gleiche Bild wie bei der kleinfruchtigen Sorte ‘Sweetheart’. Die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) hatte, wenn auch bei ‘Colt’ etwas weniger deutlich, die höchsten Erträge und den höchsten Anteil an großfruchtigen Kirschen. Variante 4 (Tropfschlauch, jeden Tag) lag an zweiter Stelle und die Varianten 1, 3 und 5 waren in etwa gleich. Dies zeigt klar, dass bei wöchentlichen Wassergaben bei großfruchtigen Kirschen keine Ertragssteigerungen zu erwarten sind.
 

Zusammenfassung

Dieser Bewässerungsversuch zeigt über die letzten sieben Ertragsjahre ein klares Bild, wie Kirschbäume unter dem Witterungsschutz bewässert werden sollten: Kirschbäume mögen kleinere Wassergaben in kurzen Zeitabständen – am besten mit dem Mikrosprinkler verteilt. Das heißt: jeden zweiten Tag 25 Liter Wasser pro Baum, über den Mikrosprinkler verteilt. Ab drei Wochen vor der Ernte sollte die Wassermenge auf 50 Liter pro Baum erhöht werden.
 
Bei einer Abdeckungszeit von fünf Wochen ergibt sich so für einen Hektar eine Gesamtwassermenge von 500 m3 Wasser.
Mit dieser Variante konnte nicht nur der Ertrag wesentlich erhöht werden, sondern auch eine deutlich sichtbare Steigerung der Fruchtgröße erreicht werden.
 
Vor allem die Erkenntnis, dass die Bewässerung mit dem Mikrosprinkler keine höheren Wassergaben als mit der Tropfbewässerung erfordert und dass das Wasser eindeutig vom Baum besser aufgenommen und verwertet wird, sind Erkenntnisse, die für den Kirschanbauer von großer Wichtigkeit sind.
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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