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Beregnung & Bewässerung, 11.10.2013

MIT DER RICHTIGEN BEWÄSSERUNG ZUM ERFOLG

In der Schweiz findet der moderne Süsskirschenanbau unter Regendächern statt. Es gibt ausgeklügelte Systeme, die eine Abdeckung der Kirschbäume schnell und effektiv ermöglichen.
 
In der Schweiz findet der moderne Süsskirschenanbau unter Regendächern statt. Es gibt ausgeklügelte Systeme, die eine Abdeckung der Kirschbäume schnell und effektiv ermöglichen. Ungeklärt ist aber immer noch die Frage der optimalen Bewässerung. Ist eine Bewässerung unter der Abdeckung überhaupt notwendig und wie muss sie gestaltet sein? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde im Steinobstzentrum Breitenhof ein umfangreicher Versuch angelegt. Nach drei Vollertragsjahren ist zwar noch kein abschliessender Bericht möglich; die vorliegenden Resultate erlauben aber eine erste Zwischenbilanz.
 
Die Produktion qualitativ hochstehender Tafelkirschen findet in der Schweiz fast ausschliesslich unter Regendächern statt. Für die Abdeckung der Kirschbäume gibt es heute ausgeklügelte Systeme, die sich gut bewährt haben.
Bezüglich Bewässerung gibt es aber noch viele offene Fragen: Wie gestaltet sich eine erfolgreiche Bewässerung von Kirschen unter einer Abdeckung? Ist Bewässerung unter einem Regendach überhaupt nötig? Wenn Ja, bei welchen Unterlagen? Wie hoch ist der Wasserbedarf? In welchen Intervallen soll bewässert werden?
Bewässerungsversuche wurden und werden überall auf der Welt durchgeführt. Auch aus Deutschland liegen Resultate verschiedener Bewässerungsversuche vor. Leider können diese Ergebnisse nicht vollumfänglich auf unsere Situation übertragen werden. Diese Bewässerungsversuche werden vorwiegend in Gebieten durchgeführt, in denen das ganze Jahr bewässert werden muss, damit überhaupt eine Kirschenproduktion möglich ist. In den Kirschenanbaugebieten der Schweiz gibt es genügend, wenn nicht gar zu viele Niederschläge. Aus diesem Grund sind Abdeckung und Bewässerung notwendig. Die Ausgangslage in unserem Versuch ist somit eine ganz andere als in trockenen Gebieten.
 

Ein Projekt des Beirats

Im Jahr 2005 beschloss der Beirat des Steinobstzentrums Breitenhof, sich dieser Problemstellung anzunehmen. In einem mehrjährigen Versuch sollte die Frage der Bewässerung unter einem Regendachbeantwortet werden. Dabei sollten auch technische Aspekte untersucht werden wie ein Vergleich von Tröpfchenbewässerung und Mi-krosprinkler (Abb. 1). Um die Grundsatzfrage abzuklären, ob überhaupt eine Bewässerung unter einem Regendach nötig ist oder ob die Niederschläge in die Fahrgasse für gewisse Unterlagen ausreichen würden, wurde eine starke und eine schwache Unterlage eingesetzt. Damals kamen die Unterlage Colt als starke und Gisela 6 als schwache Unterlage für den Breitenhof in Frage.
Bei den Sorten sollte möglichst der Einfluss auf die Fruchtgrösse beobachtet werden können. Ausserdem musste auch die interne Arbeitsspitze in der Kirschen-saisonmitberücksichtigtwerden. Darum entschiedman sich für die reich tragende, aber eher kleinfruchtige Sorte Sweetheart und für Noire de Meched, eine Sorte mit weniger Ertrag, dafür mit grossen Früchten.
 

Die verschiedenen Bewässerungsvarianten

Bei der Bewässerungsintensität sollten möglichst Varianten mit einbezogen werden, die auch in der Praxis angewendet werden. Viele Kirschenanlagen stehen für eine Bewässerung mit einer Pumpe zu weit vom Betrieb entfernt. Diese Anlagen werden teilweise mit einem alten Tankwagen oder Jauchefass mit Wasser versorgt. Dies ist sehr zeit- und kostenintensiv und wird daher auf möglichst wenige Fahrten reduziert. Anders sieht es bei betriebsnahen Kirschenanlagen aus. Diese können durch eine Pumpe mitWasser versorgt werden, sodass viel kürzere Zeitintervalle zwischen den Bewässerungsgaben gewählt werden können. So wurden im Versuch diese beiden Möglichkeiten simuliert: eine einmalige Wassergabe pro Woche mit einer grossen Menge und mehrmalige Gaben pro Woche mit kleineren Wassermengen (Tab. 1).
In den letzten Tagen vor der Ernte legt die Kirsche enorm an Volumen zu. Dazu braucht sie aber genügend Wasser. Um diesem erhöhtenWasserbedarf unter der Abdeckung entsprechen zu können, verdoppelte man die Wassergaben in den Varianten 2 und 4 drei Wochen vor der Ernte (Tropfschlauch täglich 2 mm/m2 beziehungsweise Mikrosp rinkler jeden zweiten Tag 50 Liter/Baum).
Trockene Sommer mit wenigen Niederschlägen kamen in den letzten Jahre immer häufiger vor und die Klimatologen prophezeien eine Zunahme solcher Wetterextreme. Wassersp aren wird in Zukunft immer wichtiger werden. Um auch diesen Aspekt im Versuch zu berücksichtigen, wurden die verschiedenen Verfahren zusätzlich in Pflanzungen mit Holzschnitzelabdeckung in der Baumreihe geprüft. Man willprüfen, ob mit dieser organischen Abdeckung Wasser eingespart werden kann. Diese Varianten werden zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Bericht vorgestellt und diskutiert.
In vorliegenden Artikel werden vorerst die Zwischenresultate der Standardvarianten mit Herbizideinsatz im Baumstreifen vorgestellt.
 

Vergleich der Wassermengen der verschiedenen Bewässerungsvarianten

Damit die verschiedenen Bewässerungsvarianten besser miteinander verglichen werden können, muss eine einheitliche Angabe gemacht werden. Normalerweise wird die verabreichte Menge Wasser in mm/m2 oder in Liter/m2 angegeben. Tabelle 2 zeigt die Menge Wasser in Liter/m2 pro Tag (wöchentliche Gaben wurden auf sieben Tage verteilt).
In den Varianten 3 und 5 mit einmaligen wöchentlichen Gaben liegen die umgerechneten Liter/m2 pro Tag etwas tiefer. Um extreme Vernässungen und Schäden an den Bäumen zu verhindern, konnten die wöchentlichen Wassergaben nicht höher gewählt werden. Deshalb konnten bei diesen Varianten die Wassergaben ab drei Wochen vor der Ernte nicht erhöht werden.
 

Wasserkapazität des Bodens

Bei der Interpretation verschiedener Resultate, aber auch bei der Berechnung von Wassermengen müssen verschiedene Punkte berücksichtigt werden.
Die Wasserkapazität, das heisst die Wassermenge, die der Boden aufnehmen, halten und auch wieder abgeben kann, ist je nach Bodenart und -Zusammensetzung unterschiedlich. Kornspektrum und Bodengefüge spielen die wichtigste Rolle:
  • Je feiner das Kornspektrum, desto höher ist der Anteil Wasser, der an diesen Körnern haftet.
  • Je höher der Anteil feiner Poren im Boden, desto höher ist auch der Anteil an Poren- oder Kapillarwasser.
  • Je höher der Anteil an Humus, organischem Material und Ton, desto höher ist die Quellfähigkeit des Bodens.
Werden die Bodenartennach der Fähigkeit ihrer Wasseraufnahme geordnet, ergibt sich aus den angesprochenen Punkten von wenig bis viel Wasserkapazität folgende Rangliste:
Sand < Lehm < Schluff < Ton < Torf.
Es ist deshalb sehr wichtig, den Boden, auf dem die Bäume stehen, genauestens zu kennen. Nur dadurch gelingt es, die Bewässerung richtig einzustellen und den Ertrag zu optimieren.
 

Öfters kleine Mengen

In den Abbildungen 2 und 3 sind jeweils die Erträge (mit den dazugehörigen Kalibrierungen) der fünf Versuchsvarianten (Tab. 1) der drei Ertragsjahre grafisch dargestellt. Es handelt sich um die Resultate der Parzellen mit der Standardbodenpflege Herbizid.
Bei der Sorte Sweetheart auf der schwachen Unterlage Gisela 6 wies über alle drei Jahre die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden 2. Tag) die höchsten Erträge auf (Abb. 2 a). Die Variante 1 (keine Bewässerung) war erwar-tungsgemäss am schlechtesten. Die Unterschiede zwischen den Varianten 3, 4 und 5 waren klein, auch wenn tendenziell ein höherer Ertrag bei der Variante 4 (Tropfer, jeden Tag) festgestelltwurde. Die Variante 3 (Mikrosprinkler, einmal pro Woche) schneidet im Vergleich zur Variante 5 (Tropfschlauch, einmalpro Woche) deutlichbesser ab. Auffallend und bis anhin nicht erklärbar ist die stetige Ertragsabnahme von 2010 bis 2012 in der Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden zweiten Tag). Die anderen Varianten zeigten über die drei Jahre einen konstanteren Ertrag.
Als vorläufige Zwischenbilanz ergib t sich: Es ist besser, öfters und mit kleineren Wassermengen zu bewässern. Zudem zeichnete sich der Mikrosprinkler im Vergleich zum Tropfschlauch als die bessere Variante ab. Es ist anzunehmen, dass die Kirschbäume als ausgesprochene Flachwurzler das von den Mikrosprinklern breit verteilte Wasser besser und effektiver aufnehmen können.
Die Meinung, dass die Mikrosprinkler mehr Wasser benötigen als der Tropfschlauch, konnte in diesem Versuch widerlegt werden. Obwohl bei der Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden zweiten Tag) und Variante 4 (Tropfschlauch, jedenTag) die gleichen MengenWasser pro Tag und m2 verabreicht wurden, weist die Variante 2 bessere Erträge auf.
Bei der Kombination Sweethart mit der starken Unterlage Colt fällt auf, dass sich die Erträge im Jahr 2010 stark von den Erträgen der Jahre 2011 und 2012 unterscheiden (Abb. 2 b).
2010 waren die Erträge der Varianten 2, 4 und 5 beinahe gleich hoch. Nur Variante 3 (Mikrosprinkler, einmal pro Woche) und noch deutlicher Variante 1 (keine Bewässerung) zeigten in diesem Jahr weniger Ertrag.
Anders präsentierten sich die beiden Folgejahre. 2011 hatten die Varianten 4 und 5 (beide mit Tropfschlauch) weniger Ertrag als die Variante 1 (ohne Bewässerung) und 2012 wiederholte sich dieser Trend bei der Variante 5 (Tropfschlauch, einmal pro Woche).
Dies könnte daraufhindeuten, dass eine so starke Unterlage bei wenig Behang sogar unter der Abdeckung genügend Wasser aufnehmen kann. Bei hohem Behang jedoch braucht auch eine starke Unterlage Bewässerung.
Im Weiteren bestätigte sich die Beobachtung, dass Mikrosprinkler (Varianten2 und3) höhere Erträge bringen als die Bewässerung mit Tropfschlauch (Varianten 4 und 5).
 

Geringe Unterschiede bei Noire de Meched

In Abbildung 3 sind die Erträge der Bewässerungsvarianten mit den beiden Unterlagen Gisela 6 respektive Colt auf der Sorte Noire de Meched dargestellt. Bei dieser Sorte ist der Unterschied zwischen den Varianten bei beiden Unterlagen eher gering. Dennoch bestätigt sich auch hier der Trend, dass die Variante 2 (Mikrosprinkler, jeden zweiten Tag) die höchsten Erträge aufweist.
Schwierig wird jedoch die Interpretation, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Erträge der Variante 1 (keine Bewässerung) mit den Erträgen der restlichen Bewässerungsvarianten mithalten können, ja teilweise sogar höher sind. Eine stichhaltige Erklärung kann dafür im Moment nicht abgegeben werden. Offensichtlich ist jedoch, dass die Sorte Noire de Meched nicht gleich stark auf die verschiedenen Bewässerungsvarianten reagiert wie die Sorte Sweetheart. Noire de Meched stammt ursprünglich aus dem Iran. Ist diese Sorte so «trockenheitsrobust», dass sie auch ohne Bewässerung gute Erträge bringt und auf Wassergaben nur wenig reagiert? Dies muss weiter untersucht werden. Um alle Fragen abschliessend zu klären, sind weitere Versuchsjahre notwendig.
Dieser Versuch konnte nur mit der Unterstützung und Mithilfe des Beirats durchgeführt werden. Daher gilt ein besonderer Dank dem Schweizer Obstverband (SOV), den KantonenAG, BE, BL, LU, SO, SZ, ZG und dem FiBL.   
 
 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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