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Sprühgeräte, 24.04.2013

QUALITÄTSVERBESSERUNG BEI DER ANWENDUNG DER REBSCHUTZMITTEL

Die Dosis macht das Gift oder den Erfolg
Nachhaltige Rebenkultivierung mit jährlich ausreichender und hochwertiger Traubenproduktion erfordert den Einsatz von Rebschutzmitteln gegen biotische Schaderreger. In ­Zeiten gesellschaftlich postulierter höherer ökologischer Verantwortung in der Produktion, mehr rechtlicher Einschränkungen, verschärfter Kosteneffizienz und steigender Ansprüche an die Produktqualität sind Verbesserungen beim Bekämpfungsmitteleinsatz im Sinne einer bedarfs­gerechten Dosis und einer zeitgerechten, zielflächenan­gepassten, verlustarmen Applikation unumgänglich.
 
Der Einsatz von Rebschutzmitteln zur direkten Bekämpfung von pilzlichen und tierischen Schaderregern der Rebe ist heute eine sehr sensible, emotional diskutierte Thematik, mitunter in den Medien für Schlagzeilen oder Wettbewerbsvorteile sogar grenzgängig einseitig ohne jegliche Ethik ausgelegt. Jedenfalls resultiert daraus eine ganz große Herausforderung für die Weinbaupraxis. Mit dem Argument, dass die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln schon heute bestimmungs- und sachgerecht auf hohem Niveau erfolgt, wird die gesellschaftskritische Betrachtung nicht zufrieden stellend zu entkräften sein. Weitere Verbesserungen im Rebschutz müssen folgen.
 

Befall vorbeugen als Basis

Allen gilt es zunächst noch deutlicher als bisher zur Kenntnis zu bringen, dass der Grundstein für einen ­umweltschonenden, qualitätsorientierten, wirtschaftlichen und nachhaltigen Weinbau in erster Linie in den befallshemmenden oder befallsvorbeugenden weinbaulichen Kulturmaßnahmen liegt. Erst wenn diese nicht ausreichen, ist zeitgerecht unter Nutzung von Bestandsdiagnose, Befallsprognose und Risikoanalyse eine direkte Bekämpfungsmaßnahme mit dem am besten geeigneten Mittel in der bedarfserforderlichen Anwendungstechnik angebracht, um wirtschaftlich relevanten Schaden zu verhindern oder gar die Nachhaltigkeit der Rebanlage nicht zu gefährden.

Unbestreitbar ist der Rebschutz sehr schwierig geworden. Es bedarf heute nicht nur eines hohen Fachwissens, sondern auch einer laufenden Weiterbildung und stetigen Informationsbesorgung über die aktuelle (insb. rechtliche) Situation. Die Änderungen im Bereich der Rebschutzmittel, also der amtlich geprüften und ­zugelassenen biologischen, biotechnischen oder chemischen Pflanzenschutzmittel (PSM) und der gelisteten, nicht prüfungspflichtigen Pflanzenstärkungsmittel (dt. Recht) bzw. Pflanzenhilfsmittel (österr. Düngemittelrecht), die vornehmlich in der Bio-Produktion zum Einsatz gelangen, waren in der letzten Zeit beachtlich. Dies gilt in besonderer Weise für letztere Gruppe, zumal viele dieser nur gelisteten Substanzen bei näherer Betrachtung tatsächlich als PSM gem. VO 1107/2009 anzusehen waren und ab dem 15. Februar 2013 nun nicht mehr verfügbar sind. Ob ein amtliches Zulassungsverfahren grundsätzlich erforderlich ist, hängt zweifellos aber immer davon ab, wie das Produkt gekennzeichnet und für den Verwendungszweck beworben wird.
 

Dosierung

Für genehmigte und registrierte PSMs ist die Aufwandmenge in den nationalen Zulassungsbestimmungen genau geregelt. Die maximal zulässigen produktspezifischen Aufwandmengen sind in der EU nicht ein­heitlich (Beispiele in Tab. 1). Zudem beziehen sich die Dosiervorgaben teils auf die Anwendungskonzentration (% bzw. g/hl), teils auf die Grundfläche (kg/ha) oder auf andere Para­meter.

In Österreich wird bei der Zulassung von fungiziden, insektiziden oder akariziden PSMs für den Weinbau seit Jahrzehnten die Anwendungskonzentration in Prozent unter Bezugnahme auf eine Wasseraufwandmenge von 1.000 l/ha amtlicherseits festgelegt, und damit logischerweise auch die pro Anwendung maximal mögliche Aufwandmenge pro Hektar Weingartenfläche. Im Zuge von Reregistrierungen oder Neuzulassungen enthalten die Indikationen unter der Rubrik „Sonstige Auflagen und Hinweise“ nun auch Begrenzungen der Aufwandmenge in Kilogramm oder Liter pro ­Hektar in Abhängigkeit von der Bestandsdichte und dem Entwicklungsstadium (ES) der Rebe. Diese auf den ersten Blick für viele leicht übersehbaren, kleingedruckten Appen­dizes müssen in Zukunft mehr beachtet werden, wobei allgemein insoweit Übereinstimmung darüber herrschen sollte, dass der Begriff „Bestandsdichte“ nicht einengend als Reben­bestockungsdichte (Rebstöcke pro ha) auszulegen ist, sondern logischerweise als PSM-Zielfläche (Laubfläche), da bei engen Reihenabständen nicht zwangsläufig mehr Laub vorhanden sein muss als in Weitraum­anlagen.

Während in Italien, Frankreich und Spanien gegenwärtig bei der PSM-Anwendung im Weinbau unter der Dosis­obergrenze keine Bezugnahme auf den Rebenzuwachs gefordert ist, wird in Deutschland und der Schweiz bereits seit längerem bei Fungiziden, Insek­tiziden und Akariziden der Mittel­aufwand an das jeweilige phänologische Entwicklungsstadium der Rebe angepasst bzw. begrenzt. Als Grundlage der Berechnung dient der sogenannte Basisaufwand (in kg bzw. l/ha). Dieser ist dann im Verlauf der Vegetations­periode an das ES der Reben (inter­national meist in BBCH-Stadien ­angegeben), entsprechend dem Grünmassezuwachs, also der Vergrößerung der Zielfläche, für die PSM-Anlagerung anzugleichen.

In Deutschland bezieht sich die für den Basisaufwand präparatspezifisch zugelassene PSM-Dosis auf eine Wassermenge (Brühemenge) von 400 l/ha für die Zeit „Austrieb bis Beginn der Rebblüte“ (BBCH 00–61). In der Folge wird die Basisaufwandmenge – bei gleich bleibender Anwendungskonzentration – entsprechend dem Vegetationsverlauf angepassten Erhöhung der Wassermenge auf 800l/ha (BBCH 61, Blütebeginn), 1.200l/ha (BBCH 71, Fruchtansatz) und letztendlich 1.600 l/ha (BBCH 75, Erbsengröße der Beeren) mit 2, 3 und 4 multipliziert (Tab. 2).

In der niederschlagsreicheren Schweiz ergeben sich die zulässigen Präparatmengen im Wege von 600 l/ha (Rotbrenner-Behandlung in 5/6-Blattstadium), 800 l/ha (1. Vorblütebehandlung, BBCH 55), 1.000 l/ha (2. Vorblütebehandlung, BBCH 57, Gescheine voll entwickelt), 1.200 l/ha (Blüte, BBCH 61-69) und 1.600 l/ha (Nachblüte, d.h. Fruchtansatz bis Reifebeginn, BBCH 71-81).

Die Erfahrung zeigt, dass Brühenmengen von über 800 l/ha in Spalierdrahtanlagen mit ca. 2 m Reihenabstand (d. h. rd. 5.000 Reben pro Hektar), wie sie in Deutschland und der Schweiz als Berechnungsbasis heran­gezogen werden, auch von einer voll entwickelten Laubmasse nicht mehr aufgenommen werden können und folglich zu beachtlichen Abtropf- und Abdriftverlusten führen. In österreichischen Weitraumanlagen (2,7–3,0 m Reihenabstand) kann die Grenze der Anlagerungsfähigkeit nach eigenen Untersuchungen bereits bei rund 500–600 l/ha (je nach Laubwandgröße und -form) liegen.
 

Wasseraufwandmenge

International ist schon seit längerem ein starker Trend zur Ausbringung der PSM mit reduzierter Brühemenge bei mehr oder weniger entsprechender Erhöhung der Normalkonzentration festzustellen. Die Gründe dafür sind sehr breit gefächert. Primär ermöglicht die Abdeckung einer größeren Rebfläche pro Fassfüllung eine
Kostenreduktion (weniger Nebenzeiten für Tankbefüllungen pro Behandlungstermin und Anfahrten zu den Weingärten, weniger Treibstoffbedarf, weniger Maschinen- und Arbeitsstunden),
Senkung des Risikos einer Kontamination mit unverdünnten Produkten beim Ansetzen der Brühe, höhere Schlagkraft mit Optimierungspotenzial beim Bekämpfungszeitpunkt.
Die Praxis zeigt, dass sich heute im Weinbau bei entsprechender Ausbringungstechnik mit einer Brühe von nur 250 bis 450 l/ha (im Nachblütebereich bei voller Belaubung) ein ebenso guter Schutz der Reben erreichen lässt wie mit 800 l/ha. Unter normalen Bedingungen kommt dabei die doppelte Normalkonzentration wirkungsvoll zum Ansatz, bei hoher Infektionsgefahr eine entsprechende Dosissteigerung.

Obwohl immer wieder von verschiedensten Seiten auf die Gefahr schlechterer biologischer Wirkungsgrade verwiesen wird, nehmen viele Praktiker, teils noch immer (vor allem ältere Winzer) oder teils schon wieder (geschulte jüngere Semester), nicht eine der Reduktion der Wassermenge vollständig entsprechende Aufkonzentrierung vor, sodass un­term Strich weniger PSM-Mittelaufwand auf der Behandlungsfläche zur Ausbringung kommt als erlaubt. Diese im Ergebnis befriedigende Strategie beruht teils auf glücklichem Zufall, teils aber auf hohem Fachwissen und sehr guter anwendungsorientierter Umsetzung.

Unbestreitbar ist das Arbeiten mit einer (z.B. bei 400 l/ha statt 1.600 l/ha Brühe) vierfachen oder noch höheren Normalkonzentration mit viel Risiko verbunden (Phyto-, Umwelt- und Humantoxizität, Düsenverstopfung, Mischungsprobleme).
 

Grundflächenbezogen oder zielflächenangepasst?

Vielerorts und keinesfalls nur auf Österreich beschränkt sorgt die bei der PSM-Zulassung und von mancher Beratungsseite gewählte Bezugsgröße in Form der Aufwandmenge pro Hektar immer wieder für Diskussionen und Unsicherheiten. Kritisiert wird, dass der Weinbau eine Raumkultur darstellt, wo nicht die Grundfläche zur Behandlung gelangt, sondern die vertikal orientierte Laubwand. Demnach kann die Dosierung hier nicht ähnlich ausgerichtet sein wie bei einer einjährigen Feldkultur.

Alleine in den heimischen Weinbaugebieten zeigt sich bei der sehr großen Bandbreite an verschiedenen Parzellengrößen (Nachbar-Einfluss), Anlageformen (Reihenabstände), Erziehungssystemen und Laubwand­ausdehnungen (Höhe und Struktur), Rebenvitalitäten (Frost, Apoplexie), Witterung, Kulturführung u.a., dass eine grundflächenbezogene Anpassung der PSM-Dosierung (in kg/ha) an das ES der Rebe wenig dienlich ist.

Gezielte und effektive Rebschutzmittelanwendung muss den rechtlichen Zulassungsrahmen situations­bezogen nutzen. Aufwanddosis und Wassermenge sind mit Vorteil an der Größe und Struktur des aktuellen benetzungserforderlichen Zielvolumens (Blätter, Triebachsen, Trauben) zu orientieren. Vor allem sollte aber noch mehr im Kalkulationsansatz die auf der Zielobjekteinheit anzulagernde tatsächliche Wirkstoffmenge statt der Produktmenge in den Fokus rücken. Nur so lassen sich Verbesserungen in der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit erreichen.
 

Zielfläche

Um Kenntnis über die Größe des benetzungserforderlichen Zielvolumens, vor allem der Ausdehnung des Blattapparates der Rebe, zu erhalten, werden verschiedene Wege beschritten:
Die Bequemen stützen sich auf Literaturangaben oder nutzen via PC diverse Blattflächenzuwachsmodelle, ohne zu hinterfragen, ob diese Zahlen für die eigenen Flächen auch nur annähernd relevant sind.
Jene, die zumindest in den für die PSM-Zulassung wichtigen Rebenentwicklungsstadien in ihren Weingärten die Laubwandhöhe und die Laubwandbreite selbst ermitteln (v. a. in den beiden wuchsextremen Anlagen, ggf. auch in einer mit mittlerer Vitalität, bei 5 bis 10 Stöcken) und in rechnerischen Bezug zum bekannten Reihenabstand bringen, werden mit der Information über das aktuelle Laubwandvolumen belohnt.
 
Laubwandvolumen (m3/ha) = LWH (m) x LWB (m) x 10.000 m2
                                                        Reihenbreite (m)

LWH = Laubwandhöhe, LWB = Laubwandbreite


Verständlicherweise lässt sich dieses bei Einstricken aller grünen Triebe in den Spalierdrahtrahmen in der ­Formation eines vertikal schlanken, rechteckigen Laubkörpers, also eines geraden Prismas, wesentlich einfacher berechnen als bei einer durch breit ausladende Laubverteilung (Triebe auch beidseits in die Fahrgassen ragend) erzeugten Pyramidenstumpfes. Die Schwankungsbreite im Laubkörpervolumen von knapp unter 1.000 m3(schlanke Laubwand) bis über 5.000 m3 (3-geteilte Laubwand) bezeugt die hohe Bedeutung der Zielfläche im Rebschutz.
Noch genauer wird die Datenlage, wenn in Leitweinweingärten an bestimmten Rebstöcken mehrmalig der Längenzuwachs der Haupttriebe sowie die Zahl und Größe ihrer Blätter erfasst werden. Dabei wird verständlicherweise nicht so exakt wie bei Forschungsarbeiten vorzugehen sein.
Kluge erheben nicht nur die Dynamik der Größenzunahme und die Stärke der laubarbeitsbedingten Abreicherung (durch Einkürzen der Triebe und basale Entblätterung), ­sondern auch den Anteil an bereits (behandelten, weit entwickelten oder schon ausgewachsenen) älteren Blättern und den Anteil der noch un­geschützten, besonders infektions­gefährdeten Geiztriebentwicklung. Besonderes Augenmerk wird auch der Art der Blattstellung, der Anzahl der Blattlagen und dem Porositätsgrad des Blattwerkes beizumessen sein. Nicht zuletzt gilt es, sich ein Urteil über die Zahl der Trauben und ihre Position zu machen. Fachkundigen entgeht dabei nicht, dass völlig frei hängende Trauben ganz ohne Blattschutz zwar deutlich weniger krankheitsanfällig sind, durch ihr Potenzial zu bestimmten Weinqualitäten und zu problematisch hohen PSM-Rückstandswerten aber besondere Beachtung verdienen.
 

Applikationstechnik

Zur PSM-Minimierung bedarf es neben der Anpassung der Dosierung an die Zielobjektgröße auch einer der Behandlungsfläche entsprechenden Applikationstechnik.
Mit Ausnahme der Austriebsbehandlung, die grundsätzlich im Spritzverfahren erfolgen soll, und einiger ­Betriebe, die auch während der Vegetation auf brühe- und abdriftarme Tunnelspritzgeräte mit Recyclingsystem bei ihren sehr schlanken und porösen Laubwänden (bis zur Blüte oder ganzjährig) setzen, wird heute im Weinbau meist die luftunterstützte Technik (Sprühen) bevorzugt. Mit Hilfe des Gebläse­luftstromes lässt sich der in der Regel mehrschichtig aufgebaute Raumkomplex grüner Reborgane öffnen und durchwirbeln, womit die PSM-Anlagerung auch an den sensiblen Bereichen, d.s. Blattunterseite, Rebstockmitte, Trauben(-Rückseite), ermöglicht wird.

Unverständlicherweise gibt es noch immer Betriebe, die ihre Reben außenseitig tropfnass mit (hochkonzentrierter) PSM-Brühe abwaschen, an den düsenabgewandten Rebteilen jedoch keinerlei Bedeckung erreichen, und in der Folge über die schlechte Wirkung der Präparate wehklagen, zumal sie doch die maximal zulässige PSM-Dosis pro Hektar zum Ansatz gebracht haben. Manche sind leider unbelehrbar.

Die Applikationsqualität wird bestimmt sowohl vom Sprühgerätetyp (Gebläsebauform) als auch von den Betriebsbedingungen.
Die großen Unterschiede in der gerätespezifischen Vertikalverteilung des Trägerluftstromes sollten allseits bekannt sein. Die Varianten der Gebläsesprüher im heimischen Weinbau sind überschaubar. Noch immer dominiert das Standard-Axialgebläse, das modernen hohen Qualitätsanforderungen aber kaum mehr gerecht wird (z.B. rechtwinkelige Anlagerung, starker, weithin sichtbarer vertikaler Austrag über Rebbestand). Mehr und mehr Verbreitung finden Querstromgebläse (mit abdriftminderndem, in den Bestand gerichtetem, horizontalem Luftstrom und schräg nach hinten zur Fahrtrichtung gerichteter ­Anlagerung; geeignet auch für das „verlustarme Sprühen“).

Viele größere Betriebe haben in letzter Zeit ihre Axialsprüher oder Querstromgeräte mit Überzeilengestänge nachgerüstet, an dem sie auf den traktorabgewandten Seiten der Rebzeilen jeweils einen Spritzbalken führen und so (bei unterschiedlicher Belagsqualität) in einem Arbeitsgang zwei Rebreihen abdecken. Auch zur mehrrei­higen Applikation mit einem großen, gezogenen Radialgebläse haben sich einige entschlossen und dabei ihre eigenen Höhen und/oder Tiefen erfahren.

Vor dem Kauf eines Neugerätes empfiehlt sich jedenfalls, jene mit ÖIAP-Gütezeichen ausgestatteten und in der Liste der abdriftmindernden Pflanzenschutzgeräte des BMLFUW angeführten Modelle mit der entsprechenden Düsenbestückung (abrufbar unter http://www.josephinum.at) primär in die Wahl zu nehmen und die geprüfte Luftverteilung vom Gerätehersteller vertraglich einzufordern.

Im Wege der Betriebsbedingungen des (überprüften, eingestellten, funktionstüchtigen) Sprühgerätes ist durch die entsprechende Wahl der Düsenbestückung, der Fahrgeschwindigkeit und des Luftvolumens der Spagat zwischen einer guten Anlagerungseffizienz und einer äußerst verlustarmen PSM-Applikation zu schaffen.

Durch Regulierung der Gebläsedrehzahl, Fahrgeschwindigkeit und Luftaustrittsöffnung gilt es, den Luftstrom an die aktuelle Größe, Form und Dichtestruktur des grünen Rebenkörpers mit folgendem Ziel anzupassen: Der PSM-Brühenebel soll in den von Blättern und Trauben gestalteten Raum mit guter Benetzung eindringen, aber kaum in die benach­barten Fahrgassen abdriften und keinesfalls über den Gipfelbereich in die Atmosphäre entweichen.

Die gleichmäßige Verteilung einer ausreichenden Belagsbildung auf der Zielfläche ist durch richtige Distanz zur Laubwand sowie durch entsprechende Anzahl, Ausrichtung, Durchfluss und Tröpfchenspektrum der ­Düsen sicherzustellen.
 

Einfluss der Düsen

Die Düsen sollten von der Laubwand in einem Abstand von nicht näher als 30 cm (Abtropfverluste) und nicht weiter als 70 cm (Abdriftsteigerung) geführt werden. Hohlkegeldüsen erzeugen feine Tropfen. Diese werden von vielen noch immer geschätzt (guter Bedeckungsgrad, hoher Wirkungsgrad, wenig Phytotox, wenig Tropfenflecke), sind aber lange schwebefähig und folglich sehr abdrift- und verdunstungsgefährdet. Dies gilt besonders für Größen <120 µm.

Flachstrahldüsen (im Weinbau mit 80° Spritzwinkel) sind durch ihren fächer­förmigen und großtropfigen Strahl abdriftstabiler, befriedigen aber durch ihre grobtropfige Belagsstruktur nicht immer. Mit Hilfe der besonders windstabilen und (u. U. bis 90%) abdriftarmen Injektortechnologie (relativ große, luftgefüllte Flüssigkeitspartikel mit guter Bestandsdurch­dringung, die beim Auftreffen auf die Pflanzenoberfläche zerplatzen und so eine breitere Sekundärverteilung gewährleisten) sollten (insb. die neuen kompakten, extra kurzen) Injektor-Flachstrahldüsendurch gute Belagsqualität und unkompliziertes Nachrüsten zukünftig aber Eingang in die Praxis finden.

Für das lärmemissionsarme und als sehr gut abdriftmindernd eingestufte Applikationsverfahren „verlustarm Sprühen“ (mit begrenzter, zielflächeneingestellter Gebläseluftleistung in Verbindung mit zielflächenangepasster Dosierung) besteht jedenfalls die Verpflichtung, Injektor-Flachstrahldüsen am Querstromgebläse oder Schrägstromaufsatz zumindest im Bereich der beiden obersten Düsenbestückungen zu verwenden, wobei im unteren Teilbereich die Vorteile von Hohlkegeldüsen weiterhin genutzt werden können.

Die Winzer werden sich darauf einstellen müssen, dass schon bald Applikationsverfahren mit mindestens 75% Abdriftminderung zur allgemein gültigen Forderung erhoben werden.

Entsprechend der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ sollte es zur Abdriftminderung und Wirkungssicherheit selbstverständlich sein, dass Rebschutzbehandlungen möglichst nur frühmorgens oder spätabends, bei Lufttemperatur < 25°C, Luftfeuchte über 60%, Windstille bzw. einer Windgeschwindigkeit von max. 5 m/sec vorzunehmen sind.

Unverzichtbar erscheint letztendlich die wiederholte Selbstkontrolle der gewählten Ausbringtechnik für die aktuelle Grünmassegestalt der ­Reben (bzgl. Bestandsdurchdringung, Bedeckungsgrad, Belagsmasse und Tropfendichte) mit Hilfe von wassersensitiven gelben Papier-Teststreifen (die sich bei Kontakt mit Wasser blau verfärben).
 

Fazit

Im Weinbau ist es bereits heute möglich, den zum Schutz der Reben unerlässlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder sonstigen Rebschutzmitteln wirkungsvoll auf wenige Überfahrten – zielflächenorientiert, verlust- und dosisarm – zu beschränken. Verbesserungen auf breiter Basis sind aber notwendig.
 

Rebschutzstrategie

Grundsätzlich
  • vorrangig auf Basis nicht chemischer Vorsorgemaßnahmen
  • weingartenspezifisch
  • situationsbezogen und zeitgerecht
  • produktionszielangepasst
Direkte Bekämpfung (Einsatz ei­nes Bekämpfungsmittels)
  • erst bei unumgänglicher Erfordernis
  • diagnose-, schwellen-, prognose-, warndienstorientiert
  • mit dem am besten geeigneten Präparat
  • nur mit human-, öko- und aquatoxisch unbedenklichen Mitteln
  • bedarfserforderliche Wirkstoff- und Brühemenge
  • zielflächenorientierte Dosis statt Grundflächenbezug (kg pro ha)
  • mit zielflächenangepasster und verlustarmer Applikation
  • wenn möglich in bei jedem Behandlungstermin wechselnder Fahrtrichtung
  • bodenschonend und CO2-minimierend mit möglichst wenigen Einsätzen und Überfahrten pro Jahr

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