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Filtertechnik, 18.09.2017

MOSTFILTRATION – DIE SCHARFE VORKLÄRVARIANTE

Es gibt moderne Kellerverfahren, die jahrgangsbedingte Qualitätsschwankungen von Weinen ausgleichen können.
Neben der schonenden Traubenverarbeitung erlangt dabei die Mostvorklärung bei Weissweinen immer mehr Bedeutung. Wissenschaftliche Arbeiten haben gezeigt, dass sie mit wenig Aufwand zur deutlichen Qualitätssteigerung führt und damit einen Schlüsselprozess der heutigen Weinbereitung darstellt.
 
Die Resttrubgehalte von Mosten bei herkömmlichen Vorklärverfahren (Sedimentation, Separator, Flotation) schwanken sehr stark. Der Winzer hat zudem meist keine Möglichkeit sie zu bestimmen. Die Einhaltung bestimmter Trubgehalte ist damit kaum möglich. Jung wies deshalb schon 2005 auf die Möglichkeit der Filtration hin, die den Schleudertrubgehalt im Filtrat sicher unter 0.6 Gewichtsprozent senken kann. Für ungeklärten Most kommen dafür aber wegen des hohen Trubgehalts nur der Vakuumdrehfilter oder die Kammerfilterpresse (Hefefilter, Trubfilter) in Frage. Der Vakuum-Drehfilter ist nur in grösseren Betrieben zu finden und sein Einsatz wird wegen der starken Mostoxidation und dem hohen Wartungsaufwand kritisch diskutiert. Eine Vorklärung nur mit dem Trubfilter wird aufgrund der geringen Leistung und dem sehr blanken Most als ungeeignet eingestuft. Die Kammerfilterpresse, die auch in kleineren Betrieben häufig vorhanden ist, wird traditionell für die Hefefiltration eingesetzt. Ihr häufigster Anwendungsbereich ist heute jedoch die Trubverarbeitung zur Steigerung der Ausbeute von Sedimentation und Flotation.


Das VarioSan-Verfahren

DurchVerbesserung der Drainage-Eigenschaften des Filterkuchens mittels einer Filterhilfsmittel-Mischung aus Perliten und Cellulose sowie der Einführung von offenen monofilen Filtertüchern aus Polypropylen konnte die Trubverarbeitung stark verbessert werden. Die Optimierung ist besonders auf die gesteigerte Arbeitsleistung und bessere Reinigungseigenschaften der Filtertücher zurückzuführen. Die Firma Erbslöhbietet dazu unter der Bezeichnung «VarioSan-Verfahren» das Filterhilfsmittel VarioFluxx P sowie die monofilen eSan-Filtertücher an. Dabei wird das Filterhilfsmittel (FHM) im Unfiltrattank suspendiert, unter Rühren in Schwebe gehalten und die Suspension direkt filtriert [siehe Abbildung 1].
Neben der Trubverarbeitung bietet es weitere Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Süssreservebereitung, der Vorklärung von vorzeitig angegorenen Mosten und der Aufbereitung von nicht vorbehandelten (kompletten) Keltermosten.
 

Filtration der Gesamtmostmenge?

Die Eignung des VarioSan-Verfahrens zur Verarbeitung von Gesamtmostmengen wurde durch Praxisversuche im Herbst 2009 sowie im Rahmen von Laborexperimenten geprüft. Um effizient zu arbeiten und das Vorgehen für den Anwender so einfach wie möglich zu halten, wurde auf die zeitaufwändige Sedimentation und die anschliessende getrennte Verarbeitung von Überstand und Trub verzichtet. Ziel der Untersuchungen war es, Charakteristiken und Voraussetzungen der Mostfiltration als Vorklärverfahren zu ermitteln.
Für die Herbstversuche kam eine Filterpresse (Schenk) mit einer Kammerplattengrösse von 470 mm X470 mm zum Einsatz (33 Kammern, 11.2 m2 Filterfläche), die mit eSan-Filtertüchern bestückt war [siehe Abbildung 2]. Dank dem optimierten Filterhilfsmittel und den monofilen Filtertüchern ergab sich die Möglichkeit, mit höheren Anströmgeschwindigkeiten zu arbeiten als die werkseitig installierte Kolbenpumpe leistet.
Daher wurde eine stufenlos regelbare Exzenterschneckenpumpe (max. 20 000 L/h) der Firma Schneider eingesetzt, die mit einem zweistufigen, gehärteten Rotor und einer halbautomatischen druckabhängigen Steuerung ausgestattet ist. Die Pumpe war über einen Druckschlauch mit dem Filter verbunden. Das Filterhilfsmittel wurde in der Gesamtmostmenge suspendiert und durch ein leistungsstarkes Rührwerk in Schwebe gehalten.


Enzyme, Filterhilfsmittel und Anströmgeschwindigkeit

Fragen wie Enzymeinsatz, FHM-Mengen und Anströmgeschwindigkeit wurden in drei Versuchsserien mit je dreiVarianten (Tab. 1; HV 1.1-3.3 )[siehe Abbildung 6] abgearbeitet. Die Versuche fanden in der Bezirkswinzergenossenschaft (BWG) Wonnegau statt, wo grössere Mengen eines einheitlichen Mosts (6000 L pro Variante) zur Verfügung standen. Total wurden über 30 Filtrationsprotokolle ausgewertet. Jede Filtration wurde mit der angegebenen Anströmgeschwindigkeit gestartet und sobald der Maximaldruck von 10 bar erreicht war, wurde die Pumpenleistung schrittweise gedrosselt. Bei Erreichen der Minimaldrehzahl wurde die Filtration beendet.
Die Tabelle zeigt eine Übersicht über die Versuchsbedingungen und Ergebnisse der Herbstversuche (HV). Um den Druckanstieg wertmässig zu erfassen, wird der Prozentsatz an der Gesamtfiltrationszeit angegeben, bei dem erstmalig der Maximaldruck von 10 bar erreicht wird. Die Durchschnittsleistung pro m2 Filterfläche umfasst auch eine Reinigungszeit von 30 min zwischen den Filtrationen.


Enzymierung: unbedingt!

Bei den Enzymversuchen (Tabelle: HV 1) [siehe Abbildung 6] zeigt sich, dass mit der Enzym-Einwirkzeit die Durchschnittsleistung bei tieferem Druckniveau signifikant ansteigt. Bei der Variante ohne Enzym verblockt der Filter, bevor die Filterkammern gefüllt sind. Damit wird klar, dass eine Enzymierung unbedingt erforderlich ist. Schon eine Einwirkzeit von zwei Stunden führt zu einer über 20% höheren Leistung. Die Enzymierungszeit ist dabei hauptsächlich abhängig vom Pektingehalt des Mosts und der Mosttemperatur, weshalb über die Dauer individuell entschieden werden muss.
Filterhilfsmittel: je mehr, desto besser
Die Ergebnisse der Dosageversuche ( Tabelle: HV 2) [siehe Abbildung 6] zeigen eindeutig einen Leistungszuwachs mit steigendem Filterhilfsmittelzusatz. Auch der Druck steigt speziell bei der Variante mit 700 g/hl deutlich langsamer an, weil die höhere FHM-Menge die Durchlässigkeit des Filterkuchens verbessert. Bei der Variante mitnur300 g/hlVario-Fluxx P verblockt der Filter schon, wenn der Trubraum nur zur Hälfte gefüllt ist. Demnach darf eine Mindestmenge von 500 g/hl FHM nicht unterschritten werden. Im Zweifel wird eher eine höhere Dosage gewählt, da die Filtrierbarkeit der Moste im Voraus meist schwer einzuschätzen ist. Die Mehrkosten zwischen 500 und 700 g/hl VarioFluxx P betragen ohnehin nur 0.36 Eurocent pro Liter Most (ca. 50 Rp./hl). Um häufige Entleerungs- und Reinigungspausenzu vermeiden, muss die Kapazität des Trubraums der Kammerfilterpresse an die verarbeiteten Chargengrössen angepasst sein, damit sie nicht zum begrenzenden Faktor wird.


Anströmgeschwindigkeit: kein überhöhter Druck!

Die verarbeitete Menge ist beiallendreiVersuchsvarianten (Tabelle: HV3) [siehe Abbildung 6] nahezu gleich. Die Variante mit einer Anströmgeschwindigkeit von 700 L/m2h zeigt zwar eine um 14% höhere Durchschnittsleistung als die beiden anderen Varianten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass durch die hohe Anströmgeschwindigkeit ein Grossteil der Filtration auf einem sehr hohen Druckniveau verläuft [siehe Abbildung 3]. Dadurch wird das Material sehr stark beansprucht und ausserdem ist ein höherer Energieverbrauch der Pumpe zu erwarten. Auch weil sich bei den geringeren Anströmgeschwindigkeiten keine ungleichmässige Anschwemmung des Filterkuchens gezeigt hat, gibt es kaum Gründe, eine Durchflussgeschwindigkeit von 500 L/m2/h zu überschreiten.


Mulitfil gegen monofil

Im Rahmen von Filtrationsversuchen im Labor mit einer Miniatur-Kammerfilterpresse (39 cm2 Filterfläche) konnten durch zahlreiche Wiederholungen mit einem stummgeschwefelten Most weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Dazu wurden jeweils zwölf Filtrationen nach dem Vario San-Verfahren mit einem neuen monofilen und einem multifilen Filtertuch durchgeführt und bei gleichbleibendem Durchfluss der Druck dokumentiert. Nach Filtrationsende wurde die Filtrat-Ausbeute berechnet. Zwischen den Versuchen erfolgte eine einfache Reinigung mit dem Wasserstrahl.
Im Gegensatz zu den Filtrationen mit dem monofilen Filtertuch ergaben sich beim multifilen Gewebe schon ab der zehnten Wiederholung steilere Druckverläufe und damit eine zunehmende Verblockung. Im multifilen Gewebe hatten sich offenbar Trubstoffe festgesetzt, die sich mit dem Wasserstrahl nicht mehr entfernen liessen. Das offene, monofile Filtertuch und die gute Drainagewirkung des Filterhilfsmittels gewährleisten einen sehr trockenen Filterkuchen [siehe Abbildung 4] und damit eine Mostausbeute, die im Durchschnitt bei 97% liegt. Die Ausbeute kann mittels Durchleitung von Druckluft nach Filtrationsende weiter erhöht werden.


Filtrattrübung und Schleudertrubgehalte

Mit durchschnittlich unter 15 NTU (Nephelometric Turbidity Units) lässt sich durch die Mostfiltration eine sehr scharfe, jederzeit reproduzierbare Vorklärung auch ohne Voranschwemmung erzielen. Abbildung 5 zeigt die typische Entwicklung der Trübung im Verlauf der Filtration am Beispiel der Filtration eines angegorenenMosts, die eine weitere Anwendungsmöglichkeit des VarioSan-Verfahrens darstellt. Da die Messung des Schleudertrubgehalts im Filtrat auf Grund des geringen Feststoffgehalts nicht möglichwar, kann davon ausgegangen werden, dass der Wert von 0.6 Vol.-% deutlich unterschritten wurde. Dadurch wird eine Grundlage für die Herstellung reintöniger, sortenspezifischer Weine geschaffen.


Einfluss auf die Gärung

Die Befürchtung, dass aufgrund der blanken Moste Gärstockungen auftreten könnten, ist berechtigt. Daher ist es wichtig, durch gärungsfördende Massnahmen derartige Störungen zu vermeiden. So zeigten Gärversuche mit filtrierten Mosten (5 NTU), dass eine Hefegabe von 20 g/hl Oenoferm-Freddo in Verbindung mit 35 g/hl VitaFerm (DiammoniumphosphatundVitaminB1) ausreichen, um sicher trockene Weine zu produzieren.   
 
Zehn Punkte für die Praxis
 
  • Die Filtration von Gesamtmostmengen mittels Kammerfilterpresse ist ein effizientes Vorklärverfahren, das die Einstellung von konstant tiefen Trubgehalten (< 15 NTU) bei hoher Mostausbeute erlaubt.
  • Praxisversuche zeigten, dass für eine effiziente Filtration eine Vorbehandlung  mit pektolytischen Enzymen unbedingt erforderlich ist.
  • Das Suspendieren des Filterhilfsmittels im Ausgangstank (Unfiltrattank) nach dem VarioSan-Verfahren von Erbslöh ist einfacher, billiger und leistungsfähiger als die separate Verarbeitung von Überstand und Sedimentationstrub.
  • Eine homogene Suspension des Filterhilfsmittels im Most ist zwingend nötig.
  • Bei einer FHM-Menge von 500 g/hl VarioFluxx P und einer Anströmgeschwindigkeit von 300 L/m2 h kann eine durchschnittliche Filterleistung bis 254 L/m2 h erreicht werden.
  • Die notwendige leistungsstarke Pumpe kann auch für andere Anwendungen im Keller eingesetzt werden.
  • Die Filtrattrübung liegt auch bei wechselnden Mostqualitäten durchschnittlich unter 15 NTU, was einer scharfen Vorklärung entspricht. Die Trübungsreduktion wird ohne Voranschwemmung oder Anfahren im Kreislauf erreicht.
  • Durch den hohen Klärgrad sind besonders bei Kaltvergärung Gärstörungen zu erwarten. Gärfördernde Massnahmen wie die Zugabe von Hefenährstoffen und erhöhten Reinzuchthefemengen sowie eine strikte Gärüberwachung werden daher empfohlen.
  • Die dank höherer Filtratausbeute trockeneren Trubplatten vereinfachen die Entsorgung
  • In Bezug auf die Reinigung zeigte das monofile eSan-Filtertuch klare Vorteile. Es neigt auch nach zahlreichen Filtrationen nicht zur Verblockung.
 

Mostfiltration - die scharfe Vorklärvariante

 
DieMostvorklärungbeiderWeissweinbereitung (Sedimentation, Flotation, Trubverarbeitung, Separator, Drehvakuumfilter) ist aufwendig und/oder setzt grössere Investitionen voraus. Das neue VarioSan-Verfahren von Erbslöh ermöglicht eine direkte Verarbeitung von Pressmosten in der Kammerfilterpresse. Voraussetzung ist eine leistungsfähige Pumpe. Auf eine Trennung in Trub und Überstand wird verzichtet. Das Filterhilfsmittel wird im Most aufgerührt und die homogene Suspension direkt filtriert. Praxisversuche haben gezeigt, dass eine pektolytische Enzymierung unabdingbar ist. Ebenso dürfen die Filterhilfsmittelmengen nicht zu knapp dosiert werden, während bei der Pumpenleistung geräteschonende 300 L/m2 h ausreichen. Da das Filtrat im Durchschnitt Trübungswerte unter 15 NTU aufweist, sind gärungsfördernde Massnahmen angezeigt.
 
 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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