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Mechanische Schnittgeräte , 01.09.2012

BEHANGSREGULIERUNG IM ZWETSCHGENANBAU

Die neuen, ertragreichen Zwetschgensorten weisen in der Regel einen zu hohen Fruchtansatz auf, deshalb ist eine Fruchtausdünnung erforderlich.
Die neuen, ertragreichen Zwetschgensorten weisen in der Regel einen zu hohen Fruchtansatz auf. Deshalb ist eine Fruchtausdünnung erforderlich, um die Anforderungen an eine Tafelfrucht zu erfüllen. Seit mehreren Jahren werden Möglichkeiten für eine chemische oder mechanische Behangsregulierung für Zwetschgen geprüft.
 
Mit der Einführung neuer Sorten hat sich die Fläche der Zwetschgenkulturen in der Schweiz in den letzten 15 Jahren verdoppelt auf heute rund 350 ha. Hauptsorte ist weiterhin Fellenberg mit über 20% Flächenanteil, gefolgt von Cacaks Schöne (10%) und weiteren neuen Sorten wie Hanita, Tegera, Elena, Cacaks Fruchtbare und anderen. Die neuen Sorten weisen in der Regel einen zu hohen Fruchtansatz auf. Für eine gute innere und äussere Fruchtqualität ist deshalb eine Behangsregulierung erforderlich (Abb. 1). Für die eher kleinfrüchtigen Sorten liegt die Grenze des Fruchtansatzes bei 30 bis 40 Früchten (ca. 1.2 kg) pro Meter Fruchtholz. Für grossfrüchtige Sorten sind 20 bis 30 Früchte pro Meter oder noch weniger (z.B. Tophit plus: 15 bis 20 Früchte/m) ausreichend. Dies sind obere Richtwerte. Ein geringerer Fruchtansatz nach der Handausdünnung wirkt sich positiv auf den Zuckergehalt und die Fruchtgrösse aus.
Die Fruchtausdünnung von Hand verursacht einen sehr hohen Aufwand bis zu 200 oder noch mehr Arbeitsstunden pro Hektare. Deshalb werden seit über zehn Jahren in zahlreichen Versuchen rationellere und praxistaugliche Methoden geprüft. Nachfolgend ist der aktuelle Stand der Behangsregulierung im Zwetschgenanbau zusammengefasst.
 

Chemische Ausdünnung

Die im Apfelanbau zugelassenen Wachstumsregulatoren haben bei Zwetschgen mehrheitlich eine ungenügende Wirkung oder andere Nachteile. Ethephon reduziert den Fruchtansatz und ist in Deutschland auch zugelassen für Zwetschgen. Nachteilig ist neben dem Risiko der Überdünnung insbesondere die Bildung von Harztropfen und -einschlüssen im Fruchtfleisch bei einigen Sorten, was für eine Tafelfrucht nicht toleriert werden kann.
Das Fungizid Kalium-Bicarbonat (Armicarb) ist gegen verschiedene Pilzkrankheiten im Obst-, Wein- und Gemüsebau bewilligt. Armicarb hinterlässt keine messbaren Rückstände und ist auch für die biologische Produktion registriert. Das Mittel ist in der Schweiz seit 2011 für die Behangsregulierung im Apfelanbau bewilligt. Versuche in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass Armicarb auch bei Zwetschgen ein gewisses Potenzial als Ausdünnmittel hat. Diese Wirkung ist noch weiter zu prüfen.
Als eine weitere Gruppe von Ausdünnmitteln kommen verschiedene Blattdünger in Frage. Die besten Ergebnisse wurden mit Ammoniumthiosulfat (ATS) erzielt. ATS wirkt einerseits über die Verätzung der Blütenorgane und andererseits über die Hemmung der Fotosynthese, was zu einem stärkeren Fruchtfall führen kann. Unserer Versuche in den letzten mehr als zehn Jahren haben gezeigt, dass mit zwei Behandlungen eine gute Wirkung zu erreichen ist, die erste bei Vollblüte am alten Holz, die zweite bei Vollblüte am einjährigen Holz. Verschiedene flüssige und kristalline ATS-Produkte wurden mit unterschiedlichen Dosierungen geprüft. ATS ist nicht als Ausdünnmittel bewilligt, seit 2011 in der Schweiz aber als Blattdünger unter dem Produktenamen Agro N fluid im Handel. Diese ATS-Formulierung wird mit einer Konzentration von 18 bis 22 L/ha eingesetzt. ATS-Behandlungen sollten bei trockener, warmer (>15 °C) Witterung und bei trockenem Blattwerk durchgeführt werden. Applikationen auf taunasse Blätter oder auch kurz vor Regen können Blattverbrennungen verursachen. Wichtig sind die eigenen Erfahrungen beim Einsatz von ATS.
Bisher ist in der Schweiz kein Produkt für die chemische Behangsregulierung bei Zwetschgen bewilligt.
 

Mechanische Behangsregulierung

Das Fadengerät «Tree-Darwin» wurde vor rund 20 Jahren für die Blütenausdünnung beim Apfel entwickelt. Seither wurde die Maschine verbessert und 2009 mit neuen Spritzgussfäden ausgerüstet (Abb. 3). Diese neuen Kunststofffäden ermöglichen eine schonendere Ausdünnung und haben zudem eine längere Lebendauer. Das Fadengerät wird während der Blüte (Ballonstadium bis kurz vor Vollblüte) eingesetzt, mit einer Fahrgeschwindigkeit in der Regel von 8 bis 12 km/h und einer Spindeldrehzahl von 200 bis 300 U/min. Die maschinelle Ausdünnung kommt aber nicht nur in Apfelanlagen, sondern auch für Zwetschgen in Frage. Die ersten Versuche in der Schweiz wurden 2002 in einer Junganlage mit gutem Erfolg durchgeführt. Das modifizierte Gerät mit den neuen Fäden wurde 2010 in einer Praxisanlage mit den Sorten Cacaks Schöne, Hermann und Zimmers getestet. Die Ergebnisse in Abbildung 2 zeigen, dass ATS in diesem Versuch nur eine geringe Wirkung hatte, während die mechanische Ausdünnung bei allen drei Sorten den Fruchtansatz deutlich reduzierte. Voraussetzung für den Einsatz des Fadengeräts «Tree-Darwin» sind schlanke Baumformen (z.B. Drapeau-System), damit die Fäden bis ins Kroneninnere reichen. Breit ausladende Kronen mit starken Fruchtästen, was in Zwetschgenanlagen mehrheitlich der Fall ist, sind für diese Maschine nicht Eine weitere Möglichkeit der maschinellen Ausdünnung ist das Fadengerät «Typ Bonn» mit drei horizontalen Spindeln. Diese sind einzeln verstellbar und greifen ins Kroneninnere. Diese Ausdünnmaschine ist besser geeignet für grössere Kronen in Zwetschgenkulturen. Eigene Erfahrungen fehlen, da dieses Gerät im Schweizer Obstbau noch nicht im Einsatz ist.
Neben den beiden am Traktor angebauten Maschinen stehen für kleinere Steinobstbetriebe auch die handgeführten, batteriebetriebenen Ausdünngeräte «Elec-tro'liv» und «Electro'flor» zur Diskussion. Der Olivenschüttler Electro'liv (Abb. 4) wird kurz vor der Handausdünnung eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt kann der Fruchtansatz beurteilt werden, was ein wesentlicher Vorteil ist. Bei Zwetschgen ist das Vibrieren der Äste mit dem Electro'liv nicht ausreichend für den Fruchtfall. Die Früchte müssen direkt von den Stäben abgeschlagen werden, was zu Schäden an den verbleibenden Früchte führen kann. Aprikosen fallen beim Schütteln der Äste leichter ab, was aber auch das Risiko der Überdünnung erhöht. Aufgrund unserer ersten Versuchserfahrungen kann dieses Gerät für die Zwetschgenausdünnung nicht empfohlen werden.
Das neue, in Südfrankreich für die Steinobstausdünnung entwickelte Gerät Electro'flor (Abb. 5) wird während der Blüte eingesetzt. Auf einer längenverstellbaren Stange ist eine rotierende Spindel montiert, deren Drehzahl regulierbar ist. Die Fäden dieser Spindel entfernen überzählige Blüten. Das Gerät kann gezielt an Stellen mit starkem Blütenansatz eingesetzt werden. Die für das Formieren in der Aufbauphase verwendeten und nicht mehr benötigten Schnüre sollten möglichst entfernt werden. Mit dem Electro'flor wird der Fruchtansatz nach der Blüte reduziert. Nach dem Fruchtfall ist in der Regel eine ergänzende Ausdünnung von Hand notwendig. Aufgrund der ersten Erfahrungen lässt sich der Arbeitsaufwand mit dem Electro'flor um rund einen Viertel reduzieren. Es ist anzunehmen, dass mit mehr Erfahrung und einer besseren Beurteilung der Blütenreduktion mit dem Electro'flor eine weitere Verringerung der Handausdünnung möglich ist. Dieses Gerät eignet sich für grössere Kronen und Hohlkronen (z.B. Aprikosen, Pfirsiche), die mit der traktorbetriebenen Maschine Tree-Darwin nicht ausgedünnt werden können. Das Electro'flor ist nicht für grossflächige Einsätze, sondern vor allem für kleinere Steinobstbetriebe geeignet.
 

Möglichkeiten noch begrenzt

Die Behangsregulierung bei den neuen Zwetschgensorten ist in der Regel notwendig für eine gute Fruchtqualität. Mit einer frühen Ausdünnung können auch die jährlichen Ertragsschwankungen (Alternanz) verringert werden. Die Möglichkeiten und Alternativen zur aufwendigen Handausdünnung sind aber begrenzt. Weitere praxistaugliche chemische und mechanische Verfahren zur rationellen und effizienten Fruchtausdünnung im Zwetschgenanbau sind zu prüfen (Abb. 6).
 

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 
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