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Erntehilfen, 19.01.2013

CRANBERRY-ANBAU IN DEN USA

Mechanische Ernte unter Wasser – Abtransport per Helikopter
Am Rande der Nachhaltigkeits- und Carbon Footprint-Tagung ACLCA in Boston im Oktober 2009 bestand die Möglichkeit, Cranberry-Anbau und -Ernte vor Ort zu besichtigen - mit vielen interessanten Beobachtungen im Vergleich zum Apfelanbau.
 

Anbauflächen in USA und Nachfrage weltweit

In den USA werden ca 16.000 ha Cranberries in ca. 1.000 Obstbaubetrieben angebaut. Die Nachfrage beruht auf ihrem Vitamin C Gehalt und dem hohen antioxidativen Potenzial, wobei der Vitamin C Gehalt (10-30 mg/100 g ) in der Größenordnung wie beim Apfel liegt. Der Anbau von Cranberries findet hauptsächlich in Massachusetts statt (500 Betriebe, 6.000 ha) sowie in Wisconsin und weiteren Bundesstaaten in den USA und Kanada.
 

Anbau in 'Bogs'

Aus den Eiszeiten stammen tiefer liegende Flächen, z. B. ehemalige Flussbette, von 1/4 bis 1/2 Hektar Größe zwischen bewaldeten Hügeln und Felsformationen. Sie werden als 'Bogs' bezeichnet [siehe Abbildung 2]. Der Boden besteht aus einer wasserundurchlässigen Schicht aus vornehmlich Sand mit einer Mischung aus Torf und Lehm mit einem für Heidepflanzen typischen sauren pH-Wert von 4.5 bis 5.5. Dies sind ideale Bedingungen für den Anbau von Cranberries, denn diese Obstart stellt keine besonderen Voraussetzungen an das Klima; die Wurzeln brauchen aber ein sandiges, saures Substrat bzw. Boden und es muss ausreichend Wasser zur Verfügung stehen. Dann können Cranberry-Anlagen bis zu 100 Jahre alt werden. Bei der Neuanlage kommt Spitzentechnologie mit Laser- und GPS-Präzision zum Einsatz, um das Beet später mit Wasser anzustauen. So passt sich die Nettofläche von 6.000 ha in Massachusetts in eine Heidelandschaft mit Pinienwäldern und Seen von 25.000 ha ein und bietet auch ein wichtiges Habitat für Fauna und Flora.
 

Sorten, Fruchtentwicklung und Fruchtfarbe

Die in den USA heimische wilde Cranberry (Vaccinium oxycoccos L. ) wurde bereits von den Indianern geerntet - von ihnen sind Rezepte überliefert. Seit 1815 wird Cranberry-Anbau in größerem Stil betrieben und konzentriert sich auf die großfruchtige Kulturform Vaccini-um macrocarpon und hier auf die beiden Sorten 'Ben Lear' und, als neuere Sorte, 'Stevens' mit besseren Erträgen und größerer Frucht sowie einheitlicher Fruchtreife. Die immergrüne, krautige Pflanze [siehe Abbildung 1] wird über Stecklinge vegetativ vermehrt. Eine Neuanlage braucht etwa vier Jahre, um in die Ertragsphase zu gelangen. Die Pflanze wächst nur ca. 25 cm hoch. Von der unscheinbaren rosa Blüte im Frühling brauchen Cranberries ca. 75-100 Tage bis zur Reife. Als Schutz gegen Blütenfrost wird einen Überkopfberegnung eingesetzt. Die Frucht färbt sich - interessanterweise - erst komplett weiss und dann rot [siehe Abbildung 3], d. h. das grüne Chlorophyll wird erst abgebaut, bevor die Anthocyansyn-
these beginnt- ganz anders als beim Apfel. Aber wie beim Apfel färbt sich aber dann die sonnenzugewandte Seite der Frucht stärker rot als die sonnenabgewandte Seite. Überreife Früchte entwickeln eine schwarz -braune Rotfärbung, während der Zuckergehalt noch weiter ansteigt. Für solche Früchte gibt es einen Abschlag bei der Bezahlung.
 

Bestimmung des optimalen Erntetermins und Vermarktung

Obwohl sich die Ernte über zwei Monate -von 15. September bis 15. November -erstreckt, kommt es zu Arbeitsspitzen. Der optimale Ernetermin wird, wie beim Apfel, nach Zuckergehalt auf einer Skala von eins bis zehn und zusätzlich nach Fruchtfarbe ermittelt. Bei großen Betrieben bestimmen oft die Arbeitsspitzen den Erntetermin und es wird eine etwas schlechtere Qualität in Kauf genommen, um alle Bogs rechtzeitig, z. T. auch bei/nach leichtem Frost, zu ernten. Vermarktet werden die Cranberries über Genossenschaften wie „Ocean Spray", unter deren Namen die Früchte auch in Deutschland angeboten werden. Über Winter werden die Bogs als Frostschutz nochmals komplett geflutet und frieren über mehrere Monate zu.
 

Das Ernteverfahren bestimmt die spätere Verwendung der Früchte

Mit 85 % wird der überwiegende Tel der Bogs nass geerntet. Das bedeutet, dass die Beete 24 Stunden vorher 15-20 cm hoch geflutet werden [siehe Abbildung 4]. Um Verletzungen der Arbeiter und Beschädigung der speziellen mechanischen Erntemaschinen zu vermeiden, werden u. a. die Sprinkler mit Fähnchen gekennzeichnet, die aus dem Stauwasser hervorragen. Das Stauwasser wird wiederverwendet. Die mechanischen Erntegeräte schlagen unter Wasser die Früchte von den Sträuchern; durch die Öffnung des entfernten Fruchtstiels kann Wasser in die Frucht eindringen und bei Lagerung > 24 h zum Verderb führen. Durch ihr geringes spezifisches Gewicht schwimmen die Cranberries auf, werden zusammengetrieben [siehe Abbildung 4] und vorsichtig abgesaugt. Eine Föderschnecke mit Seperator zum Abscheiden von Unrat verlädt die frisch geernteten, nassen Cranberries auf den LKW [siehe Abbildung 5 u. 6], der sie innerhalb von 24 h in eine nahe gelegene Genossenschaft zur Verarbeitung bringt. Diese nass geernteten Früchte eignen sich zur Herstellung von Cranberry-Saft, Marmeladen, Wein und „craisins" (in Anlehnung an raisins, also Rosinen, wirbt man so für die Vermarktung getrockneter, z. T. sogar mit Kirscharoma versehener, Cranberries), die auch in Deutschland und England Absatz finden.
Bei der Trockenernte werden die Früchte dagegen in Plastikkisten gepflückt und z. T. aus den feuchten Beeten mit Helikopter ausgeflogen [siehe Abbildung 7] und sind als Frischware gekühlt von Oktober bis Januar lange haltbar. Im US-Einzelhandel kosten frische Cranberries sechs Dollar pro Kilo, was je nach Umrechnungskurs vier bis sechs Euro entspricht. Bei diesen Preisen ist es durchaus zu überlegen, ob diese Kultur nicht auch bei uns wie niedrige Heidelbeeren auf Hügelbeeten aus saurem Sand angebaut werden könnten.
Überraschend waren die Eigentumsverhältnisse, z.T. gehören die Anlagen Millionäre aus dem nahen New York, die anonym bleiben wollen. Hauptprobleme im Nordamerikanischen Anbau sind steigenden Kosten und die soziale Situation der Erntehelfer. Hauptschädlinge sind kanadische Graugänse, die in den Bogs nisten.
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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