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Sprühgeräte, 02.02.2016

MESSUNG DER GEBLÄSELUFT VON SPRÜHGERÄTEN WÄHREND DER FAHRT

Welchen Einfluss hat die Fahrbewegung auf die Spritzmittelausbringung?
Wichtigstes Ziel des zweijährigen Forschungsprojekts war, den Einfluss der Fahrbewegung auf die Spritzmittelausbringung zu untersuchen und in die bereits vorhandene Bewertung von Gebläsespritzen einzubeziehen. Die umfangreichen Arbeiten konnten Ende Feber 2014 erfolgreich beendet werden. Mit der Einführung der Forschungsergebnisse in die Praxis wurde begonnen.
 

Ausgangslage

Bislang wurde der Einfluss der Fahrgeschwindigkeit auf die Ausbreitung des Gebläseluftstroms im Obst- und Weingarten kaum berücksichtigt. Dies war aufgrund geringerer Traktorgeschwindigkeiten und niedriger Baumhöhen weniger wichtig. Dieser für den Tropfentransport wichtige Aspekt einer hohen Fahrgeschwindigkeit (bis zu 12 km/h) bei gleichzeitig bis zu 5m hohen Kulturen sollte mit diesem Forschungsprojekt erfasst werden. Ziel des Forschungsprojekts war, ressourcenschonende Vorgaben beim Kauf und Einsatz von Gebläsespritzen im Obst- und Weingarten zu erarbeiten.
 

Neuer Luftprüfstand für den Obst- und Weinbau

Mit der Anschaffung und Inbetriebnahme eines neuen Luftprüfstandes am firmenunabhängigen Prüfstandort Gleisdorf konnte die wichtigste Voraussetzung für die experimentelle Erfassung des Fahrtwindeinflusses geschaffen werden. Nach einer intensiven Phase von Probemessungen in zwei Ringversuchen mit dem Südtiroler Beratungsring (I), der Marktgemeinschaft Bodenseeobst (D) und Justierarbeiten an der Hard- und Software konnte mit den Luftmessungen begonnen werden. Gleichzeitig mit den Messungen am Stand liefen die Vorbereitungsarbeiten für die Luftmessung in Fahrt. Ab Anfang November 2012 stand eine entsprechend große Halle beim Obstlagerhalter Leopold in Studenzen (Stmk.) für die Fahrtmessungen zur Verfügung. In einer fünftägigen Messkampagne konnte ein umfangreiches Programm mit vier unterschiedlichen Gebläsetypen von mehreren Herstellern erfolgreich durchgeführt werden. Die Auswertung zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Standmessung und Messung in Fahrt geräteabhängig ist und daher kein einfacher Umrechnungsfaktor angewandt werden kann.
 

Optimale Gebläseeinstellung in der Kultur

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Projekt war die Untersuchung der „optimalen“ Gebläseeinstellungen in der Kultur. Dafür wurden zwei Messkampagnen in einer Obstanlage bei unbelaubten und voll belaubtem Zustand durchgeführt. Diese wurden möglichst realitätsnah mit Sprühnebel bei geeigneten meteorologischen Bedingungen für unterschiedliche Fahrgeschwindigkeiten durchgeführt. Hier zeigte sich, dass der Einfluss der Belaubung vernachlässigbar klein ist. Es kommt also beim verlustarmen Sprühen auf  folgende Haupteinflussparameter an:  Gebläsetyp, Zapfwellendrehzahl und damit Flügeldrehzahl, Fahrgeschwindigkeit, Abstand der Baumreihen und Höhe der Kultur. Beim Gebläsetyp gibt es am Markt unterschiedliche Konzepte. Diese unterscheiden sich im Gebläsetyp (radial, axial, tangential), der Umlenkung des Luftstroms bis zur Ebene der Sprühdüsen, im Volumenstrom und in der Form des Luftstromes nach dem Austritt aus dem Gebläse (z.B. breit mit geringeren Geschwindigkeiten oder schmal mit höheren Geschwindigkeiten; unterschiedliche Richtung der mit Tröpfchen versetzten Strömung). Daraus ergibt sich auch das oben erwähnte unterschiedliche Ablenkverhalten des Luftstroms einzelner Gebläse bei Fahrt. Mithilfe statistischer Auswertungen konnte nun eine einheitliche Interpretation der Messungen erfolgen, so dass ein schlüssiger Zusammenhang zwischen stationärer Messung am Luftprüfstand und dem Verhalten in den Obstkulturen hergestellt wurde. Damit ist es nun möglich bei Vorgabe der oben genannten Randbedingungen (Gebläsetyp, Abstand der Baumreihen und Höhe der Kultur) für eine Fahrgeschwindigkeit auch die entsprechende optimale Zapfwellendrehzahl anzugeben.
 

Einstellungsvorgaben am Handy

Diese Information für die Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse beim Spritzvorgang wird dem Bauern über eine eigene Software (Applikationsmodul) zur Verfügung gestellt. Neben der komplexen Auswahl der geeigneten Spritzmittel bekommt der Traktorfahrer für die zu behandelnde Kultur im Obst- oder Weingarten auch die entsprechenden Einstellungsvorgaben für den Traktor und Sprühgerät (Fahrgeschwindigkeit, Zapfwellendrehzahl, Düsendruck, Anzahl offener Düsen) auf seinem Handy in der Traktorkabine angezeigt.
 

Einstellung der Gebläseluft durch den Gerätehersteller

Bei der Herstellung von Gebläsespritzen wurden bislang keine Einstellungen der Gebläseluft vor der Auslieferung vorgenommen. Aufgrund der Forschungsergebnisse können nun den Herstellern praxisrelevante  Vorgaben zur Einstellung der Gebläseluft zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung dafür ist die Anschaffung von identen Luftprüfständen durch die Hersteller.
Eine namhafte Herstellerfirma von Gebläsespritzen hat bereits einen eigenen Luftprüfstand angeschafft. Sie  wurde in das bestehende Netzwerk der unabhängigen Prüfstellen (Verband Steirischer Erwerbsobstbauern, Südtiroler Beratungsring, Marktgemeinschaft Bodenseeobst) eingebunden. Sie misst mit der gleichen Hard- und Software und verwendet die gleichen Prüfkriterien wie die unabhängigen Kontrollprüfstellen. Sie ist damit als erste Herstellerfirma in der Lage, luftgeprüfte Gebläsespritzen auszuliefern. Letztlich sollen alle Hersteller luftgeprüfte Geräte ausliefern, damit die Landwirte einen umwelt- und ressourcenschonenden Pflanzenschutz betreiben können.
 

Empfehlung für die Praxis

Die Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt ermöglicht eine allgemeine Empfehlung für die Praxis, den Neukauf einer Gebläsespritze mit der Luftmessung zu kombinieren – „Kauf nach Überprüfung“. Voraussetzung dafür, dass diese einmalige Messung für die gesamte Nutzungsdauer der Spritze ausreicht, ist, dass die luftführenden Teile nicht mehr verstellt werden können. Mit Hilfe der Daten aus der stationären Messung liegen damit alle Informationen für die Einstellungen für die Applikation vor.
Damit sind nun die Voraussetzungen für eine sparsame und umweltschonende Applikation der Spritzmittel in den Obstkulturen bei Beibehaltung der vollen Wirksamkeit gegeben. Dies wird durch die Zusammenarbeit der Gebläsespritzenhersteller, der Bauern und der unabhängigen Prüfstellen in der Steiermark, Südtirol und Bodensee ermöglicht.
 

Medium


Die Fachgruppe Technik ist Ansprechpartner für Aktivitäten in Technik-Fragen. Sie nutzt die unterschiedlichen Qualifikationen und Praxiserfahrungen zur Entwicklung neuer Projektideen zur bestmöglichen Aufbereitung praxisrelevanter Informationen für den Obst- und Weinbau. Als Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis bietet die Fachgruppe Technik mit dem Netzwerk den Landwirten und Landwirtinnen hilfreiche Inputs zur innovativen Bewirtschaftung.

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